Die 39 Zeichen 04 - Der Schatz des Pharao
Wurzeln und duckte sich unter Ästen hinweg.
Durch das Geräusch ihres keuchenden Atems hörten sie tatsächlich das dumpfe Trampeln der Krokodilklauen auf dem Pfad. Auch das Rascheln, mit dem sein riesiger Schwanz das Gebüsch streifte.
Es war so dunkel unter den Bäumen, dass es ihr vorkam, als liefe sie mit einer schwarzen Kapuze auf dem Kopf. Amys Herz pochte gegen ihren Brustkorb. Sie konnte schon den heißen Atem des Untiers spüren. Jeden Moment konnte es sie von hinten schnappen und in der Luft herumwirbeln, während seine Kiefer sie in Stücke zerrissen.
Der Pfad endete plötzlich auf einem weiteren Strand. Mondlicht ließ den Sand silbern glänzen. Es war, als hätte jemand das Licht angemacht.
»Wohin jetzt?«, fragte Amy und drehte panisch ihren Kopf herum.
Unten am Wasser löste sich ein Schatten von einer Palme. Ein Mann stand da, der ein weißes Gewand anhatte, das Galabia hieß und das viele Ägypter trugen.
»Helfen Sie uns!«, schrie Amy.
»Amy …« Dan hielt an. »Er hat ein Messer.«
Das Mondlicht spiegelte sich auf der Klinge, die der Mann neben seinem Körper hielt.
Amy drehte sich um. Hinter sich auf dem Pfad sah sie die glühenden Augen des Krokodils auf sich zukommen. »Ist mir egal«, sagte Amy. »Los!«
Sie rannten den Strand hinab und auf den Mann mit dem Messer zu.
Lieber das als ein Krokodilkiefer.
Der Mann steckte das Messer in die Scheide, als sie sich ihm näherten. Das Krokodil rannte nun ebenfalls über den Strand. Plötzlich wich der Mann zurück und eilte dann zu einer kleinen Feluke, die sie zuvor nicht bemerkt hatten.
»Nein, warten Sie! Bitte!«, rief Amy.
Er sprang elegant hinein und begann zu paddeln. Amy schluchzte laut auf. Unbeschreibliche Furcht hatte sie fest im Griff. Es gab keine Hoffnung mehr. Keinen Ort, an den sie hätten laufen können.
Doch dann paddelte der Mann wieder auf sie zu. Er rief etwas auf Arabisch.
Sie rannten zu ihm hin, schneller als sie jemals zuvor in ihrem Leben gelaufen waren. Sie wateten durch das Wasser. Es fühlte sich an, als wären ihre Beine aus Blei. Das Krokodil war nun ebenfalls am Ufer angekommen. Wenn es ins Wasser käme, wären sie tot. So viel war Amy klar. An Dans erschrockenem Gesichtsausdruck konnte sie sehen, dass er es ebenfalls wusste.
Der Mann streckte seine Hand aus und packte den Saum von Dans T-Shirt. Amy fühlte sich wie ein Fisch, als er sie nach oben und über die Seite ins Boot hievte.
Sie lagen im Boot und schnappten nach Luft. Das Segel blähte sich auf, als es vom Wind erfasst wurde. Sie alle hörten ein Platschen, als das Krokodil das Wasser erreichte. Der Mann sprach nicht. Sein Mund war nur eine zusammengekniffene Linie, während er nach dem Ruder griff.
Er wendete und das Boot glitt über das Wasser, geradewegs in die Mitte des Flusses. Sie erreichten die Strömung und wurden von ihr davongetragen. Alle hielten die Luft an und warteten auf irgendeine Bewegung neben dem Boot.
Plötzlich lächelte der Mann. Er nickte ihnen zu. »Okay«, sagte er. »Okay.«
Amy zitterte am ganzen Körper. Sie blickte Dan an. Das war viel zu knapp gewesen.
Sie stemmte sich vom Deck hoch und setzte sich auf. Ihre Hand landete in etwas Feuchtem und Klebrigem. Sie nahm sie hoch, um zu sehen, was es war.
Blut.
Sie waren mitten auf dem Nil mit einem Fremden, der ein sehr großes Messer bei sich hatte und dessen Bootsdeck mit Blut durchtränkt war.
»Wir … wir kommen in F-Frieden«, stammelte Amy.
Der Mann beugte sich vor. Sein Blick war dunkel und undurchdringlich. Er streckte eine kräftige Hand aus und zeigte auf Dan. Amy warf sich schützend über ihren Bruder. »Nein!«, schrie sie.
»Ja!« rief der Mann. »Red Sock!«
»R-Red … was? «
Er zeigte auf Dans T-Shirt. »Bos-ton. Weltpokalsieger 2004!«, sagte der Mann. »Fenway Park!« Er deutete auf seine eigene Brust. »Zweites Spiel!«
Dan setzte sich auf und blinzelte, als er die Worte des Mannes in sich aufnahm. »Sie waren da? Fantastisch!«
»Curt Schilling!«
»Manny Ramirez!« Dan strahlte übers ganze Gesicht und wandte sich Amy zu. »Baseball. Noch eine Universalsprache.«
»Was ist mit dem Messer?«, zischte Amy.
Dan fing an zu lachen.
Jetzt musste ihr Bruder komplett verrückt geworden sein.
»Riechst du es denn nicht?«, fragte er. »Er ist Fischer. Schau doch!«
Ja. Jetzt roch sie es auch. Genau neben ihr stand ein Eimer voller Fische. Er hatte sie gerade ausgenommen, als sie ihn unter der Palme gesehen hatten.
»Luxor?«, fragte
Weitere Kostenlose Bücher