Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht
trat zu ihm und zeigte ihm das Medaillon. Es strahlte im Grau der Dampfschwaden, und alle Edelsteine schienen zu eigenem Leben erwacht. Sennar atmete erleichtert auf. »Wen hast du angetroffen?«, fragte er.
»Einen Diener jenes Gottes, dem ich geweiht bin«, antwortete sie.
Während sie sich auf den Rückweg machten, berichtete ihm Nihal, was der Wächter gesagt hatte, und erzählte ihm von der Prophezeiung.
Bald gelangten sie zu Aires, die nichts wissen wollte von dem, was sie erlebt hatten. »Alles erledigt?«, fragte sie nur, und Nihal nickte.
Als sie sich erneut in die Tiefen der Erde hinunterließen, wurde es bereits Abend, und über das Land des Feuers legte sich eine Finsternis, die getüpfelt war von der Glut unzähliger Vulkane.
Der unterirdische Weg zur Grenze zum Land der Felsen war mit Hindernissen gepflastert. In diesem Teil der Kanäle kannte sich Aires weniger gut aus. Immer wieder zögerte sie an einer Gabelung, und irgendwann musste sie sich eingestehen, dass sie sich verirrt hatten. Einen ganzen Tag streiften sie orientierungslos durch die Gänge, Aires vorneweg, den Kopf ständig hin- und herwendend auf der Suche nach einem Anhaltspunkt.
Es war Glück, dass sie zufällig zu einer Halle gelangten, die von Rebellen bewohnt war. Hier hatten sie nach dreiwöchiger Wanderung endlich Gelegenheit, sich einmal richtig auszuruhen.
Die Halle war kleiner als jene, in der Aires das Kommando hatte, aber ganz bequem eingerichtet. Anführer der Gruppe war Lefe, ein lebhafter, scharfsinniger Gnom, der Nihal an ihren Lehrer erinnerte. Lefe kannte Aires nicht persönlich, hatte aber schon viel von ihr gehört.
»Du bist also Aires, jene Frau, die von der See zu uns kam, um unserem Leben neue Hoffnung zu geben«, rief er, kaum dass sie sich vorgestellt hatte.
In der Nacht schliefen sie in einem großen Raum auf bequemen Lagern. Sogar Nihal ruhte unbeschwert und wurde nicht von Albträumen heimgesucht.
Als Nihal und Sennar am nächsten Morgen aufwachten, war Aires' Lager leer. Doch kurz darauf erschien sie wieder und hatte Brot und Milch für ein Frühstück dabei. »Ich kann euch jetzt nicht mehr weiterhelfen«, erklärte sie ohne Umschweife, als sie vor der Mahlzeit saßen. »Hier kenne ich mich nicht so gut aus, und einmal hätte ich euch fast schon in die Irre geführt.«
Es wurde still.
»Ich lasse euch nicht allein ziehen«, fuhr sie fort. »Einer von Lefes Männern hat sich erboten, euch bis zum Ausgang der Kanäle zu begleiten. Leider enden sie vor der Grenze, sodass ihr noch die Totenfelder durchqueren müsst.«
Es wurde ein trauriger Abschied. Sogar für Nihal, der Aires immer sympathischer geworden war, obwohl sie die leicht schmachtenden Blicke nicht ertragen konnte, die die Frau hin und wieder Sennar zuwarf.
Es war die Halbelfe, die das Wort ergriff. »Auch wenn ich dir von unserer Mission nichts Näheres erzählen darf, möchte ich dich doch um einen Gefallen bitten«, begann sie.
Aires blickte Nihal fest in die Augen und hörte aufmerksam zu.
»Ich möchte, dass du ein Heer aufstellst.«
Aires hörte auf zu kauen und starrte Nihal ungläubig an. »Wie bitte? Ihr seid doch das Heer, oder irre ich mich? Und jetzt verfügt ihr auch noch über Verstärkung aus der Untergetauchten Welt.«
»Hör mir gut zu.« Nihal reckte sich zu ihr vor und sprach leiser weiter. »In Kürze, in ein, zwei Monaten, höchstens drei, werden wir, so hoffe ich, den Tyrannen direkt angreifen.«
Jetzt brach Aires in Gelächter aus, doch das Lachen erstarb ihr in der Kehle, als sie Nihals und Sennars ernste Gesichter sah. »Das ist Wahnsinn«, erklärte sie geradeheraus. »Das kann nicht dein Ernst sein. Seit vierzig Jahren befinden wir uns im Krieg, und in der ganzen Zeit haben wir ständig mehr Gebiete verloren. Wir sind doch zahlen- und kräftemäßig weit unterlegen. Die anderen verfügen über die Fammin, ganz zu schweigen vom Heer der Toten ... Nein, ein offener Angriff mit allen Kräften wäre der reinste Selbstmord.«
Nihal blickte sich um. Offenbar waren keine indiskreten Augen oder Ohren in der Nähe, aber man konnte nie vorsichtig genug sein. »Wie gesagt, kann ich dir den Hintergrund unserer Reise nicht verraten und auch nicht, was darauf folgen soll. Doch glaub mir, sollte es uns tatsächlich gelingen, diese Mission erfolgreich abzuschließen, werden wir noch am selben Tag den entscheidenden Angriff auf den Tyrannen vortragen. Und ich schwöre dir, das wird alles andere als ein Selbstmordkommando
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