Die besten Freunde meines Lebens - Roman
seltsam?«, brummte Lizzie. Ihr Ton machte deutlich, dass es ihr lieber gewesen wäre, wenn Mona ihre Gedanken nicht in Worte gefasst hätte.
»Das alles … wir drei in Niccis Küche bei der Zubereitung des Sonntagsbratens, so als wäre nichts geschehen. David, Si und Dan im Garten, Gerry …« Mona runzelte die Stirn. »Wo ist eigentlich Gerry?«
»Beim Rugby. Er kommt später nach.« Lizzie blickte vom Apfelschneiden nicht auf, aber Jo fiel auf, wie sich ihr Rücken in Erwartung der üblichen Sticheleien gegen Gerry anspannte. Nicci mochte tot sein, doch offenbar glaubte Lizzie nicht, dass damit auch das Herumgehacke auf Gerry ein Ende hatte.
Jo liebte Lizzie. Sie wünschte nur, Lizzie hätte jemand anderen geheiratet. Jemanden, der sie verdiente.
Mona öffnete den Mund, um etwas zu sagen – vermutlich genau das, was Jo befürchtete. Jo schoss ihr einen warnenden Blick zu. Lass sie in Ruhe!, formte sie lautlos mit den Lippen.
»Also, bilde ich mir das jetzt ein oder nicht?«
»Du meinst, ob du dir das einbildest oder ob es seltsam ist? Du bildest dir das ein.«
»Findest du?«
»Ja, finde ich«, entgegnete Lizzie barsch. »Wir sind alte Freundinnen, die sich sonntags zum Mittagessen treffen. Was ist daran verkehrt?«
»Du weißt doch, was Mona meint«, lenkte Jo ein. Woher kam das nur? Lizzie war normalerweise die Friedensstifterin, diejenige, die die Wogen glättete und Tee kochte, und nicht diejenige, die Streit anfing. Vielleicht lungerte Niccis Geist tatsächlich noch herum, versteckte Bräter und sorgte für Unfrieden.
»Komm schon, Lizzie, du musst zugeben, dass es wirklich etwas seltsam ist«, sagte Jo. »Vor allem diese Mona-David-Sache.« Sie blickte sich um und vergewisserte sich, dass weder kleine noch große Ohren in der Nähe waren. »Ich meine, was sollen wir jetzt wegen der Briefe tun?«
»Sie ignorieren. Ich habe das jedenfalls vor.« Mona knallte den Kartoffelschäler auf die Arbeitsplatte. »Das ist nur wie der eine von Niccis verrückten Ideen.« Sie blickte gen Him mel, und Jo hätte schwören können, dass Mona sich, wäre sie Katholikin, bekreuzt hätte.
»Wir müssen es nicht tun.«
»Ich weiß nicht …«, erwiderte Lizzie nachdenklich. »Ich habe das Gefühl, wir sind es ihr irgendwie schuldig.«
»Lizzie!«, rief Mona. »Du hast nur ein bisschen Garten arbeit aufgebrummt bekommen. Wenn ich mich Niccis Wil len füge, müsste ich mit David … na, du weißt schon!«
»Mo…«, sagte Jo, doch Mona war nun richtig in Fahrt.
»Komm, Lizzie, gib es zu! Du bist gut weggekommen.«
»Für dich ist es vielleicht nur ein bisschen Gartenarbeit«, bemerkte Lizzie zugeknöpft, »aber Nicci wusste, dass ich als Gärtnerin eine absolute Niete bin. Hast du dich da draußen schon mal umgesehen? Das ist die reinste Wildnis. Wie soll ich es schaffen, den Garten so zu gestalten, dass er David und den Mädchen gefällt?«
Jo und Mona blickten in den Garten hinaus.
Ganz so schlimm war es nicht. Obwohl Jo den Garten schon in besserem Zustand gesehen hatte. Aber seit letztem September hatte sie den Garten gar nicht mehr wahrgenommen. Damals hatte ihr Nicci in dieser Küche gesagt, sie solle sich hinsetzen, ihr dann ein großes Glas Rotwein hingestellt und ihr mitgeteilt, dass sie Krebs habe.
Seit damals war das Herbstlaub zwar zur Seite gerecht, aber nicht weggeschafft worden, und vermoderte nun auf den Beeten. Einige Frühlingsblumen hatten sich nach oben gekämpft, aber ihre Blätter waren zerzaust, als hätten sie sich nicht richtig angestrengt, weil niemand da war, der ihre Bemühungen würdigte. Selbst Niccis geliebtes Gemüsebeet unter dem Apfelbaum war kaum mehr als Matsch und umgestürzte Bohnenstangen.
Jo sah ein, dass Lizzie recht hatte. Der Garten sah so trostlos aus, wie sie sich fühlten. Jemand musste etwas tun.
»Und selbst wenn er keine Wildnis wäre«, Lizzies Ton schraubte sich nach oben bis an die Grenze zur Hysterie, »ich bin nicht Nicci. Werde niemals Nicci sein. Ich kann eine Bromeliade nicht von einer perennierenden Pflanze unterscheiden.«
Verdutzt starrten die beiden anderen sie an.
»Was ist eine Bromeliade?«, fragte Mona. »Nur so, aus Interesse.«
»Ich weiß es nicht!«, jammerte Lizzie. »Das ist der Punkt. Ich habe mir Bücher aus der Leihbücherei geholt. Und jetzt könnte ich mich dafür ohrfeigen. Ich kapiere genauso wenig wie damals in Chemie. Es wimmelt nur so von Karten, Diagrammen, Tabellen .« Lizzie warf einen Blick zu Jo hinüber, als
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