Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Desiderium

Desiderium

Titel: Desiderium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin C. Mittler
Vom Netzwerk:
mehrere Dinge gleichzeitig: Ein unguter Verdacht überkam mich, verbunden mit Bauchschmerzen, an die ich mich nach all den Wochen beinahe gewöhnt hatte. Ein Schrei, den ich schon einmal gehört hatte – Jarons aufgebrachte Stimme – hallte durch meinen Kopf. Meine Brust begann zu schmerzen, als hätte jemand ein Messer in mein Herz gestochen.
    Ein Herzinfarkt, das wäre doch mal eine originelle Todesursache für einen Auserwählten.
    Zwei Paar Hände packten mich an den Schultern, damit ich nicht in die Knie ging. Ein Bild blitzte in meinem Kopf auf.
    Und dann wusste ich, warum die Leitung zwisc hen mir und Lillian besetzt war: Lillian war bewusstlos. Weil derjenige, der die Sehnsüchte in meine Welt schickte, sie verschleppt hatte!
    Trotz anhaltender Schmerzen, sprang ich auf. Kurz wackelten meine Beine, dann stand ich wieder sicher auf dem Boden. Hektik erfasste mich.
    Ich hatte vielleicht bisher nie viel mit Lillian anzufangen gewusst, aber niemand durfte sie entführen! Niemand entführte meine Sehnsucht ohne es für den Rest seiner Existenz zu bereuen!
    » Pépé , du bleibst hier und beobachtest das Portal im Keller. Monsieur Belliers, Sie schnappen sich zwei Ihrer Kollegen und fahren zum collège tanis. Monsieur Chevalier, Sie und Monsieur … wie auch immer Sie heißen mögen, fahren zum dritten Portal. Los!«
    Stolpernd hastete ich in den Keller.
    Im hintersten Kellerraum beachtete ich nicht einmal den Drang, der mich nun zusätzlich anzog. Schon war ich hindurchgesprungen.
    Und rannte geradewegs in Jaron hinein.
    Glücklicherweise verhinderte unsere Kleidung, dass ich auch noch e inen Stromschock erlitt.
    »Was machst du denn hier?«, brachte ich atemlos hervor.
    Jarons blonde Haare hingen ihm schlaff zur Seite. Er trug einen pfla umenfarbenen Kapuzenpullover, eine schneeweiße Hose und seine noch immer brandneu aussehenden roten Turnschuhe. Seine silbernen Augen waren verschleiert, aber nicht sehr. Sie sahen kleiner aus, dafür waren die Falten auf seiner Stirn umso größer. Er war besorgt.
    »Ich wollte mit Lillian reden.« Auch er klang auße r Atem, sein Blick war fest auf mich gerichtet. »Ich war mit ihr verabredet, bei ihr zu Hause.«
    »Sie war nicht da«, riet ich, während wir uns beide in Richtung der befestigten Straßen bewegten.
    Jaron nickte knapp. Sicherlich hatte er sich denken können, dass ich davon wusste. »Mehr noch. Ihr Haus war verwüstet. Was ist passiert?« Sein Blick wurde eindringlicher, gleichzeitig flehend.
    »Ich glaube, sie wurde entführt.« Ich beschleunigte meine Schritte, verfiel in einen Trapp, bei dem er mühelos mithalten konnte. »Stadt der Echos«, fügte ich hinzu, ehe ich in die Trainingshalle rannte.
    Zielstrebig holte er sich eines der Kurzschwerter aus dem kleinen Metallschrank. Er reichte mir ebenfalls eines, doch ich winkte ab.
    » Ohne bin ich besser.« Mit Schwert lief ich womöglich noch Gefahr mich selbst aufzuspießen. »Ist Ian in der Nähe?«, fragte ich, während er sich eine Schwertscheide umschnallte und mit einem scheppernden Geräusch den Waffenschrank zuknallte.
    »Nein, die Pferde sind im Stall.«
    In Gedanken fluchte ich.
    Zurück draußen überlegte ich fieberhaft, wie lange wir zu Fuß in die Stadt der Echos brauchen würden, als Jaron auf etwas deutete:
    »Das könnte helfen.«
    Nur wenige Meter von uns entfernt, stand ein silberner Renault, auf desse n Fahrertür ein unübersehbarer waagerechter Kratzer prangte – entstanden durch einen Fahrradunfall meiner Schwester. Es war eine exakte Nachbildung des Wagens meines Vaters.
    Geräuschvoll atmete ich aus.
    Damit würde es allerdings zu schaffen sein. Sofort eilte ich darauf zu. Die Tür war nicht verriegelt. Der Schlüssel steckte. Alles bereit. Ich hätte stolz sein können auf meine Fortschritte.
    Doch die Erleichterung verflog, als mir etwas bewusst wurde: »Ich kann nicht fahren!«
    »Aber ich glaube, ich kann es«, bemerkte Jaron.
    Skeptisch öffnete ich d en Mund. Vielleicht überschätzte er sich, bis vor kurzem hatte er nicht einmal gewusst, was ein Auto überhaupt war. Andererseits würden meine Kräfte mir keine Hilfe schicken, die wir nicht nutzen konnten.
    »Wollen wir’s hoffen«, murmelte ich und ließ mich mit gesenktem Kopf auf den Beifahrersitz sinken. Es war schon lange her, seit ich das letzte Mal eine gewisse höhere Macht um etwas angebettelt hatte, aber es erschien mir mehr als nötig: Bitte lass ihn fahren können! Bitte lass uns nicht zu spät kommen! Wenn es

Weitere Kostenlose Bücher