Die Dornenvögel
Lärm darüber gemacht, daß sie gezwungen gewesen waren, Fee bei sich zu behalten. Aber jetzt lag die Großmutter im Sterben, und da konnten sie nun Fee und das Kind endlich loswerden. Was nun mich beträfe, sagte James, ich sei doch ledig: Wenn ich sie heiraten würde, mit der Garantie, mit ihr die Südinsel zu verlassen also er würde die Reisekosten für uns übernehmen und noch extra fünfhundert Pfund geben.
Nun, Pater, für mich war das ein Vermögen. Und dann hatte ich auch das Alleinsein satt. Aber ich war immer so schüchtern gewesen, daß ich bei Mädchen nie viel ausrichtete. Also fand ich den Vorschlag gar nicht schlecht, und daß da ein Kind war, machte mir eigentlich nichts weiter aus. Na, irgendwie kriegte die Großmutter Wind davon, und sie ließ mich zu sich rufen, obwohl sie sehr krank war. Die hatte mal ein ganz wildes Temperament gehabt, glaube ich, aber eine wirkliche Lady war sie. Sie erzählte mir so verschiedenes über Fee, aber wer der Vater des Kindes war, sagte sie nicht, und ich wollte sie auch nicht danach fragen. Jedenfalls mußte ich ihr versprechen, zu Fee gut zu sein - es war ihr klar, daß die Familie Fee sofort verstoßen würde, kaum daß sie tot war. Übrigens hatte sie selbst vorgeschlagen, daß James für Fee einen Mann finden sollte. Mir tat die arme, alte Frau leid. Sie hatte Fee schrecklich gern. Ist vielleicht kaum zu glauben, Pater, aber das erste Mal, daß ich Fee nahe genug war, um Guten Tag zu ihr zu sagen, das war am Tag unserer Hochzeit.«
»Oh, das glaube ich schon«, sagte der Priester fast unhörbar. Er starrte in sein Glas, leerte es auf einen Zug, griff nach der Flasche und goß in beide Gläser nach. »Sie haben also eine Lady geheiratet, die gesellschaftlich weit über Ihnen stand, Paddy.« »Ja. Zuerst hatte ich direkt Angst vor ihr, ganz mächtige Angst sogar. Sie war so wunderschön damals, Pater, und so ... wie nicht von dieser Welt, falls Sie verstehen, was ich meine. Als ob sie ganz buchstäblich nicht auf der Erde wäre, als ob das alles einer ganz anderen passierte.«
»Sie ist noch immer schön, Paddy«, sagte Pater Ralph mit eigentümlich sanft klingender Stimme. »Ich kann an Meggie sehen, wie sie einmal gewesen sein muß, bevor sie zu altern begann.« »Es ist für sie kein leichtes Leben gewesen, Pater, aber ich weiß nicht, was ich sonst hätte tun können. Bei mir war sie doch wenigstens sicher und wurde nicht behandelt wie
- wie eine Aussätzige. Es dauerte zwei Jahre, bis ich den Mut aufbrachte, ihr ein, nun ja, ein richtiger Ehemann zu sein. Ich mußte ihr das Kochen beibringen, auch das Saubermachen, das Wäschewaschen und Bügeln, praktisch alles. Sie hatte davon einfach keine Ahnung.
Und nie in all den Jahren, die wir nun schon verheiratet sind, Pater, hat sie sich auch nur ein einziges Mal beklagt; oder gelacht oder geweint. Gefühle zeigt sie eigentlich nur beim allerprivatesten Teil unseres Ehelebens, aber auch dann spricht sie nie über etwas. Ich hoffe, daß sie’s irgendwann mal tut, aber wollen - nein, richtig wollen tu ich’s nicht. Denn ich habe so eine Ahnung, wenn sie mal dabei etwas sagen sollte, dann seinen Namen. Oh, ich meine durchaus nicht, daß sie mich oder unsere Kinder nicht gern hat. Aber ich liebe sie so sehr, doch sie - in ihr scheint von so einem Gefühl nichts mehr übriggeblieben zu sein. Außer für Frank. Ich habe immer gewußt, daß sie ihn mehr liebte als uns andere alle zusammen. Sie muß seinen Vater geliebt haben. Aber ich weiß nichts über den Mann - wer er war, weshalb sie ihn nicht heiraten konnte.«
Pater Ralph starrte auf seine Hände. Seine Augenlider zuckten. »Oh, Paddy, was für eine Hölle kann dieses Leben doch sein! Ich danke Gott, daß ich nicht den Mut habe, mehr als nur einen Zipfel davon zu packen.«
Paddy raffte sich hoch, stand auf unsicheren Beinen »Nun,
Pater, jetzt habe ich’s geschafft, nicht? Ich habe Frank fortgetrieben, und das wird Fee mir nie verzeihen.«
»Sie können ihr das nicht sagen, Paddy. Nein, Sie dürfen es ihr nicht sagen, nie. Erzählen Sie ihr nur, Frank sei mit den Boxern auf und davon, und lassen Sie’s dabei. Sie weiß, wie rastlos Frank gewesen ist, sie wird’s Ihnen glauben.«
»Das könnte ich nicht tun, Pater! « erklärte Paddy wie fassungslos.
»Sie müssen, Paddy. Hat sie nicht schon genug Kummer und Leid erlebt? Muten Sie ihr also nicht noch mehr zu.« Und für sich dachte der Priester: Wer weiß? Vielleicht lernt sie es jetzt, die Liebe,
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