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Die Bleiche Hand Des Schicksals

Die Bleiche Hand Des Schicksals

Titel: Die Bleiche Hand Des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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der ständig verletzte Tiere aufsammelte und versuchte, sie zu behandeln.«
    »Aber Sie wollen nicht Tierarzt werden?«
    Er riskierte ein Grinsen. »Menschen beißen nicht.«
    »Darauf sollten Sie sich nicht verlassen.« Sie erreichten die Ecke und überquerten die Straße, an der sich hinter einer gedrungenen Granitmauer der neue Friedhof befand.
    Da war noch etwas, das er hinter sich lassen wollte: einen Ort, an dem das »Neue« hundert Jahre alt war.
    »Erzählen Sie mir, warum Sie auf der Suche nach einem Stipendium sind«, sagte Mrs. Ketchem, als sie um die Ecke auf die Burgoyne Street abbogen.
    »Meine Familie kann sich kein Studium leisten«, sagte er. Es war demütigend, aber mittlerweile hatte er die Einzelheiten auf so vielen Anträgen und Formularen wiederholt, dass es ihm vorkam, als redete er über einen anderen Allan Rouse. »Ich habe ein Stipendium für Albany und arbeite für den Lebensunterhalt. Ich habe alle möglichen Stipendien für ein Medizinstudium beantragt, aber nicht annähernd genug Geld zusammengekriegt, um alle Ausgaben zu decken. Außerdem reicht es nur für das Studium. Wenn es Zeit für meine Facharztausbildung ist, wird mir nichts anderes übrigbleiben, als wiederum Geld aufzutreiben.«
    »Könnten Sie nicht während des Studiums arbeiten?«
    »Nicht, wenn ich etwas lernen möchte.« Er blickte sie an, versuchte sie zu überzeugen. »Die medizinischen Fachbereiche akzeptieren nur die Allerbesten. Man muss anwesend sein und jeden Tag hundert Prozent geben, wenn man mithalten will. Ich will nicht nur mithalten, ich will der Beste sein.«
    Sie zog eine ergraute Braue hoch. »Warum verpflichten Sie sich nicht bei der Armee? Die kommt für alles auf. Ein Jahr Dienst für jedes Ausbildungsjahr, ist es nicht so?«
    Seine Finger krampften sich um den Saum von Elliots Mantel. »Ich hatte einen älteren Bruder bei den Marines. Er ist vor drei Jahren in Korea gefallen. Es würde meine Eltern umbringen, wenn sich noch einer von uns freiwillig meldet.«
    »Das tut mir leid«, sagte sie. Sie erreichten die Ecke Pine Street, und Mrs. Ketchum blieb stehen, die Spitzen ihrer Schuhe ragten über den Randstein, während ein Mülllaster vorbeischnaufte. »Es ist schwer, ein Kind zu verlieren. Wirklich schwer. Ich kann den Standpunkt Ihrer Eltern verstehen.« Sie ging über die Straße, und er trat hinter ihr über die schmutzigen Schneereste im Rinnstein. »Ihre Eltern haben früher hier gelebt, nicht wahr?«
    »Ja, Ma’am, ich habe an der Millers Kill High meinen Abschluss gemacht.« Er legte den Kopf in den Nacken und sah zum Himmel hoch, über den schwere graue Wolken hinwegeilten. »Mein Vater arbeitete in der Fabrik, bis sie geschlossen wurde. Sie sind vor ein paar Jahren nach Johnston gezogen.«
    »Diese Stadt hat schwere Zeiten hinter sich. Ich kann Ihnen ruhig verraten, dass ich unter anderem aus diesem Grund Dr. Farnsworth gesagt habe, ich würde mit Ihnen sprechen. Ich habe der Stadt das Gebäude für die Klinik geschenkt – musste es ihr praktisch aufzwingen – und die Farm meiner Schwiegereltern, die ich geerbt habe, damit Geld da ist, um den Unterhalt zu finanzieren. Aber ich kann den Stadtrat nicht zwingen, genug Geld auszuspucken, um auf Dauer einen Arzt einzustellen. Wenn das Klinikpersonal nicht umsonst Extraschichten einlegen würde, hätten wir längst dichtmachen müssen.«
    Sie verfiel in Schweigen. Sollte er die Gelegenheit nutzen? Ihr versichern, wie sehr es ihn verlangte, als Dr. Rouse in die Stadt zurückzukehren und sich um ihre Klinik zu kümmern? Sie sah aus, als dächte sie über etwas nach. Vielleicht sollte er einfach den Mund halten.
    Sie gelangten zur Elm Street. »Hier entlang«, sagte sie. Sie schwieg, während sie weitergingen. Er liebte die Elm Street, liebte die großzügigen breiten Rasenflächen und die schimmernden neuen Wagen, die aus alten Kutscherhäusern hervorlugten oder in den Auffahrten parkten. Die gewaltigen Ulmen, die ihn als Kind in Staunen versetzt hatten, waren eingegangen und durch junge Bäume ersetzt worden, die neben den zweiund dreistöckigen Häusern klein und deplaziert wirkten. Trotzdem strahlte die Straße dieselbe Sicherheit aus, die er an einigen der Studenten an der Universität in Albany wahrgenommen hatte, denjenigen, die nie innehalten und nachdenken mussten, ob sie sich eine Pizza leisten konnten oder das Taxi nach Hause am Ende eines langen Abends. Die Sicherheit, die er sich selbst wünschte. Er fragte sich, ob einige der Häuser

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