Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht
sie auf den Arm?
Mit jeder Minute, die verstrich, fürchtete Nihal mehr um Sennars Leben. »Du weißt doch sicher, dass mir die anderen Wächter ihre Steine aus freien Stücken überlassen haben. Überzeugt es dich nicht, dass ich ihrer würdig bin?«, fragte sie.
Tareph zuckte mit den Achseln. »Das geht mich nichts an. Mein Stein ist nicht wie die anderen, meinen Stein musst du dir schon verdienen.« Er ließ sein Lachen erklingen, machte einen Satz und stand wieder auf dem Altar. Dann bewegte er seinen Stock, und einer der Giganten stapfte auf Nihal zu.
»Ich hab keine Zeit, ich kann nicht so lange bleiben!«, schrie sie. »Ein Freund von mir riskiert gerade sein Leben für mich!« Sie wich einer Faust aus.
»Ach, das schert mich nicht«, antwortete der Satyr mit einem müden Schnalzen. »Unendlich lange lebe ich hier schon eingeschlossen, und mir ist sterbenslangweilig. Unterhalte mich, los!«
Mit großen Schritten war der Gigant auf sie zu gestampft und bedrängte sie nun, doch Nihal versuchte nur, ihm auszuweichen. Irgendwann musste sie jedoch einsehen, dass sie den Wächter niemals dazu würde bewegen können, ihr diesen Kampf zu ersparen. Der Satyr hatte nichts anderes im Sinn, als sein Spiel mit ihr zu treiben, sie ordentlich auszulachen und wie eine Marionette tanzen zu lassen. Er wollte ihre Fähigkeiten nicht auf die Probe stellen, dies war keine echte Prüfung, er wollte sich bloß vergnügen. Und so versetzte Nihal nun dem Giganten einen ersten Hieb mit dem Schwert, der aber vielleicht nicht heftig genug war oder schlecht platziert, jedenfalls rührte der Angreifer sich nicht.
»Eins zu null für mich!«, rief der Wächter. Er gab dem anderen Giganten ein Zeichen, der nun den ersten ablöste. Nihal drehte sich um und versuchte, dessen Schläge mit dem Schwert zu parieren, doch vergeblich. Diese Giganten waren unvergleichlich viel stärker als sie, und mit ihrer Waffe konnte sie nichts gegen sie ausrichten. Darüber hinaus fehlte ihr auch die Konzentration, weil sie ständig daran denken musste, wie viel Zeit sie hier vergeudete, während sich Sennar allein der Feinde erwehrte. Plötzlich traf sie ein Schlag des Giganten mit voller Wucht und schleuderte sie gegen die Wand. Einen Augenblick lang sah sie nur schwarz. Als sie wieder zu sich kam, saß Tareph mit geschwellter Brust auf der Schulter des Giganten.
»So kann ich mir doch kein Bild machen von deinen Fähigkeiten«, rief er mit einem kreischenden Lachen, »das ist alles zu leicht. Streng dich doch mal an!« Da, ein erneuter Schwinger, dem die Halbelfe allerdings auswich, indem sie sich zur Seite abrollte.
»Ich will dir ein Geheimnis verraten«, höhnte der Wächter, während der Gigant wieder zum Schlag ausholte. »Dies sind zwei Golems, die ich selbst geschaffen habe. Der Schriftzug auf ihrer Stirn bedeutet ›Leben‹, und solange er dort steht, bleiben sie auch am Leben. Sie sind stärker als du, unzerstörbar. Mit dem Schwert oder auf ähnliche Weise kannst du sie nicht besiegen. Gelingt es dir aber, den ersten Buchstaben auf ihrer Stirn auszulöschen, erhältst du das Wort ›Tod‹, und sie zerfallen zu dem Staub, aus dem sie kamen. Dies ist die einzige Möglichkeit, sie zu schlagen«, schloss er mit einem listigen Lachen.
Wieder ein mächtiger Hieb, doch Nihal wich aus. Sosehr sie es auch versuchte, sie konnte sich einfach nicht konzentrieren und wusste gleichzeitig, dass dies ihre Niederlage besiegelte.
Sie hasste diesen Satyr, der den Edelstein bewachte, und wünschte sich nichts sehnlicher, als ihn von dem Golem zu stoßen und für seine Frechheiten bezahlen zu lassen.
Der Wächter blickte sie schief an. »Ja, das ist eine Prüfung, Sheireen. Oder dachtest du, alle Wächter seien so wie Flar dazu bereit, sich gleich vor dir zu verneigen?« Der Kampf ging weiter, und Nihal fiel immer noch nichts Besseres ein, als den Schlägen auszuweichen.
Sennar, wo bist du nur? Dir wäre doch schon längst etwas eingefallen, um mich aus dieser absurden Lage zu befreien...
»Die einen schauen ins Herz, um die Geweihte zu beurteilen. Andere, so wie ich, achten eher auf ihre Stärke und ihre Fähigkeit, auch dann zu kämpfen und die nötige Konzentration zu finden, wenn Körper und Geist eigentlich ganz woanders sein wollen.«
Nihal blickte zu dem Satyr auf und sah etwas von Wahrheit und Weisheit in seinen kalten Augen aufblitzen. Dann wusste er also Bescheid ... Er war nicht so kindisch und naiv, wie er den Anschein erwecken wollte. Er
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