Die Bücher und das Paradies
wetteifern, den ich nur
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an Bescheidenheit übertreffen will)2 selbst herausfinden
lassen, wie beide Motive vierzig Jahre später im
Foucaultschen Pendel ausgebeutet worden sind.
Zwischendurch schrieb ich auch Uralte Geschichten vom
jungen Universum , deren Protagonisten die Erde und die anderen Planeten kurz nach der Entstehung des Kosmos
waren, erfüllt von wechselseitigen Eifersüchten und
Leidenschaften. In einer Geschichte verliebte sich Venus
in das Sonnengestirn (das bei uns bekanntlich maskulin
ist), riß sich mit äußerster Anstrengung aus ihrer
Umlaufbahn und stürzte sich ihm entgegen, um in der
glühenden Masse des Geliebten zu vergehen. Meine
einfältigen kleinen Cosmicomics.
Mit sechzehn entdeckte ich die Liebe zur Dichtung. Ich
verschlang die Hermetiker, aber mein Herz schlug für die
Neoklassizisten der Ronda , und im großen ganzen hielt ich mich an Cardarelli. Ich kann nicht mehr rekonstruieren, ob
es der Drang nach Poesie war (zur selben Zeit entdeckte
ich Chopin), der das Erwachen meiner ersten,
uneingestandenen und platonischen Liebe determinierte,
oder umgekehrt. Die Verbindung war in jedem Fall
desaströs, und nicht einmal die zärtlichste und
narzißtischste Nostalgie erlaubt mir heute, zu jenen
Versuchen zurückzukehren, ohne tiefe und begründete
Scham zu empfinden. Doch aus jener Erfahrung muß mir
auch eine strenge kritische Moralität erwachsen sein: jene,
die mich im Laufe weniger Jahre zu der Erkenntnis
brachte, daß meine Lyrik denselben funktionalen
Ursprung und dieselbe formale Konfiguration wie die
2 Anspielung auf eine berühmte Stelle im 1. Kapitel der Promessi Sposi , wo Manzoni ironisch seine »fünfundzwanzig Leser«
anspricht (A. d. Ü.).
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Pubertätsakne hatte. Daher die Entscheidung (an die ich
mich drei Jahrzehnte lang gehalten habe), vom
sogenannten kreativen Schreiben abzulassen und mich auf
die philosophische Reflexion und die essayistische
Tätigkeit zu beschränken.
Der Essayist und der Erzähler
Eine Entscheidung, die ich über dreißig Jahre lang nie
bedauert habe. Soll heißen, ich habe nicht zu denen gehört,
die dazu verurteilt sind, wissenschaftliche Bücher zu
schreiben, während sie innerlich vom glühenden Wunsch
verzehrt werden, in die Kunst überzuwechseln. Ich
empfand mich durchaus als selbstverwirklicht, ja ich sah
mit einem Anflug von platonischer Verachtung auf die
Poeten herab und betrachtete sie als Gefangene ihrer Lüge,
Nachahmer von Nachgeahmtem, unfähig zu jener Sicht
der hyperuranischen Idee, mit der ich – als Philosoph –
täglich keusch und gelassen zu verkehren das Gefühl
hatte.
Tatsächlich war ich, wie ich mir heute bewußt mache,
zur gleichen Zeit dabei, eine narrative Passion zu
befriedigen, ohne es zu bemerken, und zwar auf drei
Arten. Erstens durch eine ständige Übung in mündlichem
Erzählen (mir fehlten sehr meine jüngeren Geschwister,
denen ich, als sie größer wurden, keine Märchen mehr
erzählen konnte). Zweitens durch das Spiel mit
literarischen Parodien und pastiches verschiedener Art (die sich in meinem Ende der fünfziger bis Anfang der
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sechziger Jahre entstandenen Diario minimo 3 nieder-
geschlagen haben). Und drittens, indem ich aus jedem
kritischen Essay eine Erzählung machte. Diesen Punkt
muß ich genauer erklären, denn ich halte ihn für wesent-
lich zum Verständnis sowohl meiner essayistischen Tätig-
keit als auch meiner (späten) Zukunft als Erzähler.
In der mündlichen Diskussion meiner Doktorarbeit über
das Ästhetikproblem bei Thomas von Aquin war ich sehr
verblüfft über einen Einwand des zweiten Berichterstatters
(Augusto Guzzo, der dann jedoch meine Arbeit so publi-
zierte, wie sie war): Im Grunde, sagte er, hast du die ver-
schiedenen Phasen deiner Forschung so in Szene gesetzt,
als ob es sich um eine kriminalistische Untersuchung
handelte, mit Erörterung auch der falschen Fährten, der
Hypothesen, die du später verworfen hast, während der
reife Forscher diese Erfahrungen wegsteckt und der
Öffentlichkeit in der Endfassung nur die Ergebnisse prä-
sentiert. Ich gab zu, daß meine Arbeit ganz so war, wie er
sagte, aber ich empfand das nicht als einen Mangel. Im
Gegenteil, gerade damals gelangte ich zu der Überzeu-
gung, daß jede Forschung auf diese Weise »erzählt«
werden muß. Und so glaube ich es auch in allen meinen
späteren theoretischen und essayistischen Werken getan zu
haben.
Ich konnte also
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