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Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby

Titel: Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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E-Mails. Keine Nachrichten vom Weißen Haus. Aber was hatte sie auch erwartet?
    Sie setzte sich an den Schreibtisch und schaltete Tasia McFarlands Handy ein, um sich durch die beängstigenden E-Mails von Archangel X zu wühlen.
    Die erste war im Februar eingetroffen. Hi, Tasia. Bin ein großer Fan. Hab gerade gelesen, dass du bei der Tour Bad Dogs and Bullets dabei bist. Fantastisch!! Stimmt das alles, was ich so in den Fanzines lese? (Haha.) Wann kommt dein neues Album raus?
    Unterzeichnet war die Nachricht mit NMP .
    Tasia brauchte drei Wochen, aber sie antwortete. Hi, NMP - freut mich, dass du ein Fan bist. Das neue Album erscheint am 30. März. Danke, Tasia.
    Eine halbe Stunde später schrieb NMP zurück. Wow, bist du das wirklich? Ich dachte, so ein Star hat Helfer für die E-Mail-Korrespondenz. Danke wegen Album. Aber was ist mit den Fanzines? Stimmt der ganze Klatsch? NMP .
    Tasia reagierte nicht. Sechs Wochen lang gab es keine
Mails mehr. Doch am 30. April meldete sich Archangel X zurück. Heilige Scheiße, habe gerade die neue Single gehört. Einfach phänomenal. Deine Stimme klingt so frisch. Aber so richtig gespannt bin ich erst auf deine Duette. Mit Kimber Holloway? Searle Lecroix? Wird bestimmt umwerfende Musik. Peace, NMP .
    Fünf Tage später folgte Tasias Antwort. Super, danke!
    Es war, als hätten diese zwei Worte alle Schleusen geöffnet. Zwanzig Minuten darauf setzte NMP eine lange Epistel auf, die Jo nur als Cri de Cœur einordnen konnte. Als den Schrei eines zuckenden, überhitzten Herzens. Da du dich über meine Nachrichten freust, möchte ich dir sagen, dass diese Tour etwas ist, worauf ich schon lange scharf bin.
    Danach schilderte NMP »meine komplizierte Liebe zur Musik, die in der Kindheit aufkeimte und während einer schmerzlichen Jugend zur Blüte gelangte«. Der Ton wurde zusehends intimer, als wäre NMP der Meinung, dass sie nach Tasias oberflächlichen Antworten auf die Mails eines Fans auf vertrautem Fuß miteinander standen.
    Tasia ließ nichts von sich hören.
    NMP schrieb: Hast du meine Nachricht bekommen? Wollte nur sichergehen .
    Auf Tasias Seite herrschte Schweigen. Von NMP folgten mehrere Dutzend Mails mit Links zu netten Videoclips. Doch unter der unbeschwerten Fassade lauerten der Hunger nach Verbindung und der wachsende Anspruch auf Vertrautheit. Die ersten Nachrichten waren lieb und voller Hoffnung, als wollte NMP ein Hündchen dazu bewegen, einen Leckerbissen anzunehmen. Dann entwickelte sich ein gewohnheitsmäßiger Rhythmus: Morgens, mittags und abends sandte NMP Aphorismen und witzige Links.

    Jo rieb sich die Augen. Ihr mulmiges Gefühl wurde immer stärker.
    Anscheinend war Archangel X oder NMP ein Erwachsener. Er klang gebildet, verwendete ganze Sätze und Standardgrammatik. Vermutlich ein Muttersprachler mit Collegehintergrund. Da es sich bei den in den E-Mails erwähnten Musikern ausschließlich um Nashville-Stars handelte, konnte man davon ausgehen, dass seine Hautfarbe weiß war.
    Als er mit seinen Leckerbissen keinen Erfolg hatte, schrieb er schließlich: Ich bin unter der Bezeichnung Archangel X bekannt, weil ich nach dem Erzengel Michael benannt bin. Und ich bin wie er - ein Beschützer. Betrachte mich als Schutzengel. Du kannst mir vertrauen.
    Tasia blieb stumm.
    Die nächsten E-Mails kamen bündelweise, fünfundzwanzig bis dreißig in kürzester Zeit. Ihr Ton wurde zunehmend aufdringlich und gehässig. Online habe ich gelesen, dass du jetzt mit Searle Lecroix zusammen bist. Das stimmt nicht, oder?
    Als Tasia zum dreihundertsten Mal die Antwort schuldig blieb, schrieb NMP: Wer hat dir erlaubt, dich mit Searle zu treffen?
    Jo atmete aus. Ein Stalker, hundertprozentig. Liebst du Searle? Warum machst du das?
    Und zuletzt: Schlampe.
    Nun sah sich Tasia doch zu einer Erwiderung genötigt. Von jetzt an werden deine E-Mails alle gelöscht.
    Die Reaktion von Archangel X ließ nicht lange auf sich warten. Sieh an, sieh an. Hast dich also doch noch zu einer Antwort aufgerafft. Lang genug hat es gedauert, du Feigling. Ich dachte, dass du eine Freundin bist, dass du mich verstehst. Und jetzt so
was? Du erzählst mir, dass du mich »löschst«? Das ist ein Schlag ins Gesicht. Schämst du dich nicht, du dreckige SCHLAMPE?
    Die nächste Mitteilung war eine Liste, die Tasia mit Pol Pot, Lucrezia Borgia, Cruella DeVille und vierhundert anderen Schurken verglich.
    Jo überprüfte Tasias Postausgang. Die Ankündigung, alle Mails zu löschen, war ihre letzte Nachricht. Hatte sie

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