Die Brueder des Kreuzes
Warum fragst du mich so etwas?«
»Verzeih mir. Ich habe festgestellt, dass die meisten Menschen sie hassen. Sie nennen sie die Christusmörder.«
André runzelte die Stirn, und als er weitersprach, war seine Stimme sehr leise.
»Richard … Richard mag die Juden nicht.«
Tief in Henrys Innerem breitete sich Erleichterung aus.
»Ich verstehe. Und das ist es, was du unangenehm findest?«
Weil er keine Antwort von André erwartete, fuhr er fort.
»Angesichts der Verehrung, die du dem Mann entgegenbringst, ist es zwar verständlich, dass du enttäuscht bist – doch der Judenhass ist weit verbreitet, nicht nur hier in Anjou und Aquitanien, sondern in der ganzen Christenwelt. Er wird von der Kirche gebilligt und oft sogar angefacht.«
Er hielt kurz inne und überlegte.
»Ich muss dich also fragen, ob du dieses Phänomen im Allgemeinen geschmacklos findest oder nur bei Richard.«
»Er ist der König, Vater. Sein Verhalten dient all seinen Untertanen als Beispiel. Und in England sind viele dieser Untertanen Juden.«
»Langsam, langsam.«
Sein Vater hob die Hand.
»Dem würden viele Menschen widersprechen und dir sagen, dass ein Jude ein Jude ist, ganz gleich, wo er lebt. Sie leben abgeschottet innerhalb der Einschränkungen ihrer merkwürdigen Religion, verdienen am Zinswucher mit Christen, würden aber nie einem Christen ihren Beistand anbieten. Solange dies so ist, werden die Juden Englands immer Juden sein und niemals Engländer, genau wie ihre Gesinnungsgenossen hier niemals Aquitanier oder Franzosen sein werden.«
André hatte seinen Vater während dieser Worte stirnrunzelnd angesehen. Jetzt nickte er.
»Das könnte man natürlich sagen … aber glaubst du das wirklich, Vater?«
Sie Henry tat die Frage mit einer knappen Geste ab.
»Das spielt keine große Rolle – allerdings glaube ich es nicht. Das, worum es hier geht, ist die Tatsache, dass deine Überzeugungen denen des Königs widersprechen. Befassen wir uns also damit.«
André wandte den Blick von seinem Vater ab, hob seinen Becher und leerte ihn in einem Zug fast bis zur Hälfte.
»Das ist leicht gesagt. Ich scheine aber nicht in der Lage zu sein, mich klaren Kopfes damit zu befassen, zumindest im Moment nicht.«
Nun war es an Henry, sich abzuwenden und in die Flammen zu blicken, um seine Gedanken zu ordnen, bevor er sie seinem Sohn vortrug. Er rieb sich mit dem Finger über die Nasenspitze.
»Habe ich dir je von Karel erzählt?«
»Von Karel aus Dalmatien, dem Magyaren? Dem Lehrer deiner Kinderzeit?«
André lächelte.
»Ja, du hast mir viel von ihm erzählt, aber ich habe dich nicht mehr von ihm sprechen hören, seit ich selbst noch klein war. Ich weiß noch, dass du oft gesagt hast, dass mehr in Karel steckte, als er anderen zeigte.«
»Die meisten Leute haben nur den merkwürdigen Fremden in ihm gesehen, den Mann mit dem buschigen Haar, den kleinen Augen und der umständlichen Sprechweise. Niemand ist je auf die Idee gekommen, hinter diese Fassade zu blicken. Denn das war es: ein Vorwand, eine Maske, die er vor sich gehalten hat, um den wirklichen Karel vor der Aufmerksamkeit jener zu schützen, die für ihn Dummköpfe waren.«
André legte den Kopf schief, und eine Miene sanfter Belustigung huschte über sein Gesicht.
»Dann hat er wohl die meisten Menschen für Dummköpfe gehalten?«
»Ja. Und mit seinem Maßstab gemessen, hatte er recht, denn für Karel war Dummheit dasselbe wie Frivolität, und die meisten Menschen benehmen sich lieber frivol als ernst. Karel war Rechtsanwalt gewesen, lange bevor er daran gedacht hat, Soldat zu werden. Er stammte aus einer vermögenden, einflussreichen Familie und ist als Junge irgendeinem Bischof aufgefallen, der ihn nach Rom geschickt hat, wo er am päpstlichen Hof erzogen werden sollte. Dort stellte sich heraus, dass er Talent für Gesetzesfragen hatte, und er hat sich schnell einen Namen gemacht und es in jungen Jahren sehr weit gebracht –«
Er brach ab und zögerte, lächelte jedoch.
»Ich vermute, dass er außerdem ein sehr hochrangiger Priester gewesen ist. Dann jedoch muss sich irgendeine Katastrophe ereignet haben. Er muss irgendetwas in Rom erlebt haben, das ihn so sehr angewidert hat, dass er Rom und allem, was ihm die Stadt bedeutet hat, den Rücken zugekehrt hat. Danach hat er sich an einen Ort zurückgezogen, an dem niemand nach einem Kirchenoberen und einem Advokaten suchen würde. Er hat zur Waffe gegriffen und ist Söldner geworden.«
Das, so sagte Henry, war im Jahr
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