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Die Cassini-Division

Die Cassini-Division

Titel: Die Cassini-Division Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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dabei
bewenden.«
    Ich nickte. Es fiel mir leicht, es dabei bewenden zu lassen,
denn es ergab für mich sowieso keinen Sinn.
    »Um in Ihrer Terminologie zu bleiben«, fuhr Malley
fort, »so glaube ich nicht, dass es vorteilhaft für
uns wäre, die Jupiteraner zu vernichten. Es handelt sich um
eine intelligente und wahrscheinlich mit Gefühlen
ausgestattete Lebensform, und Missachtung der Wissenschaft ist
eine gefährliche Angelegenheit. Ein schlechtes
Präjudiz. Zweitens könnten wir, wie Suze bereits
ausgeführt hat, von einem friedlichen Austausch, sollte er
denn möglich sein, enorm profitieren.«
    Ich starrte ihn erschüttert an. Ich hatte gewusst, dass
er alt war und seit jeher ein Nicht-Kooperateur, doch für
ein Genie kam mir sein Einwand bemerkenswert beschränkt
vor.
    »Zunächst einmal«, sagte ich, »haben
Sie mit Ihrer Bemerkung über intelligentes Leben Recht. Wir
respektieren es, jeder Einzelne von uns, und sei es um unseres
Seelenfriedens willen. Aber nur Menschen sind
empfindungsfähig. Diese Dinge dort draußen sind nichts
weiter als hochgezüchtete Computerprogramme! Sie mögen
intelligent wirken, aber das ist bloße Tarnung. Man kann
mit seinem Raumanzug eine tiefgründige, tiefsinnige
Unterhaltung führen – he, man kann sogar eine sexuelle
Beziehung mit ihm eingehen, wenn man darauf steht –,
trotzdem hält niemand Anzüge für intelligent. Die
Anzüge haben sich im Verlauf einer natürlichen
Selektion einfach so weit entwickelt, bis sie in der Lage waren,
mit Menschen auszukommen. Sollten wir in Kontakt mit den
Jupiteranern treten, würden sie zweifellos einen
intelligenten Eindruck machen, trotzdem empfinden sie mit
Sicherheit ebenso wenig, wie die Augenflecken auf einem
Schmetterlingsflügel sehen.«
    Malley legte den Kopf in den Nacken und lachte
brüllend.
    »Und ihr pfeift auf Ideologie!«, stieß er
hervor, als er sich wieder etwas beruhigt hatte. »Das ist
das engstirnigste Dogma, die beschränkteste Denkweise, der
ich je begegnet bin! Wollen Sie tatsächlich behaupten, kein
Roboter, kein Upload, keine künstliche Intelligenz sei
empfindungsfähig und unser Mitgefühl wert?«
    »Genau«, sagte ich. »Das liegt doch auf der
Hand.«
    »Selbst wenn Sie Recht haben sollten, worin besteht dann
der Nutzen für uns, wenn wir diese blinden
›Schmetterlingsflügel‹ zerquetschen,
häh?«
    »Das will ich Ihnen erklären«, sagte ich
geduldig. »Bislang hat man im Universum noch keine Spuren
von intelligentem Leben entdeckt. Die Sonde der
Außenweltler hat einen weiten Weg zurückgelegt,
trotzdem enthalten die Daten, die sie sendet, nicht einmal die
Andeutung eines entsprechenden Signals. Abgesehen von den
Jupiteranern sind wir allein. Sollten sie uns überlegen
sein, wären wir ihnen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert,
selbst dann, wenn sie uns freundlich gesinnt wären. Ich will
nichts und niemandem ausgeliefert sein. Dies ist unsere beste,
letzte und einzige Chance, uns das Universum zu sichern, und wir
werden sie ergreifen.«
    Malley erhob sich und blickte in die Runde, nicht aufgebracht,
sondern eher nachsichtig; auch ein wenig betrübt, als seien
die Altersschäden, die er bereits überwunden hatte, auf
einmal wieder virulent geworden.
    »Ohne mich«, sagte er.

 
5
Die Lebensform
----
der Zukunft
     
     
    MALLEY MARSCHIERTE ZUR TREPPE UND STIEG zur Kantine hinunter.
Suze stand auf und warf mir einen besorgten Blick zu, dann folgte
sie ihm achselzuckend.
    »Die Sitzung ist beendet«, sagte Yeng. Sie blickte
sich unsicher um, dann beschloss sie, das Beste daraus zu machen.
»Wir sollten allmählich mal ans Mittagessen
denken.«
    Beim Mittagessen ging es normalerweise ganz entspannt zu.
Heute war es anders. Wir hockten einzeln und zu zweien um die
kleinen Tische. Suze saß mit Malley zusammen an der einen
Kantinenwand, ich mit Tony an der anderen. Alle unterhielten sich
in gedämpftem Ton.
    »Meinst du, wir haben es vermasselt?«, fragte
Tony.
    Ich zuckte die Achseln. »Callisto schwirrt wegen der
bevorstehenden Bombardierung nur so von Gerüchten. Wir
hätten es eh nicht vor ihm geheim halten können,
jedenfalls nicht ohne ihn zu isolieren – und das hätte
ihn misstrauisch gemacht – unkooperativ!«
    Tony streichelte sich den Bart und musterte mich forschend.
»Angenommen, wir irren uns«, sagte er leise.
»Wenn ich über unser Vorhaben nachdenke – also,
unter uns gesagt, Ellen, manchmal plagen mich da schon

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