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Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby

Titel: Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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der nächsten Minute nach einer Bandsäge schreist, damit du entweder den Fernseher, den Professor oder dich selbst zerlegen kannst?«
    Bedächtig hakte der Professor die Finger ineinander. »Schauen wir uns doch mal die Fakten an. Sie hat keinen Abschiedsbrief hinterlassen. Sie machte keinen trübsinnigen
Eindruck. Sie war die Hauptattraktion bei einer erfolgreichen Tour. Sie stand im Rampenlicht und wurde von den Fans gefeiert.«
    Ein knochiger Finger schien sich in Jos Magen zu bohren. »Wer ist der Typ?«
    »Lies die Bildunterschrift.«
    Jos Augen zuckten hinab. Caspar Hellmann, forensischer Psychiater.
    »Ihrer Meinung nach hat Tasia also keinen selbstmordgefährdeten Eindruck gemacht?«, fragte die Blondine.
    »Genau.«
    Die Moderatorin nickte bedächtig. Ihr kunstvoll verwehtes und toupiertes Haar bewegte sich wie die Perücke, die Jo zuletzt bei der Sängerin von B-52s gesehen hatte. Ihre unschuldigen blauen Augen blickten aus einem herzförmigen, zuckersüßen Gesicht mit makellos weißen Zähnen. Sie hieß Edie Wilson.
    »Sie denken also, dass die Polizeipsychiaterin falsch liegt«, konstatierte sie.
    »Wir wissen nichts über die Qualifikation dieser ›Psychiaterin‹.« Anführungszeichen in der Luft. »Wir wissen nur, dass Dr. Beckett im Auftrag einer Polizeibehörde handelt, die ein direktes Interesse daran hat, die Frage nach den wahren Schuldigen in diesem Todesfall zu hintertreiben.«
    Edie Wilson wippte heftig auf und ab. »Cui bono.«
    Der forensische Psychiater Professor Hellmann senkte den Kopf, um die Moderatorin über die Schildpattbrille hinweg zu mustern. »Eine alte lateinische Redensart von verblüffender Aktualität.«
    »Von wegen«, fauchte Jo. »Die liest doch nur vom Teleprompter
ab und gibt von sich, was ihr der Produzent in den Ohrhörer quakt. Ich fass es nicht!«
    Edie Wilson legte die Stirn in Falten. »Frauen erschießen sich nicht. Das ist bekannt.« Gedankenschwere Pause. »Könnte es sein, dass sie russisches Roulette gespielt hat?«
    »Ich kann nicht mehr … natürlich erschießen sich auch Frauen … das ist … ach, Scheiße.« Jo knirschte mit den Zähnen.
    »Na los, Beckett, lass ruhig alles raus«, kommentierte Tang.
    Wieder spürte Jo den knochigen Finger, und in ihrem Kopf lärmte ein Geistersingsang: Ätschbätsch, ätschbätsch.
    Doch Tang lachte nicht. Sie klang todernst. »Vielleicht kommst du ja zum gleichen Schluss wie Professor Pontifex. Bist du sicher, dass du ihm widersprechen willst?«
    »Der reißt doch nur die Klappe auf ohne die geringsten Beweise. Sondert plattes, unwissenschaftliches Zeug über Selbstmordgefährdung ab. Über eine Frau, von der er keine Ahnung hat, mit der er sich nicht befasst hat … über meinen Fall .«
    Caspar Hellmann streichelte seinen Spitzbart. »Sie haben völlig Recht, Edie. Cui bono. Wer hat einen Vorteil? Wer hat was von der Behauptung, dass Tasia ihrem Leben ein Ende gesetzt hat?«
    »Eine beängstigende Frage, Professor Hellmann«, antwortete die Blondine.
    »Beängstigend?« Jo krallte die Hand in ihr Haar. »Diese Leute begreifen nicht, welchen Aufruhr sie mit ihren uninformierten Spekulationen bei der Familie des Opfers auslösen. Oder es ist ihnen einfach egal. Tang, das kann mir meine ganze Arbeit vermasseln!«

    Cui bono? Wer profitierte? Doch auf jeden Fall die Aasgeier, die menschliche Tragödien ausschlachteten. Nun konnte es passieren, dass Zeugen Geld von Jo forderten, da sie schließlich auch von den Boulevardblättern bezahlt wurden. Oder sie vertrösteten Jo auf nächste Woche, weil sie zuerst einen Exklusivvertrag mit XYZ einhalten mussten. Und bis dahin hatten sie ihre Geschichte garantiert auf maximale Sensationswirkung und persönliche Publicity getrimmt.
    Sie hörte ein lautes Klopfen an der Haustür. Mit dem Telefon am Ohr stakste sie durch den Flur. »Die spielen zum Spaß Machiavelli. Lassen mich aussehen wie eine Figur bei einem Brettspiel. Sie verstehen sich als Entertainer, aber was sie machen, ist überhaupt nicht komisch.«
    Sie fasste nach der Türklinke. »Bleib dran, es hat geklopft. Wenn es diese Fernsehclowns sind, dann polier ich ihnen gleich die Fresse.«
    »Beckett, du schockierst mich.«
    »Metaphorisch gesprochen, Dummkopf.«
    Sie öffnete die Tür. Auf der Schwelle stand Gabe.

KAPITEL 18
    Er bemerkte sofort, wie geladen sie war, und hob die Hände. »Was hab ich getan?«
    Einen Moment lang blieb sie reglos stehen. Dann löste sie sich aus ihrer Erstarrung und sprang ihm in die Arme.

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