Die dem Mond ins Netz gegangen - Lene Beckers zweiter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
kollegial, dachte L ene beim Auflegen.
Mit Herzklopfen holte sie die Gürtelspange vom Dach, löste behutsam den Klebestreifen ab und zog sie nach innen. Wickelte sie vorsichtig aus. Dann hielt sie die Spange in ihrer offenen Handfläche und plötzlich durchströmte sie ein Gefühl von Freude und zugleich fühlte sie tiefes Bedauern. Nie wieder würde diese Kostbarkeit ihr so ausschließlich gehören, so nahe sein wie jetzt. Die Jahrhunderte versanken in diesem einen Moment, und sie fühlte diese Spange als etwas Lebendiges, etwas, das erzählte, Empfindungen auslöste. Sie vermeinte, die Frauenhand zu fühlen, die einen schlichten Gürtel, vielleicht mehr eine Art Kordel durch die beiden Schlangen zog, während sich das grobe Leinenkleid an den Körper schmiegte.
Sie schrak , aus der Zeit gerissen, unwillkürlich zusammen, als Sophie hereinkam.
» Was hast du denn da? Du machst so ein versunkenes Gesicht.«
Lene beschloss auch mit Sophie über den Fund und den Fall insgesamt zu sprechen. Sie wusste, wie verschwiegen sie war. Und außerdem brauchte sie Sophie als Kontaktperson zu Irene, vielleicht auch zu Brigittes Freunden. Hier im Village kamen sich die jungen Leute immer schnell näher, selbst wenn Florence und Philippe ebenso wie Marie ein paar Jahre jünger waren als Sophie. Ihre wache Aufmerksamkeit, ihr Gespür für Nuancen, konnte ihnen nur helfen. Zudem hatte Sophie ebenfalls Französisch als Au-Pair in Paris gelernt, sodass die Verständigung kein Hindernis für sie darstellte.
Die altrosa Vorhänge warfen ein sanftes Licht in den Raum und diese Sanftheit unterstrich die intensive Vertrautheit zwischen ihr und ihrer Tochter. Sie setzten sich auf Lenes Bett und Lene zeigt ihr Brigittes Schatz. Sophie ließ laut die Luf t durch die Zähne entweichen.
» Du meine Güte, ich bin sprachlos!« Obwohl sie das offensichtlich nicht war. »Meinst du wirklich, die ist echt? Vielleicht hat sie ja irgendein Scherzbold dort hineingesteckt. Aber – so wie Brigitte sie gefunden hat …
Das ist schon unglaublich. Wie oft haben wir schon über die Katharer g esprochen, und jetzt das hier. Darf ich sie auch einmal halten?«
Lene reichte sie ihr. Mit zärtlicher Geste strich Sophie über den Silberring. Wieder überfiel Lene das Gefühl von etwas Unwiederbringlichen. Ein Innehalten in der Zeit, wie sie es schon einmal vor den Baumriesen, den Redwoods, in Kalifornien empfunden hatte.
Sophie seufzte. »Es ist vollkommen. Sieh nur die Bewegung der Schlangen. Sie wussten also um die Shiva und Shakti Energien des Menschen. Weißt du, es fasziniert mich immer mehr, wie sehr die Religionen in ihrem Kern alles Wissen und meist auch die Symbolik teilen.«
» Ja, nur die kulturellen Ausprägungen trennen uns und oft sehen die Menschen eben nur die Unterschiede ohne zu begreifen. Und die Kirchen haben jahrhundertelang ihr Übriges dazu getan um die jeweils Andersgläubigen zu verdammen. Das sitzt in uns allen drin. Schade.«
Lene riss sich von dem Anblick los und wickelte das Schmuckstück wieder sorgfältig ein.
Luc war in seinem Zimmer und lächelte ihnen entgegen. Kaffeebecher auf dem Schreibtisch. Als Lene Sophie vorstellte, sagte er, nachdem er sie gemustert hatte, »Sie sind sehr schön, Sophie. Sie erinnern mich …«
Sophie und Lene sahen sich an, beide tanzende Fünkchen in den Augen. Wussten, was jetzt kommt.
»… an die junge Jane Birkin. Très belle, votre fille, Lene . Comme vous «, setzte er charmant hinzu.
Nett, dass er sie in das Kompliment mit einschloss, fand Lene. Sie lächelte jetzt, bemühte sich nicht zu grinsen. Er tat schon gut, der Charme der französischen Männer!
Lene gab ihm ihre Notizen über die Nachforschungen von heute. Er hatte inzwischen auch alle anwesenden Nachbarn befragen lassen, die Telefonate mit den bereits abgereisten Gästen erledigt.
» Es ist zum-aus-der-Haut-Fahren. Es kann doch nicht sein, dass keiner etwas mitbekommen hat. Sprechen Sie doch bitte noch einmal mit den beiden Deutschen daneben, Frank und – äh, ach ja, Nicole. Vielleicht mal mit jedem von beiden allein. Die müssen doch etwas bemerkt haben von dem IHM! Gibt es doch gar nicht. Die Plätze sind ja nicht gerade Parks oder sichtgeschützt. Oder war sie immer bei IHM? Aber da war doch die Andere . Seine Frau, nach dem Tagebuch.«
» Ich lese es noch einmal, ob ich etwas übersehen habe. Und hoffe, dass Brigitte Irene etwas gesagt hat. Wir fahren jetzt zu Melzers. Übrigens – ich habe die Gürtelspange bei
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