DHAMPIR - Dunkelland
forderte er Magiere und ihre Begleiter auf, ihm zu folgen.
Moosfladen hingen an Zweigen und Ästen, reichten fast bis zum Boden und wirkten wie dunkelgrüne Vorhänge zwischen den Bäumen. Vordana ging einfach hindurch, aber Leesil und Magiere mussten sich mit ihren Klingen den Weg freihacken, und es dauerte nicht lange, bis ihre Hände und Ärmel nass waren. Die Sterne blieben jenseits der Baumwipfel verborgen, und ohne sie war es selbst für Leesils Elfenaugen stockfinster. Er war dankbar für das Licht von Wynns kalter Lampe.
Wynn schnappte nach Luft und griff nach seinem Mantel. »Leesil!«
Sie deutete an ihm vorbei, und er erstarrte.
»Auf der anderen Seite ebenfalls«, sagte Magiere. »Und hinter uns.«
Glühende Schemen umgaben sie auf der kleinen Lichtung. Leesil hörte ihre flüsternden Stimmen, verstand aber kein Wort, als die Phantome aus dem Wald kamen.
Tomas hatte gesagt, dass die Dorfbewohner gegangen waren, ohne dass er ihnen folgen konnte. Leesil hatte angenommen, dass sie aus dem Dorf geflohen waren und den Jungen zurückgelassen hatten.
Neben einer Ranke aus Moos schwebte die durchscheinende Gestalt eines alten Soldaten. Sein Kettenhemd war aufgeschnitten, und darunter zeigten sich innere Organe, die aus dem Körper zu quellen drohten. Neben ihm sah Leesil eine kleine, zerlumpte junge Frau mit einem dicken roten Striemen am Hal s – er stammte offenbar von einem Seil, das sie erdrosselt hatte. Sie öffnete den Mund und versuchte zu sprechen, aber ihre Zunge fehlte.
Ein vogelscheuchendürrer Bauernjunge starrte Magiere hasserfüllt an. Er trug kein Hemd, und seine Gestalt flackerte, zeigte sich mal deutlicher und verschwand dann wieder fast in der Dunkelhei t – der Junge war so abgemagert, dass die Rippen hervortraten. Durch einen Vorhang aus nassen Blättern kam eine hübsche junge Frau, nicht älter als Wynn, mit baumelnden schwarzen Locken. Sie streckte die Hand nach Leesil aus, und er wich zur Seite, obwohl sie ihn sicher nicht berühren konnte. Etwas hatte ihr die Kehle zerfetzt.
Leesil nahm den intensiven Geruch von feuchter Erde und Zerfall wahr. Kälte breitete sich in ihm aus, und mit ihr kam Verzweiflung. Er hörte, wie Magiere neben ihm schneller atmete, und er sah zu Wynn zurück.
Ihr Blick war gesenkt, auf den Boden gerichtet, und sie hielt die kalte Lampe wie einen Schild. Die freie Hand war zwischen Chaps Schultern ins Fell gegraben, und der Hund zog sie nach vorn.
»Achtet nicht auf sie«, brachte Leesil mühsam hervor. »Bleibt in Bewegung.«
Er konzentrierte sich auf Vordanas Mantel und versuchte, die glühenden Erscheinungen um sie herum zu ignorieren.
»Es sind nur Geister«, sagte Magiere.
In ihrem blassen Gesicht zeigte sich keine Furcht, aber sie atmete noch immer schneller als sonst. Vordana hob die Hand mit dem Topas, und Leesil und die anderen ließen sich von seinem Schein leiten.
Leesil zitterte vor Kälte, als sie eine größere Lichtung erreichten und Rauch sahen, der aus dem Schornstein eines kleinen Steinhauses kam. Es stand auf einem Felsenhügel.
Vordana ging zur ovalen Tür des Hauses und öffnete sie. Er forderte sie auf, ihm zu folgen, trat dann ein.
Leesil griff nach Magieres Handgelenk. »Was auch immer wir hier finde n … Es ändert nichts daran, wer du bist.«
Sie streifte seine Hand sanft ab und ging zur offenen Tür.
Welstiel blieb zusammen mit Chane in der Finsternis des Waldes und beobachtete von dort aus, wie Magiere und die anderen aus der Feste kamen. Die junge Weise lief zu den beiden grauen Pferden; eins von ihnen war bereits zu Boden gesunken.
»Bleib dicht bei mir«, sagte Welstiel zu Chane. »Wenn du dich von mir entfernst, nimmt dich der Hund wahr.«
Chane widersprach nicht und stellte keine Fragen. Seine Aufmerksamkeit galt Wynn.
Welstiel hoffte, dass er die Feste nicht betreten musste. Hierher war eines Abends sein in einen Edlen Toten verwandelter Vater heimgekehrt, begleitet von dem abscheulichen und hinterhältigen Ubâd. Kurze Zeit später begannen die Bewohner des nahen Dorfes zu sterben. Als die Überlebenden geflohen waren, hatte sich Welstiels »Familie« auf den Weg gemacht und den Äntes ihre Dienste angeboten. Wie Bryen und Ubâd Kenntnis davon erhalten hatten, wo genau Magiere gelebt hatte, blieb ein Rätsel für Welstiel.
Er spürte eine hohle Präsenz in der Nähe und bemerkte zwischen den Bäumen ein kurzes Wogen von grauem Haar. Der untote Zauberer trat aus dem Wald und näherte sich Magiere und ihren
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