Die Brueder des Kreuzes
Tempelritter gegeben, auch wenn dies nicht allgemein bekannt war und die meisten Menschen die Templer für allgegenwärtig und unermüdlich halten. Doch ihre Verluste der letzten Zeit summieren sich auf über fünfhundert, und ihnen ist nur ein Bruchteil ihrer früheren Stärke geblieben. Daher ist der Orden äußerst interessiert an geeigneten Rekruten.«
Er richtete den Blick direkt auf André.
»Sie suchen junge Ritter, die keine Schulden oder andere irdische Verantwortlichkeiten haben und an Körper und Geist gesund sind. Meint Ihr, diese Beschreibung trifft auf Euch zu, mein junger Freund?«
André zuckte mit den Achseln. Seine Miene war beklommen.
»Sie könnte zutreffen, Mylord, wenn nicht dieser Schatten über mir hinge.«
»Dieser Schatten wurde soeben verbannt. Vergesst, dass es ihn je gegeben hat.«
»Ich wünschte, das könnte ich, Herr. Doch selbst wenn es mir gelänge, ihn zu vergessen, würden sich andere immer noch davon erzählen, vielleicht sogar in Outremer, und der Templerorden ist für seine Strenge bei der Auswahl seiner Rekruten bekannt. Wenn ich das so offen sagen darf, habe ich gehört, dass nicht einmal Könige oder Herzöge die Macht haben, dem Orden ihren Willen aufzuzwingen.«
Henry St. Clair erstarrte bei diesen Worten seines Sohnes, die Richard nur in Rage versetzen konnten, doch der Herzog lächelte lediglich.
»Das ist absolut wahr, und normalerweise würde Euch mein Einfluss bei der Aufnahme in den Orden kaum von Nutzen sein. Aber betrachtetet bitte noch einmal meinen Freund Robert de Sablé hier und glaubt mir, wenn ich Euch sage, dass mehr in ihm steckt, als man auf den ersten Blick ahnt. Zum einen ist er einer der fähigsten Seefahrer der gesamten Christenwelt, auch wenn dies momentan in seinem Leben keine Rolle spielt.«
Er sah de Sablé mit fragend hochgezogener Augenbraue an, und der Ritter nickte ihm zu, als bejahte er eine unausgesprochene Frage. Richard grinste breit, wandte sich wieder den anderen zu und zog einen langen Dolch aus seinem Gürtel, den er in die Luft warf und ihn wieder auffing. Dies wiederholte er noch zweimal, beobachtet von den anderen, die sich fragten, was als Nächstes kommen würde.
»Ich kann Euch beiden ein Geheimnis verraten. Genau wie Ihr, André, ist auch Sir Robert kein Mitglied des Templerordens.«
Er fuhr plötzlich herum und warf den Dolch gegen eine der Holzsäulen, die die hohe Decke über ihnen trugen. Die Waffe durchquerte den Raum als verschwommener Blitz und rammte sich dann mit der Spitze in das harte Holz. In der darauffolgenden Stille schlenderte Richard zu der Säule hinüber und zog die Klinge heraus. Er warf einen kritischen Blick auf ihre Spitze, bevor er die Waffe wieder in die Scheide steckte.
»Doch der Oberenrat der Templer hat Sir Robert eingeladen , dem Orden beizutreten , und zwar nicht nur als gewöhnlicher Ritter, sondern als neuer Großmeister des Tempels an die Stelle Gerard de Rideforts zu treten, der wieder einmal vermisst wird und von dem man annimmt, dass er im Kampf gefangen genommen wurde und sehr wahrscheinlich tot ist.«
Wieder grinste er, diesmal voller Genugtuung angesichts der offenen Münder beider St. Clairs, deren Köpfe sich jetzt langsam de Sablé zuwandten. Als er der Meinung war, dass sie genug gegafft hatten und hinreichend beeindruckt waren, fuhr Richard fort.
»Lasst mich wiederholen, er ist vom Oberenrat des Templerordens eingeladen worden, dem Orden beizutreten. Eine solche Einladung hat es noch nie gegeben, denn der Tempel hat stets mit großem Eifer – und großer Eifersucht – darüber gewacht, wem er den Zutritt gewährt. Für Euch bekommt dies besondere Bedeutung, Sir André, weil dadurch die Möglichkeit wächst – und auch die Wahrscheinlichkeit, da Sir Robert ja von Eurer Unschuld überzeugt ist –, dass Ihr schon vor Eurer Abreise aus Frankreich in den Orden aufgenommen werden könntet, als Novize ohne formelles Gelübde. So könntet Ihr beide gemeinsam in meinem Gefolge reisen, bis wir das Heilige Land erreichen, und Euch unterwegs auf Eure jeweiligen Aufgaben vorbereiten, sodass Ihr, André, bei unserer Ankunft dem Orden als gewöhnlicher Ritter beitreten und Ihr, Henry, Euren Dienst bei mir antreten könnt.«
Henry St. Clair verneigte sich tief.
»Hervorragend«, sagte der Herzog. »Nun wollen wir uns unseren Aufgaben widmen. Zunächst dieser scheinheilige Abt Thomas. Er mag ja nicht viel Gottesfurcht in sich tragen, doch ich schwöre bei Gott, dass er heute noch
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