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Die Anatomie des Todes

Die Anatomie des Todes

Titel: Die Anatomie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Katz Krefeld
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systematisch.«
    Aus Stigs Gesicht wich sämtliche Farbe. »Was willst du mir da eigentlich erzählen?«
    Â»Dass man versucht hat, ihn so lange wie möglich am Leben
zu halten. Bis sein Körper die Schmerzen nicht mehr aushielt und kollabierte.«
    Â»Was meinst du, was geschehen ist?«
    Maja lächelte. »Nichts anderes als das, was auch du vorhin angedeutet hast. Dass man sehr krank sein muss, um so ein Verbrechen zu begehen.«
    Sie setzte sich ins Auto, während ihm immer noch der Mund offen stand.
    Stig klopfte an die Scheibe. Sie kurbelte sie herunter.
    Â»Das hatte ich doch nur ganz allgemein gesagt.«
    Â»Zwei Todesfälle in derselben Straße. Der eine davon ein vorsätzlicher Mord, der andere mit seltsamen Begleiterscheinungen  … Wann ist so etwas schon mal hier passiert?«, hielt sie ihm entgehen.
    Stig zuckte die Schultern.
    Â»Du meinst also, dass irgendein Psycho hier sein Unwesen treibt?«
    Â»Kommt darauf an, wie du Psycho definierst.«
    Stig entgegnete nichts. Sie winkte ihm noch einmal zu und kurbelte die Scheibe wieder nach oben. Im Rückspiegel sah sie, dass er stehen geblieben war und ihr hinterherschaute. Es war schwer zu entscheiden, ob sie ihn abgeschreckt oder sein Interesse geweckt hatte.
    Â 
    Dem wachhabenden Beamten zufolge würde Kommissar Blindheim erst am Montagmorgen wieder auf dem Revier anzutreffen sein. »Aber kann ich Ihnen vielleicht helfen?«, fragte er so beflissen wie der Portier eines Fünfsternehotels.
    Maja verneinte dankend, obwohl sie die Tüte mit dem Rock ebenso gut dem Beamten hätte übergeben können, statt sie zusammengeknautscht an sich zu drücken. Was die Aufmerksamkeit des Beamten erregte.
    Â»Wenn Sie wollen, dann kann ich …«

    Â»Nein, danke.«
    Sie drehte sich um, ehe er noch etwas hinzufügen konnte, und strebte eilig der Glastür entgegen. Sie wusste nicht, welche Anwandlung sie da plötzlich überkommen hatte. Mit ihrem Rock war es wie mit den Fotos von Jo Lilleengen. Er war Bestandteil eines Puzzles, dessen Teile in der richtigen Reihenfolge und von den richtigen Personen zusammengefügt werden mussten, damit sie irgendwann ein vollständiges Bild ergaben. Und aus irgendeinem Grund war es äußerst wichtig für sie, dass Arne Blindheim und niemand sonst den Rock entgegennahm.
    Auf dem Heimweg wunderte sie sich darüber, dass sich der Leiter der Ermittlungen zwei Tage, nachdem ein Mord geschehen war, ein freies Wochenende genehmigte. Was für eine merkwürdige Stadt.
    Â 
    Erst am folgenden Tag wusste sie plötzlich, warum es so wichtig war, dass sie Blindheim selbst den Rock übergab. Diese Erkenntnis kam ihr, als sie mit einem dampfenden Glas Tee in der Hand am Fenster stand und verloren die Losgata hinunterblickte. Vom hintersten Winkel ihres Kopfes hatte sich der Gedanke langsam nach vorn gedrängt: Da gab es etwas, das sie übersehen hatte, ein Detail, das sie während ihrer Zeugenaussage vergessen hatte zu erwähnen. Den Rock abzuliefern war zweitrangig. DNS-Material konnten sie bereits zur Genüge auf ihrer Jacke und ihrer Bluse finden. Aber dieses neue Puzzleteil war das Entscheidende. Es würde das Bild völlig verändern, und sie wollte es dem Kommissar persönlich überreichen.
    Â 
    Die Einrichtung von Blindheims Büro war ebenso außergewöhnlich wie sein Schuhgeschmack. Abgesehen von seiner Dienstmütze, die auf dem Regal als Staubfänger diente, deutete nur wenig darauf hin, dass hier ein westnorwegischer
Kriminalkommissar seiner Arbeit nachging. Der protzige Schreibtisch hätte auf einer Rinderfarm in Texas stehen können.
    Blindheim beugte sich über die Tischplatte und entleerte den Inhalt seiner Viprati-Pfeife in einen gewaltigen Aschenbecher, der zwischen ihm und Maja stand. In der Mitte des Aschenbechers erhob sich ein potenter Stier aus patiniertem Messing, an dem eine ganze Reihe exklusiver Pfeifen lehnte. Schwer vorstellbar, dass er das landesweite Rauchverbot billigte, geschweige denn einhielt. Dafür wurde mehr als deutlich, woher seine Faszination an der Polizeiarbeit stammte. Wyatt Earp und John Wayne hatten nicht umsonst gelebt.
    Â»Danke, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, Ihren Rock vorbeizubringen«, sagte Blindheim, ohne seinen Blick von dem kleinen Mahagonikästchen abzuwenden, das ebenfalls vor ihm auf dem Tisch stand. »Sind Sie einigermaßen über den

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