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Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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auch nicht.« Er
sah mit einem verschmitzten Trinkergrinsen zu Audrey hinüber. »Ihr habt da oben gegraben, Miss. Ihr neuen Leute. Ihr
seid nicht zufällig auf irgendwelche kurzen Knochen gestoßen?«
»Sie sind betrunken, Mr. Billingsley«, sagte sie kalt.
»Nein«, sagte er. »Ich wünschte, ich wäre es, aber ich bin es
nicht. Entschuldigt mich, Damen und Herren. Ich werd redselig, und ich werd zitterig. Das ist immer so.«
Er überquerte leicht schwankend, mit gesenktem Kopf und
hängenden Schultern, die Bühne. Der Schatten, der ihm
folgte, schien sich über ihn lustig zu machen, sowohl durch
seine Größe als auch durch seine heroische Note. Seine Absätze polterten. Alle sahen ihm nach.
Plötzlich ertönte ein schmatzender Laut, bei dem sie alle zusammenzuckten. Cynthia lächelte schuldbewußt und hob
ihren Turnschuh. »Entschuldigung«, sagte sie. »Eine Spinne.
Ich glaube, es war eine von diesen, wie heißen sie noch gleich,
Geigenspinnen.«
»Fiedelspinnen«, sagte Steve.
Johnny stützte die Arme oberhalb der Knie auf die Schenkel
und bückte sich. »Nee.«
»Nee, was?« fragte Steve. »Keine Fiedelspinne?«
»Nicht eine«, sagte Johnny. »Ein Paar.« Er sah auf und ließ
fast den Anflug eines Lächelns erkennen. »Vielleicht«, sagte
er, »sind es chinesische Fiedelspinnen.«
3
    Tak! Can ah wan me. Ah la.
Die Pumadame schlug die Augen auf. Sie erhob sich. Wedelte mit dem Schwanz rastlos von einer Seite auf die andere.
Es war fast soweit. Sie spitzte die zuckenden Ohren, als sie
hörte, wie hinter dem weißen Glas jemand den Raum betrat.
Sie schaute konzentriert und gebannt hinauf, ganz Aufmerksamkeit und Spannung. Der Sprung mußte perfekt sein, um
sie durch das Fenster zu bringen, und gerade auf Perfektion
bestand die Stimme in ihrem Kopf.
Sie wartete, und das leise, klägliche Knurren ertönte wieder
in ihrer Kehle … aber jetzt kam es auch aus dem Mund, nicht
nur aus den Nasenlöchern, denn sie hatte die Zähne gefletscht. Langsam, ganz allmählich, duckte sie sich zum
Sprung.
Fast Zeit.
Fast Zeit.
Tak ah ten.
4
    Billingsley steckte zuerst den Kopf zur Tür der Damentoilette
hinein und leuchtete das Fenster an. Die Flaschen waren noch
an Ort und Stelle. Er hatte befürchtet, daß ein starker Windstoß das Fenster weit genug öffnen würde, um einige hinunterzuschieben und einen falschen Alarm auszulösen, aber
dazu war es nicht gekommen, und jetzt fand er es sehr unwahrscheinlich. Der Wind ließ nach. Der Sturm, eine sommerliche Anomalie, wie er sie noch nie erlebt hatte, war am Abklingen.
Inzwischen hatte er dieses Problem. Er mußte seinen Durst
löschen.
Freilich schien es in den letzten fünf Jahren immer weniger
Durst zu sein, sondern mehr ein Jucken, als wäre er mit einer
schrecklichen Brennesselart in Berührung gekommen
- die
statt der Haut das Gehirn reizte. Nun, es spielte keine Rolle,
oder? Er wußte, wie er dieses Problem aus der Welt schaffen
konnte, und darauf kam es an. Und damit konnte er außerdem seine Gedanken von allem anderen ablenken. Dem
Wahnsinn von allem anderen. Wäre es nur eine gefährliche Situation gewesen, jemand außer Kontrolle, der mit einer Waffe
herumfuchtelte, dem hätte er sich stellen können, alt oder
nicht und betrunken oder nicht. Aber dies hier war nichts so
Handfestes. Die Geologin beharrte darauf, daß es das war, daß
es einzig und allein um Entragian ging, aber Billingsley wußte
es besser. Denn Entragian hatte sich verändert. Er hatte es den
anderen gesagt, und Ellen Carver hatte gemeint, er sei ver-,
rückt. Aber …
Aber inwiefern war Entragian anders? Und warum hatte er,
Billingsley, irgendwie das Gefühl, die Veränderung des Deputy sei im Augenblick wichtig für sie alle, vielleicht lebenswichtig? Er wußte es nicht. Er sollte es wissen, es sollte so klar
wie Kloßbrühe sein, aber wenn er heutzutage trank, wurde alles verschwommen, als sei er im Begriff, senil zu werden. Er
konnte sich nicht einmal mehr erinnern, wie das Pferd der
Geologin hieß, die Stute mit dem verstauchten Bein
»Doch, das kann ich«, murmelte er. »Doch, das kann ich. Sie
hieß…
Hieß wie? Hieß wie, du alter Tattergreis? Du weißt es nicht, richtig?
»Doch, ich weiß es, sie hieß Sally!« rief er triumphierend,
dann ging er an der zugenagelten Feuertür vorbei in die
Herrentoilette. Er leuchtete mit der Taschenlampe kurz auf
die Kloschüssel. »Sally, so hieß sie!« Er leuchtete die Wand
mit dem galoppierenden Pferd an, dem Rauch aus den
Nüstern drang. Er konnte sich

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