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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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jenem ersten Tag interessant für mich war. Er stellte sich selbst als aus den Bocksmarken gebürtig vor; er stammte aus einer kleinen Küstenstadt an unserer Grenze zu Bearns. Von Beruf war er Fischer und der letzte Nachfahre einer einst großen Familie vom Alten Blut. Die meisten seiner direkten Familienangehörigen waren während des Kriegs der Roten Schiffe ums Leben gekommen, und seine uralte Großmutter war letzten Frühling an Altersschwäche gestorben. Er war nicht verheiratet und hatte keine Kinder, aber er betrachtete sich nicht als allein, denn er war mit einem Seevogel verschwistert, einem, der jetzt gerade auf dem Wind um Bocksburg segelte. Der Name des Vogels war Risk, und falls die Königin Interesse hätte, sie kennen zu lernen, würde er sich freuen, sie auf eine der Turmspitzen zu rufen.
    Ihm allein fehlte die Zurückhaltung und das Misstrauen, das die anderen vom Alten Blut teilten. Seine Redseligkeit machte das Schweigen der anderen mehr als wett. Er schien Königin Kettricken beim Wort zu nehmen, dass sie der Verfolgung jener vom Alten Blut ein Ende bereiten wollte. Nicht nur nutzte er mehrere Gelegenheiten, ihr öffentlich für ihre guten Absichten zu danken, sondern auch dafür, dass sie diese Versammlung möglich gemacht hatte. Er sagte, sie hätte die Menschen vom Alten Blut auf eine Art und Weise zusammengeführt, wie es schon seit Generationen nicht mehr der Fall gewesen sei, nicht seit sie gezwungen seien, ihre Magie zu verbergen und nicht mehr in Gemeinschaften zusammenleben konnten. Von da aus begann er zu erklären, wie wichtig es sei, dass Kinder vom Alten Blut ihre Magie offen ausleben dürften, damit sie sie vollständig erlernen konnten. Darin schloss er auch Prinz Pflichtgetreu mit ein und bekundete sein Mitgefühl, dass die Magie von Kettrickens Sohn sowohl verborgen bleiben musste als auch nicht ausgebildet werden konnte.
    Dann legte er eine Pause ein. Ich fragte mich, was er erwartete. Dass die Königin ihm für sein Mitgefühl danken würde? Ich sah Chades Anspannung. Trotz allem, was jene vom Alten Blut zu ›wissen‹ behaupteten, hatte Chade Kettricken offensichtlich geraten, nicht zuzugeben, dass ihr Sohn über die Alte Macht verfügte. Die Königin manövrierte elegant um das Thema herum und erklärte Web, dass sie seine Sorge um die Kinder teile.
    Web schien der Einzige zu sein, der nicht nur willens war, Informationen über sich und seine Magie zu teilen, er bestand sogar förmlich darauf. Inzwischen wusste ich, warum die anderen vom Alten Blut Abstand zu ihm wahrten. Es war sowohl Verwirrung als auch Ehrfurcht. Sie waren nicht sicher, was sie mit ihm anfangen sollten, so wie es von manchen Verrückten heißt, sie seien ›von den Göttern berührt‹. Er machte sie nervös; sie wussten nicht genau, ob sie es ihm gleichtun oder ihn aus ihrer Mitte vertreiben sollten. Rasch kam ich zu dem Schluss, dass er als einziger von den Leuten hier aus freien Stücken gekommen war. Keine Gemeinschaft hatte ihn gewählt, um sie zu repräsentieren, er war schlicht dem Aufruf der Königin gefolgt. Die Frau im Wald schien viel von ihm zu halten, aber ich war nicht sicher, ob alle Zwiehaften hier im Raum ihre Meinung teilten. Und dann gewann er meine Königin für sich.
    »Ein Mann, der nichts zu verlieren hat«, sagte er an einer Stelle, »ist häufig in der besten Position, sich für das Wohl anderer zu opfern.«
    Das ließ die Augen meiner Königin leuchten, und ich wusste, dass nicht nur ich, sondern auch Chade wünschte, Web hätte ein anderes Wort gewählt und nicht gerade ›opfern‹.
    Das Gespräch dauerte bis zum Abendmahl. Chade und die Königin ließen die Zwiehaften zum Essen allein, doch ich war skrupellos genug, zu bleiben und ihnen dabei zuzuschauen, wie sie ihre Masken abnahmen. Ich sah niemanden, den ich kannte, weder von meinen Kontakten mit Rolfs Altem Blut noch von den Gescheckten, die ich gejagt hatte. Sie aßen gut und bemerkten freimütig, wie gut das Essen war. Ein kleines Geschwistertier, das meiner Aufmerksamkeit bis jetzt entgangen war, tauchte plötzlich auf. Eine Frau hatte ein Eichhörnchen mitgebracht, das über den Tisch huschte. Ohne, dass sich irgendjemand beschwerte jedes Tablett inspizierte und sich selbst bediente. Diese Mahlzeiten und die gelassenen Gespräche waren das, warum mich Kettricken und Chade eigentlich als Lauschposten abgestellt hatten. Ich war nicht überrascht, als Chade sich bald an meinem Posten zu mir gesellte.
    Schweigend hörten

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