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Die Besucher

Die Besucher

Titel: Die Besucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ota Hofman
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Beifahrersitz hielten, überprüfte. »Niemand von denen dort darf ahnen, daß wir Besucher sind. Übrigens dürften sie etwas derartiges höchstwahrscheinlich kaum verstehen. Jetzt hören Sie also gefälligst zu heulen auf und reißen Sie sich zusammen! Wir sind was?«

    »Wir sind Geometer, und ich heul’ auch nicht«, sagte Katja heulend. Sie hielt eine Teichrose aus dem Zierteich mit den Goldfischen in der Hand und war glücklich, weil sie wußte, daß der junge Mann aus der Abfahrtshalle Thomas hieß und daß auch er an sie gedacht hatte und zu ihrer Abreise gekommen war.

    Die riesige Acht des Countdown, dann die Sieben und die Sechs sah sie nur wie im Nebel. Es fehlten nur noch fünf Sekunden bis zum Start.

    Dann vier,

    drei,

    zwei.

    Die Eins übersahen alle. Anstatt der Null flammte am Himmel ein bunter Kreis auf, der an einen Regenbogen erinnerte. Sonst war scheinbar nichts geschehen. Der blaue Niva-VI-Wagen mit dem weißen Streifen an den Seiten hatte in der Sekunde des Starts nicht einmal gebebt. Nur die Zeit schien stillzustehen. Die Luft erstarrte, wurde glasig, dann begann sie sehr langsam zu tauen, bog sich nach außen und wurde zu einer riesigen Blase, die schließlich leise klirrend platzte.

    Für Sekunden (auch dies entsprach der Bernauschen Theorie vom Übergang in die Leere jenseits des Raums und der Zeit) kehrte die Expedition in Gedanken in das Trugbild einer zeitlichen Fata Morgana zurück: Wieder war das Kosmodrom da. Die Farben. Funkensprühende Lichter in der Höhe. Die Menschenmenge, die gekommen war, um von der Expedition Abschied zu nehmen und ihr eine glückliche Rückkehr zu wünschen. Auch der Weltrat war da, aber den nahm außer Philipp niemand zur Kenntnis. Katja schmiegte sich an Thomas und drückte ihren Teichrosenstrauß an sich, und Doktor Noll dachte an seine offenen Schnürsenkel und seufzte:

    »So hübsche Mädchen gibt es hier, und ich muß...«

    »In vier, fünf Stunden sind wir wieder da«, tröstete ihn der Expeditionstechniker Karas. »Die werden hier nicht einmal die Flaggenparade wechseln müssen.« Beim Abschied von Frau und Kindern hatte er aber seinen eigenen Worten nicht geglaubt. Erst jetzt entdeckte er, daß er in der linken Hand immer noch dieses Huhn mit der Melone hielt, das ihm seine Söhne als Glücksbringer mit auf den Weg gegeben hatten.

    Schnell ließ er das Ding verschwinden (wegen des Verbots, persönliche Gegenstände aus der Zukunft in die Vergangenheit hinüberzuschaffen) und widmete sich den Angaben des in das Armaturenbrett eingebauten Bordcomputers.

    Das grüne Kontrollämpchen flackerte auf. Der Zeitsprung in die Vergangenheit verlief tadellos. Die Jahreszahlen rollten zurück. Niva VI, nun bereits jenseits des Raums, sank durch das samtene Dunkel zurück in die Vergangenheit. »Jetzt bin ich eben geboren worden!« entdeckte Katja. Im Jahre zweitausendvierhunderteinundsechzig! Jetzt gibt es mich noch nicht! Zweitausendeinhundertdreiundzwanzig! Besiedelung des Mars! Friedensvertrag! Besiedelung des Mondes! Tausendneunhundertneunundneunzig! Neunzehnhundertachtundachtzig...siebenundachtzig...sechsundachtzig...fünfundachtzig...«

    »Jetzt ist das Ding stehengeblieben!«

    Nervös drückte Philipp etliche Knöpfe auf dem Armaturenbrett vor sich. Karas schrie ihn an:

    »Nichts berühren!«

    Aber es war bereits zu spät. Das Blau des Himmels zuckte wie ein Blitz durch das samtschwarze Dunkel. Hoch oben strahlte die Sonne. Niva VI landete weich neben dem weißen Stamm einer jungen Birke. Der Akademiker atmete erlöst auf und breitete Pläne und Landkarten vor sich aus. »Zeitsprung programmgemäß beendet«, sagte er, und seine Stimme klang wie immer.

    »Genau nach dem Zeitplan. Wir müssen nicht hasten. Zeit genug. In einer Stunde beginnt das Haus Adam Bernaus zu brennen. Wie der Lageplan zeigt, befinden wir uns auf einem neuen Abschnitt der Straße Sturmkoppe-Kamenice. Ihre Aufgaben kennen Sie. Ich muß sie Ihnen wohl kaum in Erinnerung bringen...«

    »Luftverschmutzung im Rahmen der Toleranz«, stellte Kat ja auf dem Farbenspiel ihrer Armbanduhr fest. »Temperatur achtzehn Grad...«

    Um ein Haar wäre sie gleich darauf an einer roten Pille gegen Erkältung erstickt, die ihr Doktor Noll in den Mund geschoben hatte. Karas schluckte auch eine solche Pille, während er aus dem Fenster blickte und beunruhigt sagte:

    »Allerdings...«

    »Was heißt hier >allerdings