Die Bruderschaft der Woelfe
damit wir sehen, was auf uns zukommt.«
Seine Flammenweber drehten sich um und malten am Ende des Damms Runen in die Luft.
Der dichte Nebel um sie herum sank für einen Augenblick in sich zusammen, strömte dann jedoch wieder zurück. Die Frowth-Riesen wateten durch hüfthohen Dunst, derweil die Krieger auf ihren Pferden kaum den Kopf herausstecken konnten.
Meilen hinter ihnen hörte Roland Männer schreien, und Pferde wieherten vor Angst. Raj Ahtens Truppen hielten in Carris Einzug. Kriegshörner bliesen zum Rückzug.
Und mit diesem Lärm drang ein weiteres Geräusch über die Felder vor: das surrende Zischeln, welches die Greifer erzeugten, wenn die Luft aus ihren Bäuchen strömte, dazu das Krachen ihrer dicken Bauchschilde, die auf ihrem Sturm über die Erde gegen Steine stießen.
Die Greifer kamen, und Raj Ahtens Truppen rannten durch den Nebel auf sie zu, während andere sich in die Burg drängten. In langen Reihen marschierten sie vor, verbitterte und müde Ritter auf ihren stolzen Schlachtrossen. Jubel übertönte den Hufschlag und das Klappern der Rüstungen.
Roland blickte über die Zinnen nach unten. Die Flammenweber hatten noch nicht allen Nebel vertrieben, denn das konnte nicht in wenigen Momenten bewerkstelligt werden.
Am frühen Morgen und bei all der feuchten Erde hatte sich der Nebel ausgebreitet und bedeckte den Boden nun über Meilen hinweg in jede Richtung.
Lange Minuten wartete Roland mit einem höchst unguten Gefühl im Bauch. Kalter heftiger Regen prasselte auf ihn herab und durchnäßte sein dünnes Gewand. Die Männer um ihn herum hüllten sich eng in ihre Mäntel und hielten die Schilde über den Kopf, als handele es sich bei den Regentropfen um einen tödlichen Pfeilhagel. Der winzige Schild, den man Roland ausgehändigt hatte, bedeckte hingegen kaum seinen Kopf.
Über ihnen zischten weitere Gree wie von Schleudern
abgeschossen in riesigen Schwärmen vorbei. Angesichts des magischen Nebels vor den Mauern und der natürlichen Wolken oben erschien Roland sein Standort höchst
eigentümlich, gar exotisch. Im trüben Dunst flatterten Möwen und Krähen und Tauben herum, die der Tumult aufgescheucht hatte.
Nachdem die erste Begeisterung sich legte und die Kraft von Raj Ahtens Stimme nachließ, zitterte Roland plötzlich.
Als würde er plötzlich aus einem Traum erwachen, wurde ihm unvermittelt bewußt, daß er seinem vorherigen Herrn abgeschworen hatte, daß er Raj Ahten erlaubt hatte, die Stadt kampflos einzunehmen.
»Was hat das zu bedeuten?« fragte Roland Baron Poll.
»Wenn nun der Erdkönig kommt? Wird man uns zwingen,
gegen ihn ins Feld zu ziehen?«
»Das denke ich doch«, antwortete Poll. Er spuckte über den Rand der Mauer in den Nebel. So ruhig, wie sich der Baron gab, war er wohl bereits zu der gleichen Einsicht gelangt, die ihn hingegen nicht sonderlich aufzuregen schien.
Roland legte sein ganzes Selbstvertrauen in seine Stimme und entgegnete: »Ich werde das nicht tun. Gegen den Erdkönig werde ich nicht kämpfen.«
»Ihr tut, was man Euch befiehlt«, sagte Baron Poll. »Wenn Raj Ahten Euch den Eid abgenommen hat, werdet Ihr sein Mann sein.«
Das war also der Gang der Dinge. Sobald der Wolflord die Burg in seinen Händen hatte, würde er die Soldaten vor die Wahl stellen: Entweder schworen sie ihm die Treue, oder sie würden sterben.
»Ich bin Ordens Mann. Ich werde mich nicht selbst
verleugnen!« erwiderte Roland. »Und bestimmt werde ich das Schwert nicht gegen meinen eigenen König erheben!«
»Tja, es ist Euer Eid und Euer Leben«, gab Baron Poll nüchtern zurück. »Glaubt mir, ein kluger Mann schwört rasch Treue – und nimmt seinen Eid genauso rasch zurück.«
»Ich habe nie von mir behauptet, ein kluger Mann zu sein«, antwortete Roland. Das stimmte. Er konnte nicht lesen und nicht rechnen. Auf die Vorwürfe seines zänkischen Weibs waren ihm nie die rechten Erwiderungen eingefallen. Und beinahe hätte er in diesem Nebel nicht einmal nach Carris gefunden.
Doch treu war er stets gewesen.
»Hört zu«, sagte der Baron eindringlich. »Leistet Raj Ahten einen Eid. Und wenn der Erdkönig eintrifft, müßt Ihr ja nicht unbedingt voller Begeisterung kämpfen. Ihr braucht nur ein bißchen zu knurren und feindselig mit dem Schwert zu fuchteln und verlangen, sie sollten hingehen, wo der Pfeffer wächst. Ihr müßt kein Blut vergießen!«
»Raj Ahten soll hingehen, wo der Pfeffer wächst«, antwortete Roland und packte sein Schwert.
Aber als die Krieger des
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