Die bessere Hälfte - warum nur Frauen die Wirtschaft nach vorn bringen
zu tun oder das Gefühl, am Arbeitsplatz isoliert zu sein und nicht dazuzugehören.
Die Frauen in Wallaces Studie erwähnten familiäre Gründe nur als zweitwichtigsten Faktor, der zu ihrer Entscheidung, die Firma zu verlassen, beigetragen hatte. Die private Situation spielte also nur dann eine zusätzliche Rolle, wenn Frauen mit ihrem Job ohnehin schon unglücklich waren. Aber die Familie allein stellte für die Frauen keinen ausreichenden Grund dar, um eine Arbeit aufzugeben, die sie genossen oder für wichtig hielten. 12 Wallaces Studienobjekte wollten – ebenso wie die Probanden von Myra |48| Hart – vor allem das Gefühl haben, dass sie mit ihrer Arbeit einen wertvollen Beitrag zur Gesellschaft leisteten.
Die Karriereentscheidungen von Frauen sind also wahrscheinlich stärker von dem motiviert, was der Psychologe Steven Pinker als »intrinsic rewards« bezeichnet – also intrinsische Belohnungen, die für sie eine persönliche Bedeutung haben – als von Geld oder Status. 13 Familienbelange können durchaus eine Rolle bei ihrer Entscheidung spielen, einen Job zu behalten oder aufzugeben, denn die Familie ist Teil jener von Frauen wahrgenommenen intrinsischen Belohnungen. Aber die Haupttriebfeder für Frauen ist der Wunsch, eine Arbeit zu verrichten, die sie für
bedeutsam
halten. Unsere eigenen Forschungsergebnisse zu der Frage, wie unterschiedlich Männer und Frauen Befriedigung am Arbeitsplatz wahrnehmen, definieren und verfolgen, präsentieren wir in Kapitel 5. Sie unterstützen und verstärken diese Ansicht noch. 14
Die Lösung für das Rätsel, warum Frauen ihren Job kündigen, liegt also in den intrinsischen Belohnungen. Das Problem kann man nicht taktisch lösen – zum Beispiel, indem man Mentorenprogramme anbietet oder für flexible Arbeitszeiten sorgt – obwohl derlei Einrichtungen natürlich sehr wichtig sind. Die Frage nach dem Sinn, nach dem, was ein Unternehmen in der Welt erreichen will, muss für Frauen ebenfalls angesprochen werden. Dazu ist es erforderlich, das, was Frauen sehen und wertschätzen in das Selbstbild und die Rolle, die ein Unternehmen in der Welt bekleiden will, einzubeziehen.
Hope Greenfield, frühere Chefin der Abteilung Talent Management bei Lehman Brothers, wurde einmal gefragt, |49| ob man so wenige Frauen in der Führungsetage anträfe, weil so wenig qualifizierter, weiblicher Nachwuchs zu finden sei. Das bejahte sie zwar, betonte aber, dass man sich die zugrundeliegenden Ursachen näher anschauen müsse. »Es gibt wenig Nachwuchs«, sagte sie, »und zwar aus dem einfachen Grund, dass Frauen, die jetzt in den Vierzigern sind, sich umschauten und zu sich sagten:
›Das will ich nicht.‹ «
Mit anderen Worten, Frauen betrachteten die häufig beträchtlichen Gratifikationen, die Lehman Brothers zu bieten hatte, nicht unbedingt als ausreichende Motivation, um ihr ganzes Berufsleben in dieser Firma zu verbringen.
Letztlich ist also die Konzentration auf das, was im Leben wesentlich ist, das, was die weibliche Vision so wichtig macht. Wie wir im folgenden Kapitel sehen werden, machten viele Firmen den Fehler, Wert und Sinn in immer engeren Grenzen zu definieren. Dies erwies sich als schlecht für die Menschen, schlecht für die Unternehmen und schlecht für die Welt. Um diesen Trend umzukehren, muss das, was Frauen sehen, auf einer strategischen Ebene eingebunden werden.
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Erste Warnsignale
Die Beschränkungen der einseitigen Sichtweise zeigten sich deutlich in der Finanzkrise, die die Welt im Jahre 2008 erschütterte. Obwohl sie strukturelle, ökonomische und politische Probleme widerspiegelte, die schon über eine Dekade lang unter der Oberfläche gebrodelt hatten, schuf sie auch eine Führungskrise epischen Ausmaßes, die auch nach dem Bankenzusammenbruch noch nachwirkt.
Dies ist eine besondere Ironie des Schicksals, da viele der Senkrechtstarter, deren Aktionen zu dem angedrohten Finanzkollaps führten, von Unternehmen kamen, die sich rühmten, eine starke Führungskultur zu besitzen. Sie behaupteten, die besten Talente der Welt eingestellt zu haben, investierten viel in die Förderung von Mitarbeitern, hinter denen man ein hohes Potenzial vermutete und überhäuften ihre Stars mit exorbitanten Gratifikationen, die sie zu Höchstleistungen antreiben sollten und ihren Status als fähigste und intelligenteste Mitarbeiter untermauern sollten.
Wie konnte es dann passieren, dass Fehlentscheidungen, Flüchtigkeitsfehler und ein katastrophal kurzsichtiger Fokus
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