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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Einer der älteren Teilhaber will verkaufen. Wir entschädigen ihn anderweitig.«
    »So viel Geld habe ich nicht.«
    »Das ist mir klar. Skavlan hat mir erzählt, was Ingenieure hier oben verdienen. Aber dass du im Augenblick kein Geld hast, ist kein Problem.«
    Lauritz bemühte sich, seine Enttäuschung darüber zu verbergen, dass er sich diese großartige Gelegenheit entgehen lassen musste, und seine Verblüffung, wie unbekümmert Kjetil Haugen über seinen Geldmangel hinwegsah.
    »Wieso ist es kein Problem, dass ich mir das nicht leisten kann?«, fragte er so ruhig und gleichmütig wie möglich.
    »Du kannst dir das Geld leihen, und auch das ist kein Problem.«
    »Und wer würde mir so viel Geld leihen?«
    »Bergens Privatbank. Ich bestätige dir schriftlich, dass wir dir eine Anstellung bei Horneman & Haugen garantieren. Sicherheiten sind keine erforderlich.«

    An diesem Abend kehrte er leichten Schrittes nach Hallingskeid zurück. Das Wetter war ungemütlich, nur wenige Grad über null und Schneeregen, aber er hatte das Gefühl, durch strahlende, milde Junisonne zu spazieren, nachdem das grelle Frühlingslicht endlich verschwunden war.
    Immer wieder dachte er über das Angebot nach, ohne einen Haken zu entdecken. Was geschehen war, kam ihm wie ein Geschenk des Himmels vor. Endlich konnte er Ingeborg in seinem nächsten Brief eine wirklich gute Neuigkeit überbringen. Er würde Teilhaber des führenden
Bauunternehmens in Bergen werden. Sein Leben hatte sich im Laufe eines kurzen Gesprächs verändert. Das war ein seltsames Gefühl.
    Ingeborgs Vater, der Baron, hatte mit gewisser väterlicher Logik, das musste man zugeben, Lauritz’ Armut als Hinderungsgrund für eine Eheschließung genannt. Keine derer von Freital vermählte sich derart weit unter ihrem Stand. Nicht nur aus historischen Gründen, davon könne man absehen, Wikingerblut sei ebenso gut wie blaues Blut, vielleicht sogar besser und überlebensfähiger. Armut jedoch sei unverzeihlich. Auf Dauer könne nicht einmal die verzückteste jugendliche Liebe eine solch kalte Wirklichkeit überdauern.
    Der Baron war ebenso unerbittlich wie freundlich gewesen, als er seine Ansichten zu diesem Thema unterbreitet hatte.
    Die Teilhaberschaft an einem Bauunternehmen im exotisch fernen Bergen entsprach wohl kaum den Vorstellungen des Barons von geordneten Finanzen, war jedoch schon einmal etwas ganz anderes als seine bisherige Armut.
    Wieder hatte er dieses Gefühl, ein Wunder erlebt zu haben. Er war in der Früh als ein Mann aufgestanden, der kaum mehr als die Kleider auf dem Leib und 1800 Kronen auf einem Sparbuch besaß. Als zukünftiger Großbürger Bergens mit geordneten Finanzen würde er zu Bett gehen. Dazu kamen seine Zukunftsaussichten. Die Behauptung Kjetil Haugens, dass in den kommenden Jahren in der Region Bergen sehr viel gebaut werde und ihm dann zwanzig Prozent des erwirtschafteten Gewinns zufallen würden, zuzüglich seines vermutlich großzügigen Gehalts, traf sicherlich zu.
    Er konnte sich keine konkrete Vorstellung davon machen, was das bedeutete, da er bislang keine Veranlassung gehabt hatte, in solchen Bahnen zu denken. Aber vermutlich würde es selbst einem Adelsfräulein aus Sachsen ein angemessenes, »anständiges Leben«, wie es der Baron mit Vorliebe ausdrückte, ermöglichen.
    Unbewusst hatte er seine Schritte beschleunigt. Er wollte seine neuen Zukunftsaussichten sehr gerne noch mit Olav Berner beim Abendessen in Hallingskeid diskutieren. Berner war viele Jahre als Bauingenieur in Westnorwegen tätig gewesen und kannte Horneman & Haugen natürlich sehr gut. Er würde vielleicht konkretisieren können, was sich Oscar hinsichtlich seiner Teilhaberschaft an einer so angesehenen Firma nur ausmalen konnte.
    Oder sollte er lieber schweigen?
    Seine Bedenken meldeten sich vollkommen überraschend. Schweigen? Warum denn? Er verlangsamte seine Schritte.
    Es könnte vermessen wirken, an einem ganz normalen Abend nach Hause zu kommen und damit zu prahlen, wie er mit einem einzigen riesigen Schritt alle anderen Ingenieure der Bergenbahn hinter sich lassen würde. Das war ungerecht. Es gab keinen guten Grund, warum gerade er nach nur wenigen Berufsjahren so viel mehr bekommen sollte als alle anderen. Möglicherweise hätte der assistierende Ingenieur in Hallingskeid Ole Guttormsen nichts dagegen einzuwenden, aber der Abteilungsingenieur Olav Berner, der ein gutes Stück über fünfzig war?
    Er wurde immer langsamer. Der angebornen Farbe der

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