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Die Beute - 2

Die Beute - 2

Titel: Die Beute - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Jahr aus, und sobald Saccard einen Käufer fand und den Ertrag des Hauses kapitalisierte, gelangte er zu einem wahrhaft phantastischen Ergebnis. Im großen konnte er diesen Schwindel allerdings nicht durchführen, da die Häuser sich schlecht vermieteten; er hatte zu früh gebaut; der Schutt in der Umgebung der Gebäude ließ sie zur Winterzeit nahezu im Schmutz versinken, schnitt sie vom Verkehr ab und minderte ihren Wert beträchtlich. Was Saccard am meisten ärgerte, war die Riesengaunerei, der Herren Mignon und Charrier, die von ihm das im Bau steckengebliebene Palais am Boulevard Malesherbes zurückkauften. Die Unternehmer hatten schließlich doch Lust bekommen, selber an »ihrem« Boulevard zu wohnen. Da sie ihre eigenen Terrainanteile mit hohem Nutzen verkauft hatten und die bedrängte Lage ihres ehemaligen Gesellschafters witterten, machten sie sich erbötig, ihn von jenem umzäunten Grundstück zu befreien, auf dem das Palais bis zum Fußboden des ersten Stocks gediehen war, für den die eisernen Träger zum Teil schon gelegt waren. Nur nannten die beiden Käufer die soliden Fundamente aus Hausteinen wertlosen Schutt und sagten, sie hätten den nackten Boden vorgezogen, um nach ihrem eigenen Gutdünken bauen zu lassen. Saccard mußte verkaufen, ohne die hundert und etliche Tausend Francs, die er bereits hineingesteckt hatte, in Anrechnung zu bringen, und was ihn am meisten erboste, war, daß die Unternehmer unter keinen Umständen den Boden zu dem bei der Teilung festgesetzten Preis von zweihundertfünfzig Francs für den Quadratmeter zurücknehmen wollten. Sie handelten ihm fünfundzwanzig Francs für jeden Meter ab, wie die Modehändler nur vier Francs für etwas rückvergüten, das sie Tags zuvor für fünf Francs verkauft haben. Zwei Tage später sah Saccard voll Schmerz, wie eine ganze Armee von Bauarbeitern mit Dielenbrettern ihren Einzug auf dem umzäunten Gelände hielt und auf dem »wertlosen Schutt« des Fundaments weiterbaute.
    Er spielte also vor seiner Frau den Bedrängten um so besser, je schlimmer sich seine Angelegenheiten tatsächlich verwirrten. Er war nicht der Mann danach, aus Liebe zur Wahrheit Geständnisse abzulegen.
    »Aber, mein Herr«, sagte Renée zweifelnd, »warum haben Sie mir, wenn Sie sich in Schwierigkeiten befinden, die Aigrette und den Halsschmuck gekauft, die Sie, soviel ich weiß, fünfundsechzigtausend Francs kosteten? – Ich habe keine Verwendung für den Schmuck; ich sehe mich genötigt, Sie um die Erlaubnis zu bitten, ihn zu verkaufen, um Worms eine Anzahlung zu leisten.«
    »Nur das nicht!« rief er erschreckt aus. »Wenn man Sie morgen auf dem Ball des Ministeriums ohne den Schmuck sähe, würde ein schöner Klatsch über meine Vermögenslage einsetzen …«
    Er spielte an diesem Morgen den Treuherzigen. Schließlich lächelte er, zwinkerte mit den Augen und murmelte: »Liebe Freundin, wir Spekulanten haben, wie die schönen Frauen, unsere Kniffe … Behalten Sie, ich bitte Sie darum, Ihre Aigrette und den Halsschmuck mir zuliebe!«
    Er konnte ihr die Geschichte des Schmucks, die zwar recht hübsch, aber doch etwas gewagt war, nicht erzählen. Saccard und Laure d’Aurigny hatten nach einem Souper einen Handel miteinander abgeschlossen: Laure steckte bis über die Ohren in Schulden und hatte nur noch den einen Gedanken, einen netten jungen Mann zu finden, der sie nach London entführte. Saccard seinerseits fühlte den Erdboden unter sich wanken, und seine gehetzte Phantasie suchte nach einem Ausweg, der ihm vor der Öffentlichkeit den Anschein geben sollte, als schwimme er in Gold und Banknoten. Die Dirne und der Spekulant verständigten sich also in ihrer Halbtrunkenheit beim Dessert. Er verfiel auf jenen Diamantenverkauf, der sich in ganz Paris herumsprach und bei dem er mit großem Getöse Schmuck für seine Frau erwarb. Mit dem Erlös dieses Handels, vierhunderttausend Francs ungefähr, gelang es ihm, Laures Gläubiger zufriedenzustellen, obwohl jene ihnen fast das Doppelte schuldig war. Es ist sogar anzunehmen, daß er bei diesem Spiel einen Teil der fünfundsechzigtausend Francs selber wieder einsteckte. Als man sah, wie er die Situation der d’Aurigny in Ordnung brachte, hielt man ihn für ihren Geliebten und nahm an, daß er ihre sämtlichen Schulden bezahle und Tollheiten für sie begehe. Alle Hände streckten sich ihm entgegen, sein Kredit stieg wieder mächtig, und an der Börse neckte man ihn mit seiner Liebschaft, lächelte ihm zu, machte

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