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Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Titel: Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Jonasson
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aussah.
    Das allererste kondomlose Abenteuer des Paares dauerte vier Minuten. Dann war Ingmar fertig. Doch Henrietta war trotzdem zufrieden. Ihr geliebter Trottel war wieder zu Hause, und er hatte tatsächlich die Kondome in den Mülleimer geworfen, bevor sie miteinander ins Bett gingen. Sollte das etwa gar bedeuten, dass der ganze Unfug jetzt endlich ein Ende haben würde? Und dass sie vielleicht bald mit einem kleinen Baby gesegnet sein würden?
    Fünfzehn Stunden später wachte Ingmar wieder auf. Zunächst erzählte er, dass er den König unten in Nizza tatsächlich getroffen hatte. Beziehungsweise eigentlich umgekehrt. Der König hatte ihn getroffen. Mit einem Spazierstock am Kopf.
    »Na so was aber auch!«, sagte Henrietta.
    Ja, das konnte man wohl sagen. Aber trotzdem war Ingmar dem König nur dankbar. Denn der hatte ihm die Augen geöffnet. Und ihm klargemacht, dass die Monarchie eine Erfindung des Teufels war, die ausgerottet werden musste.
    »Eine Erfindung des Teufels?«, wiederholte seine Frau verblüfft.
    »Die ausgerottet werden muss.« Doch dazu waren sowohl Geduld als auch List vonnöten. Dass Ingmar und Henrietta ein Kind bekamen, gehörte auch zum Plan. Übrigens würde er Holger heißen.
    »Wer?«, fragte Henrietta.
    »Unser Sohn, wer denn sonst?«
    Henrietta, die sich ihr ganzes Leben lang insgeheim eine Elsa gewünscht hatte, gab zu bedenken, dass es genauso gut eine Tochter werden konnte, wenn sie denn überhaupt ein Kind kriegten. Doch darauf bekam sie nur zu hören, sie solle gefälligst nicht so negativ sein. Wenn sie Ingmar stattdessen ein bisschen Essen machte, versprach er ihr zu erzählen, wie die Zukunft aussehen sollte.
    Henrietta fügte sich seinem Wunsch. Sie briet Fleischreste mit Kartoffeln und servierte dazu rote Bete und Ei.
    Während er aß, berichtete Ingmar detaillierter von seiner Begegnung mit Gustaf V . Zum ersten – aber bei Weitem nicht letzten – Mal erzählte er vom »Laufburschen« und »Flegel«. Und zum zweiten – aber bei Weitem nicht letzten – Mal von dem silbernen Spazierstock, der ihn an der Stirn getroffen hatte.
    »Und deswegen soll jetzt die Monarchie ausgerottet werden?«, fragte Henrietta. »Mit Geduld und List? Und wie genau soll das deiner Meinung nach aussehen?«
    Was sie nicht aussprach, sich aber im Stillen dachte, war, dass Geduld und List rückblickend betrachtet keine besonders ausgeprägten Eigenschaften ihres Ehegatten waren.
    Ja, Geduld sei eben erforderlich, weil Henrietta und er zwar am Vortag ein Kind gemacht hatten, es aber doch noch ein paar Monate dauerte, bis es endlich da war, wenn er da richtig informiert war. Und dann noch mal mehrere Jahre, bis Holger alt genug war, um die Nachfolge seines Vaters anzutreten.
    »Was denn für eine Nachfolge?«, fragte Henrietta.
    »In meinem Kampf, liebe Henrietta. In meinem Kampf.«
    Ingmar hatte bei seiner Fahrt per Anhalter quer durch Europa genug Zeit zum Nachdenken gehabt. Die Monarchie auszulöschen würde nicht einfach werden. Das war wohl eher ein Projekt auf Lebenszeit. Und da kam eben Holger ins Spiel, denn wenn Ingmar abtreten musste, bevor der Kampf gewonnen war, musste sein Sohn in seine Fußstapfen treten.
    »Warum eigentlich ausgerechnet Holger?«, fragte Henrietta, die in diesem Moment noch viel mehr hätte fragen können.
    Tja, eigentlich konnte der Junge heißen, wie er wollte, denn wichtig war nicht der Name, sondern der Kampf. Doch es wäre unpraktisch, ihm keinen Namen zu geben. Erst hatte Ingmar an Wilhelm gedacht, nach dem berühmten Schriftsteller und Republikaner Vilhelm Moberg, aber dann war ihm eingefallen, dass einer der Söhne des Königs genauso hieß, der Prinz und Herzog von Södermanland.
    Stattdessen war er, beginnend bei A, alle Namen durchgegangen, die ihm so einfielen, und als er auf seiner Fahrradtour von Malmö nach Lund bei H angekommen war, musste er an den Soldaten der Heilsarmee denken, den er tags zuvor getroffen hatte. Der hieß eben Holger und hatte wahrlich ein gutes Herz, auch wenn er seine Reifen wirklich nachlässig aufgepumpt hatte. Die Ehrenhaftigkeit und Großzügigkeit, die Holger ihm gegenüber an den Tag gelegt hatte, war wirklich bemerkenswert gewesen. Außerdem konnte sich Ingmar nicht entsinnen, dass es auf der Welt einen einzigen Adligen dieses Namens gab. Holger war so weit entfernt vom Adelskalender, wie es die Situation verlangte.
    Damit war Henrietta also so ungefähr im Bilde. Der flammendste Monarchist Schwedens wollte sein Leben nun

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