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Die Dämonenfalle

Die Dämonenfalle

Titel: Die Dämonenfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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großartigen Regeln war doch, dass jeder Englisch sprechen müsse – und wir wissen alle, was das heißt .
    Abbey brüllte mir eine Begrüßung entgegen und kam auf mich zu, nein, sie rempelte sich aggressiv den Weg zu mir frei. Sie ist keine kleine Frau, und ihr Fortkommen verursachte einige Empörung unter all den selig lächelnden Leuten. Sie behielt den Ausdruck der Verachtung auch dann noch im Gesicht, als man ihr beleidigte Blicke zuwarf. Ihre Miene wurde weicher, als sie mich umarmte. »Hallo, Genossin Schatz, unser Zug wartet schon auf Bahnsteig drei.«
    Ich folgte ihr widerspruchslos, als sie wieder durch die Menge pflügte. Die Buttons auf ihrer alten Jacke sprangen ins Auge; einer für jede Aktion, jede Demo, an der sie je teilgenommen hatte. Die alternde Pearly Queen der nationalen Protestbewegung.
    Der halbe Bahnhof schien unseren Zug besteigen zu wollen. Abbey kämpfte sich ihren Weg bis zu einem Abteil vor; Schlangestehen schien ihr ein allzu bourgeoises Konzept zu sein. Wir fanden zwei leere Plätze mit Reservierungsvermerken, die wir einfach herausrissen und zu Boden warfen.
    »Was glauben die eigentlich, wohin sie gehen?«, fragte sie mit überlauter Stimme, nachdem wir uns gesetzt hatten. »Murray steht nicht auf ausländischen Bodensatz. Auf keinen Fall wird er zulassen, dass Europas Kiffer ihren Cannabis-Traumauf seinem Lügenplanetenparadies verwirklichen. Man wird sie auf der Stelle zurückschicken, sobald sie vor seinem Loch für Mittelklassewürmer aufkreuzen.«
    »Murrays Regeln sind selbsterneuernd«, wandte ich ein. »Es gibt keine Listen von Leuten, die unerwünscht sind. Und selbst wenn; es wäre schier unmöglich, jeden, der durchgehen will, zu überprüfen. Das ist sowieso alles Psychologie. Versprich diesen Torie-Steuerflüchtlingen, dass die bösen Sozis in New Suffolk nicht willkommen sind, und die Kapitalisten ziehen in Scharen dorthin. Wohingegen wir anderen sehen, wer tatsächlich rübergeht und uns ihnen tunlichst nicht anschließen. Ich meine, wer will schon in deren Welt leben?«
    »Ha! Ich wette, die Sicherheitsdienste haben ihm unsere Namen verkauft im Gegenzug für ein netten Altersruhesitz auf der anderen Seite.«
    Man kann mit Abbey nicht diskutieren, wenn sie in dieser Stimmung ist, was zugegebenermaßen die meiste Zeit der Fall ist.
    Sie holte einen Flachmann unter ihrer Jacke hervor und nahm einen Schluck. »Auch was?«
    Ich betrachtete die verbeulte alte Flasche, wollte schon verneinen. Dann fiel mir ein, dass die Kids ja heute Abend nicht zu Hause waren. Ich war allerdings nicht so cool, einen so großen Schluck wie Abbey zu nehmen. Glücklicherweise. »Jesus, was zum Teufel ist das?«
    »Anständiger russischer Wodka, Kameradin.« Sie lächelte und nahm noch einen. »Nathan ist letzte Woche auch abgehauen.«
    »Nathan? Dein Bruder Nathan?«
    »Bruder nur in Bezug auf die DNA, und da bin ich mir nicht mal so sicher. Dieser Arsch. Hat Mary und die Kinder mitgenommen.«
    »Warum?«
    »Warum die überhaupt gehen? Wegen der Wirtschaft, weil sie wieder mit ihren Verräter-Kumpels beisammen sein wollen.Wegen geistiger Umnachtung, der globalen Erwärmung, wegen der Gehaltskürzungen und der Besteuerung der Ärmsten, wegen des Zusammenbruchs des staatlichen Gesundheitswesens … Oder in anderen Worten: Wegen der realen Welt, in der wir leben und die am Laufen gehalten werden muss. Nathan denkt, er wird in irgendeinem tropischen Steuerparadies leben, in dem hilfreiche Feen die Drecksarbeit erledigen, dieser Idiot.«
    »Tut mir leid. Was sagt denn deine Mutter dazu? Sie muss außer sich sein.«
    Abbey knurrte und nahm einen weiteren Schluck. »Die behauptet, froh zu sein, dass er weg ist; dass ihr Sohn und ihre Enkel noch mal ›an einem richtig schönen Ort‹ neu anfangen können. Ist das zu fassen? Selbstsüchtige alte Ziege. Wenn du mich fragst, ist sie einfach nur senil geworden. Und wer kümmert sich jetzt um sie? Hat sich Nathan auch nur einen Gedanken darum gemacht? Nein, der hat sich einfach verpisst und darauf gehofft, dass ich die Trümmer schon wegräume. So wie’s auch die anderen machen, die zurückgelassen wurden.«
    »Ich weiß. An Steves Schule überlegt man inzwischen, im nächsten Schuljahr Klassen mit bis zu sechzig Schülern einzurichten. Die verbliebenen Elternvertreter hatten deswegen den ganzen Sommer über Notfallsitzungen, daher weiß ich, wie viele Lehrer noch übrig sind.« Ich zögerte. »Was mich überrascht. Ich dachte, die hätten schon von

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