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Die Besucher

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Titel: Die Besucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ota Hofman
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Vorschein, diesmal allerdings ohne die für solche feierlichen Angelegenheiten vorgeschriebene Perücke. Die hatten übrigens jetzt auch der Weltratsvorsitzende und die Mitglieder des Verwaltungsrat Land nicht mehr auf den Köpfen. Das machte aber niemanden etwas aus. Mitten im Schnee, genau im Zentrum eines abgesteckten Kreises, wo das Gefährt Niva VI landen sollte, stand es jetzt auch. Erst vor 60 Sekunden war es in den glühenden Sonnenstrahlen einer Wüste, in einer Entfernung von 1856 Kilometern gestartet.

    ln diesem Augenblick ist die Entscheidung gefallen«, sagte die Reporterin, der es endlich gelungen war, ihre Perücke aus dem bei der Landung aufgewirbelten Schnee zu graben. »Wenn keine unvorhergesehenen Komplikationen eintreten, wird sich die Expedition Adam 84 im Verlaufe der nächsten Stunden auf eine Forschungsfahrt begeben, die in der Geschichte der Menschheit ohnegleichen ist...«

    »Das bedeutet...«

    »...daß wir fahren...«

    Es war seltsam. Gerade jetzt, als die Entscheidung endlich gefallen war, schienen die vier, an der Statue des Genies in der Museumshalle versammelten Expeditionsteilnehmer, die Angst vor dieser fast verrückten Reise ins Ungewisse plötzlich verloren zu haben. Keiner von ihnen dachte mehr daran, aufzugeben, zu türmen, die andern zu verraten. Katja bemerkte sogar träumerisch:

    »Stellt euch bloß vor, daß wir in wenigen Stunden vielleicht lebende Eichhörnchen...Igel...Bienen sehen werden!«

    »Und den Adam Bernau...«

    »...der noch nicht weiß, daß er einmal ein Genie sein wird...«

    »Bienen besser nicht«, murmelte der Arzt und eilte ins »Schwarze Loch«, um nachzusehen, ob seine Bereitschaftstasche Serum gegen Bienenstiche enthielt. »Ein einziger Bienenstich könnte tragische Folgen haben, denn unser Organismus erzeugt heute keine Schutzstoffe mehr gegen Gifte, die es nicht mehr gibt...« Die Bereitschaftstasche des Arztes glich allerdings eher der Werkzeugtasche eines Installateurs. In den Kolben einer ganz gewöhnlichen Glühbirne, wie man sie im 20. Jahrhundert benutzte, hatten die Techniker einen Solarisator eingebaut. Daneben lag eine Lötlampe zum Verschweißen von Knochenbrüchen. Ein Haartrockner diente nicht zum Haartrocknen, sondern vernichtete mit ML-Strahlen alle Krankheitserreger und Bakterien. Nichts hatte man dem Zufall überlassen. Tuben enthielten Lebensmittelkonzentrat für Notfälle. Sie trugen die Aufschrift »Perlweiß-Zahnpasta« und rochen nach Pfefferminz. Der Doktor zog seufzend Hemd und Anzug aus dem Jahre 1984 an. Auf den im Jahre 2484 üblichen Kahlkopf setzte er eine Lockenperücke, die das Haar der Menschen aus der Vergangenheit, als noch fast jeder Mensch Haare hatte, Vortäuschen sollte. Ein kleines Bärtchen klebte er sich unter die Nase. Noch ein letzter Blick aus dem Fenster. Über der Glaskuppel des künstlichen Gartens blinkten die Positionslichter der landenden Raketenflugzeuge. Das Abenteuer des Jahrhunderts begann. Doktor Jacques Michell zerstörte aufatmend mit einem festen Fußtritt die Trümmer der baufälligen Couch. Sodann betrat er, nun als Michael Noll, die zur Halle führende Treppe. Überrascht hielt er ein. Auf der festlich gedeckten Tafel flackerten Kerzen. Die Luft war erfüllt vom Duft der Amaronen. Ein schwarzhaariges Mädchen in einer weißen Robe ähnelte der Katja Jandová auf jenem Foto im Ausweis. Kane war jetzt Karas. Die feierliche Stille wurde von den kratzenden Mißtönen einer mißhandelten Geige zerrissen. Die Töne erinnerten entfernt an die Weise des Liedes »Hänschen klein, ging allein...«

    »Eine kleine Überraschung, obwohl die Menschheit ungeduldig wartet«, meldete schuldbewußt der Akademiker Philipp, indem er versuchte, das spröde Instrument zu bändigen. »Amaronentorte..., und dies ist jene Geige, die Adam Bernau während seiner Jugendjahre begleitete...«

14. Ein ganz kleiner Irrtum

    30.

    Am Firmament leuchteten die Riesenziffern des Countdown auf und erloschen wieder.

    29 Sekunden bis zum Start.

    Jetzt nur noch 27.

    »Raum- und Zeit-Kinetor eingeschaltet«, meldete Karas mit heiserer Stimme. Seine Hände zitterten, doch gelang es ihm trotzdem, das Programm mit den Angaben des Ortes und der Zeit der Landung (genau nach Vorschrift) fünfzehn Sekunden vor dem Start in die dazu bestimmte Öffnung im Armaturenbrett zu schieben. Jetzt hieß es nur noch abzuwarten.

    »Was ist jetzt wichtig?« erinnerte der Akademiker zum letzten Mal, indem er die Sicherheitsgurte, die ihn am

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