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Die Augen Rasputins

Die Augen Rasputins

Titel: Die Augen Rasputins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Komplize, der die Beute in Empfang nahm. Und nicht zu vergessen das, was Schramm für Patrizia empfunden hatte. Und Patrizias Stimme während einer der Therapiestunden des ersten halben Jahres, das kleine Lächeln, die Dankbarkeit.

    »Ich wußte genau, daß er nicht meinte, was er gesagt hatte. Aber als mein Vater es mir immer wieder vorlas… Es war so entsetzlich. Es war so, als ob ich es plötzlich mit zwei ganz verschiedenen Menschen zu tun hätte. Und manchmal wußte ich nicht mehr genau, welcher der Richtige ist. Und dann war es wieder so, als ob ich der einzige Mensch wäre, der die Wahrheit kennt. Und ich durfte sie niemandem sagen. Es hätte mir ja auch niemand geglaubt. «

    Und dann der Jubel:

    »Ich bin so glücklich, daß Sie es glauben. Er wollte mich wirklich nur schützen! Er hatte alle Schuld auf sich genommen, weil er mich liebt. Und das einzige, was ich jetzt für ihn tun kann, ist warten. Ich würde ihn so gern besuchen, ihn nur einmal sehen. Mein Vater wird das nicht zulassen. Können Sie mir helfen? Es ist doch gar nicht so weit. Vielleicht könnten wir in der nächsten Woche hinfahren, statt hier zu sitzen? Man wird mich bestimmt zu ihm lassen, wenn ich einmal da bin. Die haben doch Räume für Besuchszeiten. Und wenn Sie dabei sind, wenn Sie ihnen sagen, daß es sehr wichtig für mich ist… «

    In der Einfahrt stand ein blauer Citroen, beim Vorbeifahren hatte Edmund den Wagen zwar registriert, aber nicht weiter darüber nachgedacht, jetzt richtete er ihn ein klein wenig auf. Dorothea war da, die immer praktisch denkende Dorothea mit ihren teils erschreckend radikalen, teils rührend zerbrechlichen Ansichten vom Leben. Die rabiate Dorothea, die Vaters Hemmungen und Komplexe einfach ignorierte, vielleicht sogar versuchte, sie zu bekämpfen, indem sie als junge Frau sonntags morgens schon einmal in der Unterwäsche am Frühstückstisch erschienen war. Indem sie Pauls Wutausbrüche mit einem

    »jetzt hab’ dich nicht so, Paulchen. Nackt bin ich ja nicht. Und ich will dich auch nicht verführen «

    parierte. Dorotheas Tochter Melanie öffnete ihm die Tür, freute sich ganz offensichtlich, ihn vor sich zu sehen, und spähte an ihm vorbei zur Straße.

    »Tag, Eddi, bist du allein? «

    Edmund nickte einmal kurz, quälte sich ein Lächeln ab. Er mochte das Kind, aber in dem Moment wäre es ihm lieber gewesen, Melanie hätte daheim über Schularbeiten gesessen, als ihm hier im Hausflur die nächste Frage zu stellen:

    »Wo ist denn Patrizia? «

    »Sie ist nicht da «, sagte Edmund vage. Dann ließ er das Kind stehen und ging auf den Wohnraum zu. Dorothea saß in einem Sessel beim Tisch, Paul Großmann lag auf der Couch, bis zur Taille zugedeckt mit einer beigefarbenen Wolldecke. Beide schauten ihm entgegen, Dorothea offenkundig neugierig, sein Schwiegervater eher leidend. Er kam mit einem vernehmlichen Ächzen in die Höhe.

    »Ed, das nenne ich eine Überraschung. Du hast wohl einen sechsten Sinn. «

    Bevor Paul Großmann seine Leidensgeschichte der letzten Stunden auch nur andeuten konnte, zog Edmund den Zeitungsfetzen aus der Tasche, hielt ihn so, daß Dorothea und Paul zumindest ahnen konnten, was er ihnen entgegenstreckte, dabei erklärte er knapp:

    »Das fand ich, als ich eben heimkam. Schramm war da. Er hat sie geholt. Bei der Polizei war ich schon. Aber die tun nichts. «

    Dann setzte er sich in den zweiten Sessel, während Dorothea ihn mit halboffenem Mund anstarrte und Paul abwehrend den Kopf zu schütteln begann. Melanie, die Edmund gefolgt war, stand bei der Tür und schaute fragend von einem zum anderen.

    »Wer ist Schramm? Wen hat er geholt? «

    Entgegen ihrer Gewohnheit, der Tochter alles zu erklären und jede Frage zu beantworten, forderte Dorothea:

    »Geh in die Küche und mach einen starken Kaffee für Ed. «

    Und dann zu Edmund:

    »Sag das noch mal! «

    Er reichte ihr statt dessen den Fetzen hinüber und wies sie auf die Randnotiz hin. Melanie stand immer noch bei der Tür, verrenkte sich fast den Hals in dem Bemühen, etwas von der Bedeutung erkennen zu können. Und Paul donnerte los:

    »Habe ich es nicht immer gesagt! Wenn dieses Schwein noch einmal auftaucht, geht das ganze Spiel von vorne los. Dann gebe ich einen Dreck auf jede Behandlung. «

    Vielleicht hatte Paul das einmal gedacht, gesagt hatte er es nie. Es traf Edmund nicht, dafür kannte er seinen Schwiegervater zu gut. Er atmete einmal tief durch, schaute Paul an.

    »Ich brauche die Unterlagen noch

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