Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht
sich sein Herz verkrampfte. Er war wieder allein.
Die Traurigkeit werde gewiss bald verfliegen, hatte er sich damals gesagt, der Krieg werde ihn wieder ganz in Anspruch nehmen und er sich so stark und unerschrocken fühlen wie zuvor. Doch so war es nich t. Die Tage wollten einfach nicht vergehen. Er hatte sich in ein Lager im Land des Wassers nahe der Front versetzen lassen und versuchte dort, seine Schwermut zu vertreiben, indem er sich Hals über Kopf in das Schlachtgetümmel stürzte. Ja, er schonte sich nicht, entwarf Schlachtpläne, führte Truppen gegen den Feind und kämpfte mit allem, was in ihm steckte.
Abends jedoch fühlte er sich einsam, saß allein in seinem Zelt und rauchte nervös. Ido wurde immer einsilbiger, denn er hatte wirklich keine Lust, sich zu unterhalten. So merkte er, dass es ihm in all den zurückliegenden Jahren nicht gelungen war, mit irgendjemandem engere Freundschaft zu schließen.
Er fühlte sich um Jahre zurückversetzt in die Zeit, als er im Heer der Freien Länder zu kämpfen begann. Wieder war sein Leben geprägt von eintönigen Abläufen: Training, Schlachten, Ausruhen, ein Tag wie der andere. Hin und wieder bestieg er Vesa, seinen scharlachroten Drachen, und blieb dann manchmal sogar den ganzen Tag fort. Doch jedes Mal, wenn er so über das Kriegsgebiet flog, stellte er betrübt fest, dass ihre Kampflinie wieder ein Stück zurückgewichen war. An einen Geländegewinn war nicht zu denken. Eine Niederlage nach der anderen mussten sie hinnehmen. Hör endlich auf, so herumzugrübeln
Er wandte den Blick ab von der Landschaft zu seinen Füßen, nahm noch einen letzten Zug und klopfte dann seine Pfeife aus. Am nächsten Morgen würde es wieder einen Angriff geben, eine weitere Gelegenheit, diese verdammte Schwermut im Schlachtgetümmel zu ertränken. Dann zog er sich in sein Zelt zurück. Am nächsten Morgen war die Luft eiskalt. Der Atem bildete vor dem Mund kompakte Wölkchen. Ido saß auf dem Rücken seines Drachen und wartete darauf, sich gleich wieder in den Kampf zu stürzen. Mavern auf seinem Drachen stand neben ihm. »Du siehst müde aus, Ido«, sagte der General. »Muss am Alter liegen«, versuchte Ido zu scherzen. »Ich denke, Gnomen altern nicht so schnell wie Menschen.«
»Schon, aber altern tun sie auch.«
Mavern lächelte. Ido seufzte und richtete den Blick wieder geradeaus. Deutlich sah er vor sich die feindlichen Linien, umfangen von einer eisigen Stille, einer Stille, wie sie nur über einem Geisterheer liegen konnte. Es war ein Bild, das er gut kannte, an das er sich aber immer noch nicht gewöhnt hatte. Er konzentrierte sich nicht auf die erste gräuliche Linie, sondern auf die dahinter aufgestellten Fammin, jene Ungeheuer mit den langen Krallen und dem rötlichen Fell, die ihm wenigstens nicht diese tödliche Kälte in die Knochen jagten.
Das Angriffsgebrüll riss ihn aus seinen Gedanken, sogleich gab er Vesa die Sporen, und sie schwangen sich in die Lüfte.
Er stürzte sich in den Kampf, jagte von oben mit seinem Drachen auf die feindlichen Stellungen zu. Hin und wieder wurde er selbst von Feuer spuckenden Vögeln attackiert, wusste sich ihrer aber zu erwehren. Ja, es schien tatsächlich eine Schlacht wie jede andere zu sein.
Bis er eintraf. Ido spürte, wie die Luft vibrierte, und wusste, dass es ein Drachenritter sein musste. Nur Drachenflügel erzeugten einen solch dumpfen, tiefen Ton. Und etwas in ihm erwachte.
Endlich ein Gegner, der diesen Namen verdient.
Er stieg weiter hinauf und drehte sich dann um, um zu sehen, wer wohl dieser Feind sein mochte. Was ihn auf den ersten Blick am stärksten beeindruckte, war dieses Rot, und mit einem Mal kam ihm ein Bild in den Sinn.
Er erinnerte sich an einen ganz in Rot ausstaffierten Ritter, der an jenem verhängnisvollen Tag dabei war, als der Schutzwall der Nymphen zerbarst. Wie hätte Ido ihn auch vergessen können? Er war es gewesen, der Nihal gezwungen hatte, gegen Fen zu kämpfen. Angesichts des scharlachroten Ritters auf seinem schwarzen Drachen stand dem Gnomen plötzlich wieder alles vor Augen:
Wie gelähmt starrte Nihal auf den wiederauferstandenen Fen, während dieses Gespenst sie bereits zu attackieren begann. Ido lief zu ihr und hörte dabei ein niederträchtiges, höhnisches Lachen.
»Töten oder getötet werden, Ritten«, rief der scharlachrote Krieger, der auf einem schwarzen Drachen über ihm kreiste.
»Nihal. So kämpfe doch endlich!«, schrie Ido.
Dann stürzte er sich auf den fremden
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