Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby
Hausverwalter erst sie, dann die offene Terrassentür an.
Chennault brauchte genauso lang, dann legte er ihr die Hand auf die Schulter. »Sind Sie verletzt?«
Sie drückte das Telefon ans Ohr. Ihre Rippen pochten wie wild. Im Gesicht hatte sie eine brennende Abschürfung vom Teppich. Sie konnte nicht schlucken, weil ihre Kehle völlig ausgetrocknet war. »Alles okay.«
Durch die Terrassentür nahm sie eine Bewegung wahr. An den Zylinderputzersträuchern hingen schwere rote Blüten, die wild schwankten, als der Mann in der Balaklava vorbeirannte. Auch Chennault bemerkte es. Nach kurzem Zögern lief er hinaus in den Garten.
»Neun-eins-eins, Notruf.«
»Ich wurde gerade von einem Einbrecher angegriffen.«
Jo folgte Chennault hinaus. Er hatte schon den Garten durchquert und steuerte auf die Sträucher zu. Oben am Hang raschelten die Rhododendronbüsche, als würden sie von einem Bären durchpflügt.
Schnell gab sie dem Beamten die Adresse durch. »Ich habe zu Fuß mit einem anderen Privatmann die Verfolgung aufgenommen.«
Sie fragte sich, was zum Teufel sie da eigentlich machte.
Gleichzeitig dachte sie: Vorsicht, schau dich lieber um. Vielleicht treibt sich da noch jemand rum.
»Bleiben Sie dran, Dr. Beckett«, sagte der Notrufbeamte. »Der Streifenwagen ist schon unterwegs.«
»Nicht für eine Million Dollar würde ich aus der Leitung gehen«, antwortete Jo.
Dann steuerte sie auf die Sträucher zu.
KAPITEL 15
Das Handy ans Ohr gepresst, rannte Jo den Hügel hinter Tasias Haus hinauf. Ihr Herz schlug wie eine Marschtrommel. An ihrem Gesicht peitschten Äste vorbei. Es roch nach feuchter Erde und den muffig stinkenden Kleidern des Angreifers. Über ihr schwankten heftig die Büsche.
»Er ist hundert Meter vor mir, will anscheinend zum Gipfel rauf«, meldete sie dem Notrufbeamten. »Der andere Verfolger ist näher bei ihm.«
Der ganze Hügel war dicht mit Rhododendron bewachsen. Unnatürlich hell schnitt das Sonnenlicht durch die Blätter. Verdammt, wie war der Kerl überhaupt ins Haus gelangt?
Weiter oben bahnte sich Ace Chenault einen Weg durch die Büsche. Unbeholfen, aber entschlossen rückte er dem Unbekannten näher.
»Passen Sie auf, Chennault«, brüllte sie. »Vielleicht ist er bewaffnet.«
Sie hielt das Telefon wieder ans Ohr. »Wir sind bald beim Sutro Tower. Wie lang braucht die Streife noch?«
»Sie sind unterwegs«, antwortete der Beamte.
Plötzlich gab der feuchte Boden unter ihren Füßen nach.
Sie musste sich mit der Hand abstützen, um ihren Fall abzufangen. Der Angreifer verschwand aus ihrem Blickfeld, gefolgt von Chennault. Krachend schlugen sie eine Schneise durch die Sträucher. Sie hob den Arm, um sich vor den Ästen zu schützen, rappelte sich wieder auf und jagte ihnen nach.
Schließlich wurde das Gelände flacher, und sie erreichte ein staubiges Feld. Vorn lagen Eukalyptushaine, dann kam ein Maschendrahtzaun. Dahinter ragte dreihundert Meter hoch in strahlendem Rot und Weiß der Sutro Tower auf.
Der Angreifer lief am Zaun entlang. Trotz seines Gewichts bewegte er sich geschmeidig und erstaunlich leichtfüßig. Mit ungelenken Schritten blieb ihm Chennault auf den Fersen.
»Er flieht nach Westen. Wenn er am Sutro Tower vorbeikommt …« Sie versuchte sich daran zu erinnern, was hinter dem Sendeturm lag. Wiesen, Eukalyptusbäume, steile Schluchten. »… entwischt er uns vielleicht.«
Schwer atmend rannte sie weiter. Auf der anderen Seite des Gipfels schoss der Unbekannte in einen Eukalyptushain und verschwand aus ihrem Gesichtsfeld. Fünf Sekunden später folgte Chennault seinem Beispiel.
Jo sprintete am Sutro Tower vorbei. »Sie sind jetzt hangabwärts im dichten Wald.«
Auf dem Kamm verlangsamte sie ihr Tempo. Der Boden fiel steil ab bis zu Bäumen und wirrem Gestrüpp. Alles war von Schlingpflanzen überwuchert und zerfurcht von ausgewaschenen Rinnen. Ein mindestens dreißig Meter langer, umgestürzter Eukalyptusbaum überspannte eine Schlucht wie eine Brücke.
Achtzig Meter vor ihr preschte Chennault den Hang hinunter, als könnte er gar nicht mehr stoppen. Vom Angreifer
war nichts zu sehen. Hinter Chennault schnappten Zweige zurück und Blätter knirschten, aber nirgends sonst. Plötzlich hatte sie das Gefühl, dass sich ein schwarzer Draht um ihre Brust schnürte.
Sorgfältig suchte sie das Gelände ab. Sie hatte eine feste Regel: Hör auf das Flüstern im Wind, hör auf die leise Stimme, die dich warnt.
Sie legte die hohlen Hände um den Mund. »Chennault,
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