Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
annähernd damit vergleichbar gewesen wäre. Ich glaube das nur, weil … weil ich es glaube.«
    Pflichtgetreu starrte mich an, und ich zuckte hoffnungslos mit den Schultern, denn ich konnte es weder dem Jungen noch mir selbst besser erklären. Es war nur eine erregende Erinnerung an die Kreatur, der wir begegnet waren … gemischt mit einer bedrohlichen Angst.
    Das Öffnen der Kamintür ersparte mir weitere Kommentare. Niesend betrat Dick den Raum. Er trug die Flöte auf dem Hemd. Der Kontrast zwischen der frisch lackierten Flöte und seinem verdreckten Hemd ließ ihn mich in einem neuen Licht sehen. Ich war angewidert. Sein glattes Haar klebte an seinem Kopf, und die Haut, die man durch die Risse in seiner schmutzigen Kleidung erkennen konnte, war voller Dreck. Plötzlich nahm ich ihn genauso wahr, wie Pflichtgetreu ihn sah, und ich erkannte, dass die Abscheu des Prinzen sich auf weit mehr als nur auf die Missgestalt und geistige Schwäche des Mannes bezog. Pflichtgetreu wich unwillkürlich einen Schritt zurück, als Dick hereinkam, und rümpfte die Nase. Meine Jahre an der Seite eines Wolfs hatten mich gelehrt, dass bestimmte Dinge einen bestimmten Geruch besaßen; doch der Gestank von Dicks ungewaschenem Leib war nicht schlicht ein Teil von ihm wie zum Beispiel der Moschusduft Teil des Frettchens war. Man konnte es ändern, und man würde es ändern müssen, wollte ich, dass der Prinz mit ihm zusammenarbeitete.
    »Dick, willst du dich hierhin setzen?«, lud ich ihn erst einmal ein und deutete auf einen Stuhl möglichst weit weg vom Prinzen. Dick blickte mich misstrauisch an. Dann betrachtete er den Stuhl, als hätte dieser irgendeine Falle eingebaut, und ließ sich schließlich darauf nieder. Er kratzte sich hinter dem linken Ohr. Als ich zum Prinzen blickte, starrte dieser den Schwachkopf entsetzt und fasziniert zugleich an. »Nun. Dann wären wir ja alle hier«, verkündete ich und fragte mich, was ich mit ihnen tun sollte.
    Dicks Blick wanderte zu mir. »Dieses Mädchen weint wieder«, informierte er mich in einem Tonfall, als wäre das meine Schuld.
    »Ich werde mich später darum kümmern«, erwiderte ich mit fester Stimme, doch mein Herz setzte einen Schlag lang aus.
    »Was für ein Mädchen?«, verlangte der Prinz sofort zu wissen.
    »Nichts, worüber du dir Sorgen machen müsstest.« Dick, lass uns jetzt nicht über das Mädchen sprechen. Wir sind zum Unterricht hier.
    Dick hörte langsam auf, sich zu kratzen. Er ließ seine Hand auf den Tisch fallen und starrte mich ernst an. »Warum tust du das? Warum redest du so in meinem Kopf?«
    »Um zu sehen, ob du mich hören kannst.«
    Er schniefte nachdenklich. »Ich habe dich gehört.« Stinkehund.
    Lass das.
    »Habt ihr Gabenkontakt?«, fragte der Prinz neugierig.
    »Ja.«
    »Warum kann ich es dann nicht hören?«
    »Weil wir nur zum jeweils anderen Kontakt aufgenommen haben.«
    Der Prinz runzelte die Stirn. »Wie hat er das gelernt, wo ich das nicht tun kann?«
    »Ich weiß es nicht«, musste ich zugeben. »Dick scheint seine Gabe allein entwickelt zu haben. Ich weiß nicht, was er alles kann oder auch nicht.«
    »Kann er aufhören, die ganze Zeit Musik zu machen?«
    Ich erweiterte mein Gabenbewusstsein. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich Dicks Gedanken von der sie umgebenden Musik gelöst hatte. Dann drehte ich mich zu ihm um. »Dick, kannst du aufhören, Musik zu machen? Kann du nur Gedanken zu mir schicken? Ohne Musik?«
    Er blickte mich mit leeren Augen an. »Musik?«
    »Das Lied deiner Mutter. Kannst du es verstummen lassen?«
    Er dachte darüber nach und kaute dabei auf seiner fetten Zunge. »Nein«, antwortete er schließlich.
    »Warum kannst du die Musik nicht aufhören lassen?«, verlangte der Prinz zu wissen. Bis jetzt hatte er ruhig dagesessen. Ich vermutete, er hatte versucht, sich durch die Musik durchzuarbeiten und die Gabenverbindung zwischen Dick und mir zu finden. Er klang frustriert – frustriert und eifersüchtig.
    Dick blickte ihn dumm und teilnahmslos zugleich an. »Ich will nicht.« Er wandte sich wieder von dem Prinzen ab und begann erneut, sich hinterm Ohr zu kratzen.
    Pflichtgetreu wirkte entsetzt. Er atmete tief durch. »Und wenn ich es dir als dein Prinz befehle?« Unterdrückte Wut schwang in seiner Stimme mit.
    Dick blickte ihn wieder an. Dann schaute er zu mir. Er schob sein Zunge ein Stück weiter heraus, während er über etwas nachdachte. Dann fragte er mich: »Beide Schüler hier?«
    Das hatte ich von Dick nicht erwartet.

Weitere Kostenlose Bücher