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Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)

Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)

Titel: Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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zu bedeuten?
    »Vielleicht ist es gar nicht schlecht, einen Wachhund mitzunehmen«, beschloss Hans Mergel. Er spürte genau, dass etwas in Anna vorging, wollte sie aber mit wilden Spekulationen und schaurigen Ahnungen verschonen. Stattdessen übte er sich in einer Bodenständigkeit, die dem Einfluss von Liese Kroll ent-sprungen zu sein schien.
    Anna entschied für sich, in Zukunft wachsamer zu sein. Von nichts wollte sie sich mehr erschüttern lassen. Nichts sollte ihr mehr Angst einjagen. Keine Sanduhr in ihren Händen, keine Leichen vor ihrer Herbergstür, keine plötzlich abgeschnittenen Beine, keine fliehenden Wölfe und auch kein schwarzer Hund.
    Auch sie würde versuchen, für all das eine Erklärung zu finden. Eine ganz natürliche Erklärung. Es gab ihn einfach nicht, diesen Mörder. Zumindest nicht hier, im Gefolge ihres kleinen Gespanns. Warum auch? Welchen Grund hätte er, das Heer zu verlassen und ihr zu folgen? Keinen, nicht den geringsten.
    So schön kann sie singen, so schön. Doch Mamas Lied, sie will es einfach nicht mehr singen. Man hofft, hofft jeden Tag, aber es kommt nicht mehr aus ihr raus. Und nun muss man gehen. Muss sie allein lassen.
    Die Soldaten warten nicht mehr lang. Werden bald weiterziehen, und dann findet man sie nicht mehr. Man muss sie aber finden, muss doch wissen, wo er ist. Kann doch nicht so lange fortbleiben.
    Der Hund wird die Frau beschützen. Ist jetzt groß, der Hund, hat viel gelernt, der Hund. Man hat ihm eine Menge beigebracht. Ist ein guter Hund.
    Man wird die Frau bald wiedersehen, wird sie wiedersehen und wird schauen, ob sie noch lebt. Ob sie am Leben bleiben wird, die Frau? Man weiß es nicht. Nicht, wenn er sie findet. Das steht fest.
    Herrsching, Gramshuber. Das wird man sich gut merken. Dort wird man sie suchen. Irgendwann.
    Vielleicht zeigt man sich dann. Wagt es endlich. Vielleicht fragt man sie dann, ob sie wieder singen mag. Keine Lieder vom Jesuskind. Nein, Mamas Lied soll sie singen. Dann wird man sie fragen, ob man bei ihr bleiben darf. Bei ihr, und nicht bei ihm.
    Bei ihr bleiben, so, wie man gern bei der Mama geblieben wäre. So wie jedes Kind gern bei seiner Mama bleibt.
    Doch jetzt muss man gehen. Er wartet, wartet bestimmt.

XVII

    Im Winter zu reisen, war ohnehin beschwerlich, deshalb wurde es auch von den Heeren tunlichst vermieden. Im Winter ohne genügend Nahrungsmittel zu reisen, war fast unmöglich. Im Winter ohne genügend Nahrungsmittel und mit einem verkrüppelten Greis zu reisen, der keinen Schritt gehen konnte und zweimal am Tag neu verbunden werden musste, war eine Prozedur, die nicht lange auszuhalten war.
    Müde und hungrig schleppten sich Anna, Mergel und Balthasar mit ihrer mehr und mehr schrumpfenden Habe vorwärts durch die dichten, verschneiten Wälder des Taunus. Das Pferd, welches den Wolfsangriff fast unbeschadet überstanden hatte, war mittlerweile zu einem Klepper abgemagert und weigerte sich immer wieder weiterzugehen.
    Vergeblich suchte Anna nach einer Bleibe, denn auch der alte Mergel musste endlich einmal wieder eine längere Pause einlegen. Sein Beinstumpf heilte zwar gut, aber die Kälte machte ihm arg zu schaffen, bewegte er sich doch kaum, und hinzu kam natürlich der Hunger, der nicht mehr zu ertragen war.
    Zum Glück hatten sie Puck bei sich, den treuen Hund, der Balthasar nicht mehr von der Seite wich. Er war ein Wundertier, denn ohne dass man ihn dazu aufgefordert hätte, brachte er hin und wieder ein Kaninchen, eine Taube oder auch einmal eine Ratte oder Katze an. Hatten die drei zunächst nur die herkömmlich genießbaren Tiere aus dem Maul des Hundes angenommen, so weigerte sich Anna nach einiger Zeit nicht mehr, selbst Bisamratten zuzubereiten. Und tatsächlich schmeckten diese gar nicht schlecht.
    Doch von einer Ratte in zwei Tagen wurden drei Menschen nicht satt. Sicherlich erging es anderen noch schlechter, aber als ihr Weg sie schließlich in ein enges, bewaldetes Tal führte, das kaum passierbar war, dachte Anna ernsthaft daran aufzugeben.
    Mit allerletztem Willen sowie großer Kraft- und Lustlosigkeit zog sie das Pferd an, welches sich schließlich schneller in Bewegung setzte, als man hätte vermuten dürfen. Von seiner eigenen Schnelligkeit überwältigt, rutschte das Tier, mitsamt dem Wagen und dem sich darauf befindlichen Hans Mergel, den steilen und dazu spiegelglatten Weg hinunter und zog Anna, die sich in den Zügeln verfangen hatte, neben sich her.
    Es glich einem Wunder, dass sich der alte Mergel

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