Die Bestien - Thriller (German Edition)
würde. Unglaublicherweise hatte sie sich jedoch ebenso ruhig und still verhalten wie Jim selbst. Er war sich sicher, dass sie Schmerzen hatte, aber sie kämpfte dagegen an, und wieder einmal dachte Jim, wie tough sie doch für ihr Alter war.
Die Stimmen der Jäger waren zwar immer noch sehr nahe, aber da sie gedämpft klangen, verstand Jim nicht, worüber sie sprachen. Er konnte sich daher nicht sicher sein, ob sie wussten, dass er und Darlene ganz in der Nähe waren oder ob die beiden tatsächlich keine Ahnung hatten, dass sie sich im Gebüsch versteckten, und sich einfach nur eine ausgedehnte Pause gönnten. Jim war darauf vorbereitet, entdeckt zu werden, und hatte sich bereits mental auf einen Kampf bis zum Tod eingestellt. Er war darauf vorbereitet, zu sterben, seit er erfahren hatte, wessen Nase er letzte Nacht gebrochen hatte. Es war Darlene, um die er sich Sorgen machte. Gott allein wusste, was diese Ungeheuer ihr antun würden, wenn sie sie dabei erwischten, dass sie ihm half.
Ich hätte sie nicht mitnehmen dürfen. Ich hätte sie einfach nur nach dem Wichtigsten fragen und sie im Wohnwagen zurücklassen sollen, außerhalb der Gefahrenzone.
Aber wäre sie wirklich außerhalb der Gefahrenzone gewesen, wenn er sie zurückgelassen hätte? Das Mädchen lebte in einem heruntergekommenen, uralten Wohnwagen, in einer Stadt, in der die Menschen zu blind waren, um die Morde und Folterungen zu sehen, die sich direkt vor ihren Augen abspielten.
Nein, es war völlig klar – er hatte sie mitnehmen müssen. Vermutlich würde er keinen weiteren Sonnenaufgang mehr erleben, aber er konnte Darlene nicht einfach hierlassen. Er könnte ihr vorschlagen, mit ihm zu kommen und bei ihm zu wohnen, wenn es ihnen gelingen sollte, aus diesem Albtraum zu entfliehen. Es sah nicht so aus, als hätte sie Familie, deshalb würde er sich um sie kümmern, irgendwie.
Denk doch nur mal daran, was mit Suzie passiert ist. Um sie hast du dich wirklich sehr gut gekümmert.
Sein Brustkorb krampfte sich zusammen.
Das war schon sehr lange her. Davon abgesehen konnte er sich kaum noch daran erinnern, was eigentlich genau passiert war – er hatte den Großteil dieser Nacht aus seinem Gedächtnis verdrängt. Alles, was noch übrig war, war ein schwarzer Fleck. Er erinnerte sich an den Überfall und daran, wie er von dem Schnapsladen weggerast und zurück nach Hause gegangen war, aber dort hörte seine Erinnerung auf. Irgendwann, während seiner Zeit im Gefängnis, hatte er den Rest der Nacht aus seinem Gedächtnis verdrängt. Ganz offensichtlich war es einfach mehr gewesen, als er ertragen konnte. Es war zu schmerzhaft. Besser, es einfach wegzuwischen und so zu tun, als sei es nie geschehen. Suzie war tot, er hatte einen Mann getötet, und das war letztlich alles, was er wissen wollte.
»… weg.«
Jim zuckte zusammen, als er Darlenes Stimme hörte. »Wie bitte?«
»Ich hab gesagt, die Jäger sind weg.«
Jim horchte, aber er konnte nur vereinzeltes Vogelgezwitscher hören. Kein Reden oder Lachen mehr. »Okay, warte hier. Ich schau mal nach, ob sie wirklich weg sind.«
Er kämpfte sich durch dornige Zweige, und wie ein Präriehund, der seine Schnauze aus einem Loch streckt, schob Jim seinen Kopf durch das Dickicht und schaute sich um. Er konnte keine Spur der beiden Männer erkennen, winkte Darlene zu: »Die Luft ist rein«, und kroch ganz aus dem Busch hervor. Er stand auf und schüttelte Zweige, Blätter und, wie er annahm, da er hin und wieder etwas Klebriges spürte, auch ein paar tote Insekten aus seinem Haar und von der Kleidung.
Auch Darlene kletterte aus dem Gebüsch, klopfte ihr Gesicht und ihre Arme ab und schüttelte die unerwünschten Besucher aus ihrem Haar. Dann hängte sie sich die große Blechdose mit der ausgefransten, aber fest verknoteten Schnur um den Hals.
»Also, wie lange noch bis zu diesem Minenschacht?«, fragte Jim.
»Vielleicht zehn, fünfzehn Minuten.«
Auch wenn dies an sich kein besonders langer Fußmarsch mehr war, wusste Jim, dass die Chancen für die Jäger trotzdem noch gut standen, sie zu schnappen. »Okay, lass uns gehen.«
Er wollte hinzufügen: »Und sei vorsichtig«, aber er nahm an, dass sich das von selbst verstand.
Er wurde das Gefühl noch immer nicht los, dass irgendetwas Schlimmes passieren würde. Er wollte so tun, als existiere dieses Gefühl nicht, aber er konnte es nicht ignorieren. Es war ein Gefühl der Anspannung, des Unwohlseins, so, als ob man mit der Hand unter die Matratze oder
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