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Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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stabilisiert gelten, und dann kommen sie nach ein paar Monaten wieder, weil sie dekompensieren. In der Behandlung von Geisteskranken gibt es so etwas wie eine Drehtür. Oder auch Tretmühle.«
    »Aber die Patienten, die Sie hier im Amherst-Gebäude haben …«
    »Ich weiß nicht, ob wir derzeit irgendwelche Patienten haben, die – in sozialer wie psychischer Hinsicht – eine Beurlaubung vertragen würden. Wenn’s hoch kommt, eine Hand voll vielleicht. Soviel ich weiß, sind bis auf Weiteres keine Verhandlungen vorgesehen. Ich müsste allerdings nachsehen. Was die anderen Gebäude betrifft, bin ich vollkommen überfragt. Das müssten Sie mit den entsprechenden Kollegen dort klären.«
    »Ich denke, wir können die anderen Gebäude ausklammern«, sagte Lucy kurz und bündig. »Schließlich wurde Short Blond hier ermordet, und ich hege die starke Vermutung, dass wir den Täter hier finden.«
    Mr. Evans setzte ein unangenehmes Lächeln auf, als sei ihr der unfreiwillige Witz in ihrer Feststellung entgangen. »Wieso gehen Sie davon aus?«
    Sie wollte etwas erwidern, überlegte es sich aber. »Ich dachte nur –, fing sie nach einer Weile an, doch er fiel ihr ins Wort.
    »Falls unser großer Unbekannter so schlau ist, wie Sie meinen, dann würde ich mal davon ausgehen, dass es für ihn kein unüberwindliches Hindernis darstellt, spätabends von einem Gebäude zum anderen zu kommen.«
    »Aber das Gelände wird doch vom Sicherheitsdienst patrouilliert. Würden die jemanden, der zwischen den Wohnheimen hin und her läuft, nicht entdecken?«
    »Wir sind leider, wie so viele staatliche Einrichtungen, unterbesetzt. Und die Rundgänge des Wachdienstes finden in regelmäßigen Abständen statt, so dass man ihnen ohne allzu große Probleme ausweichen könnte, wenn man es darauf angelegt hat. Und es gibt noch andere Möglichkeiten, sich unbemerkt auf dem Gelände zu bewegen.«
    Lucy zögerte wieder, als ihr eine Frage einfiel, die sich, wie sie merkte, unbedingt stellte, doch Mr. Evans nutzte die kurze Pause, um seine eigene Meinung dazu abzugeben. »Lanky«, sagte er mit einer knappen, nonchalanten Handbewegung, »Lanky hatte sowohl die Möglichkeit als auch die entsprechende Motivation, und er hatte am Ende das Blut des Opfers an seinen Sachen. Ich kann einfach nicht ganz nachvollziehen, wieso Sie so viel intensiver nach jemand anderem suchen. Ich will ja gerne einräumen, dass Lanky in vielerlei Hinsicht ein sympathischer Kerl ist. Aber er war gleichzeitig paranoid schizophren und wiederholt gewalttätig. Besonders gegenüber Frauen, die er oft als Werkzeuge des Satans betrachtete. Wenn Sie sich die Mühe machen würden, seine Akte noch mal zu lesen, die die Polizei bei seiner Verhaftung mitgenommen hat, dann würden Sie einen Eintrag von mir darin finden, wonach er möglicherweise überspielen konnte, dass seine Medikamente, die er täglich bekam, nicht hoch genug dosiert waren. Ich hatte sogar angeordnet, dass er in den kommenden Tagen intravenöse Injektionen bekäme, weil ich das Gefühl hatte, dass die oralen Verabreichungen nicht die gewünschte Wirkung zeigten.«
    Wieder antwortete Lucy nicht. Sie wollte Mr. Evans sagen, dass ihrer Überzeugung nach allein schon die Verstümmelung der Hand Lanky entlastete. Doch sie behielt diese Einschätzung für sich.
    Evans schob ihr die Akten hin. »Trotzdem können Sie«, sagte er, »wenn Sie die hier – und die tausend in den anderen Gebäuden dazu – durchgehen, eine Reihe Leute ausklammern. Ich denke, ich würde Zeiträume und Daten vernachlässigen und mich mehr auf die Diagnosen konzentrieren. Danach können Sie die geistig Zurückgebliebenen ausklammern. Genauso die katatonischen Fälle, die weder auf Medikamente noch auf Elektroschock-Therapie ansprechen, weil sie einfach physisch zu einer solchen Tat nicht fähig sind. Und dann auch die anderen Persönlichkeitsstörungen, die gegen das sprechen, wonach Sie suchen. Ich bin gerne bereit, Ihnen Fragen zu beantworten, die sich vielleicht daraus ergeben. Aber der knifflige Teil, na ja, der liegt bei Ihnen.«
    Er lehnte sich zurück und sah ihr zu, wie sie das erste Dossier zu sich heranzog und aufschlug, um es sich anzusehen.
     
    Da er nicht recht wusste, was er sonst machen sollte, lehnte sich Francis vor Mr. Evils Büro an die Wand. Es dauerte nicht lange, bis er Peter the Fireman den Flur herunterschlendern sah, um sich zu ihm zu gesellen. Peter lehnte sich ebenfalls mit dem Rücken an die Wand und starrte zu der Tür,

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