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Die Büro-Alltags-Bibel

Die Büro-Alltags-Bibel

Titel: Die Büro-Alltags-Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Mai
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gar nicht in dem beklagten Ausmaß. Stress kann ebenso eine listige Machtstrategie sein, was nebenbei bemerkt, nicht einmal eine neuzeitliche Taktik ist. Schon unsere Urzeitvorfahren wurden aus gutem Grund soziale Wesen. In ihren Clans konnten sie besser jagen, die Arbeit besser verteilen und sich nachhaltiger gegen Feinde wehren. Den Gruppenvorteil bezahlten sie dafür mit Gruppenstress. In den Sippen entstand Wettbewerb – um Nahrung, Wohnraum, Sexualpartner. Das ist bis heute so geblieben, nur geht es in den Bürocliquen eher um Macht, Status und Hierarchien. Trotzdem wird auch da mit Stress manipuliert: Ein bisschen Strapaze zu zeigen, macht heute wie vor 8000 Jahren unverdächtig, weckt bei anderen Sympathien und lullt dominante Alpha-Typen ein. Kurzum: Druck zu haben, kann genauso gut eine Unterwerfungsgeste sein, ein Signal an den Ranghöheren: »Du darfst mir Stress machen!« Oder es ist eine indirekte, moralisierende Form der Kritik am Chef, Motto: »Das wird mir jetzt echt zu viel!« Man kann das infantil finden, was es auch ist. Aber ganz häufig funktionieren Gruppen nur so. Mit einerAusnahme: An der Spitze des Unternehmens ist Stress noch immer ein Tabu. Wer leitet, leidet nicht – schon gar nicht unter Druck.
    Gewiss, so ein taktisches Schweigegelübde verhindert nichts. Im Gegenteil: Es ist wie in einem Schnellkochtopf – unter verschlossenem Deckel steigt die Pression nur schneller. Allerdings werden nicht alle davon krank. Per se ist Stress nämlich gar keine so schlechte Sache, denn er mobilisiert Kräfte. Schon dem Urmenschen diente er bei Gefahr dazu, binnen Sekunden sämtliche Leistungsreserven anzuzapfen und so zu überleben. Stress ist also zunächst nichts weiter als ein natürliches Aufputschprogramm, eine Art Biodroge – allerdings mit allen üblichen Nebenwirkungen: Wer damit länger in Kontakt bleibt, kommt nur noch schwer wieder runter.
    Lange Jahre hat sich die Stressforschung vor allem mit akutem Stress und seiner Wirkung auf den Organismus beschäftigt. Dank der Hirn- und Hormonforschung wissen wir inzwischen aber, dass der chronische Stress die größere Wirkung hat. Er hinterlässt Spuren im Gehirn und führt zu merklichen Gewebeveränderungen. Auf Dauer gesellt sich zum normalen vegetativen Stress der schädliche oxidative, der das Immunsystem schwächt. Dabei wird zu viel Sauerstoff verbrannt. Als Folgeprodukt entstehen freie Radikale, die die Wände von Nerven- und Gehirnzellen angreifen sowie Körperzellen bis zur genetischen Information schädigen können. Die körpereigene Abwehr wird obendrein unterwandert, möglichen Infektionen öffnen sich Tür und Tor. Selbst Diabetes und Osteoporose lassen sich heute teilweise auf Permastress zurückführen. Warum das so ist, wird vielleicht etwas klarer, wenn Sie sich vor Augen führen, was bei Stress im Körper genau abläuft. Allein das Verständnis hierüber kann ein erster Schritt sein, um mit aufkommendem Psychodruck künftig besser umzugehen. Deshalb an dieser Stelle eine kleine Ablaufübersicht:
Alarm! Sobald eine Art Gefahr droht, steigt der Stresspegel und bringt den Körper binnen Sekunden auf Hochtouren. Zuerst aktiviert das Gehirn das autonome Nervensystem und damit die beiden Nervenstränge des Sympathikus (Kampf / Flucht) sowie des Parasympathikus (Erholung / Verdauung), die alle Organe im Körper steuern.
Der Sympathikus benachrichtigt die Nebennieren – ein kleines Organ, das wie eine Kappe über den Nieren sitzt. Im Nebennierenmark wird der Botenstoff (auch
Neurotransmitter
genannt) Adrenalin freigesetzt; gleichzeitig wird der Botenstoff Noradrenalin aus den Nervenendungen des sympathischen Nervensystems ins Blut geschossen. Beide Neurotransmitter verteilen sich blitzartig im Körper. Sie lenken die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen. Ergebnis: Alles funktioniert flotter. Das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt, die Muskeln werden optimal mit Sauerstoff versorgt und spannen sich an – bis hin zum sprichwörtlichen Zittern vor Angst. Zugleich wird über das Adrenalin der Speichelfluss vermindert. Deshalb bleibt einem unter Stress oft die Spucke weg. Ebenso werden Zucker- und Fettreserven im Körper mobilisiert. Das Gehirn bekommt volle Energie und ist hellwach: Denkleistung und Entscheidungsgeschwindigkeit erhöhen sich enorm.
Die Pupillen weiten sich, um mehr Licht durchzulassen. Im Extremfall kann es dadurch zu verschwommenem Sehen und Störbildern kommen.
Parallel wird das Blut in die

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