Die dritte Sünde (German Edition)
leisen Lachen: »Ich denke, Sie kennen mich eben noch nicht gut genug, Miss de Burgh.«
Isobel beschloss, etwas zu wagen. »Dem sollte man aber abhelfen, meinst du nicht, Aaron? Aber leider, leider …«, sie seufzte in gespielter Manier schwer auf, »übermorgen fahre ich ja in das große London und da habe ich keine Zeit mehr, mich um mein Personal zu kümmern, wie ich es müsste. Cathy ist sicher auch sehr unglücklich darüber, nicht wahr, Cathy?« Die völlig stumme Cathy hinter ihr antwortete natürlich nicht. Das hätte sie auch einmal wagen sollen! Viel mehr als Cathy interessierte Isobel aber Aarons Reaktion. Dieser ließ abermals seinen Blick flüchtig und irritiert – oder war es Ärger? – auf Cathy ruhen, meinte dann aber mit Nachdruck: »Ich bedaure, das zu hören, Miss de Burgh. Wie lange werden Sie denn fort sein?«
»Wer weiß, vielleicht komme ich auch gar nicht mehr wieder. Schließlich bin ich eine Frau in heiratsfähigem Alter und London ist dieser Tage voll von jungen, hübschen Männern. Vielleicht treffe ich dort auf meinen zukünftigen Ehemann.« Wieder lächelte sie Aaron auffordernd an. Würde er jetzt endlich reagieren?
»Bestimmt werden Sie sich vor Verehrern kaum retten können, Miss de Burgh. Jeder Mann, der nur Augen im Kopf hat, wird bei Ihrem strahlenden Anblick sicher dahinschmelzen.« Das war es, was sie hören wollte! Sie entschied, Aaron Stutter einen deutlichen Hinweis zu geben.
»Bist du sicher, Aaron? Wirklich jeder Mann?«, fragte sie und warf ihm dann einen langen, bedeutsamen Blick aus ihren hellblauen Augen zu. Und Aaron wich diesem – zugegeben recht gewagten – Blick nicht aus. Er hatte verstanden, da war sie sich sicher! Aaron seufzte auch zu ihrer größten Befriedigung bedauernd und ließ dann in übertriebener Geste den Kopf hängen.
»Oh, Miss de Burgh, ich weiß, so wird es sein. Und für mich bleibt außer einem freundlichen Lebewohl von Ihnen, meiner schönen Herrin, nichts mehr zurück. Leider muss ich morgen das Gras mähen gehen auf den Wiesen. Nach dem langen Regen ist das Gras so hoch gewachsen, dass man es dringend schneiden muss. Frederick hat mich beauftragt, den beiden Knechten von den Kuhställen zu helfen, die kommen mit der Arbeit nicht hinterher. Da werde ich Sie leider morgen nicht mehr sehen, wenn Sie reiten gehen wollen. Ich werde dann auf der Wiese am südlichen Hang sein und an Sie denken, während es Frederick sein wird, der die Ehre hat, Ihnen das letzte Mal für lange Zeit auf Whitefell ein Pferd zu satteln. Ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich das bedaure.«
»Nun, Aaron, ich will dir die Freundlichkeit gewähren, dass du es sein wirst, der mir als Letzter ein Pferd sattelt. Ich denke, morgen werde ich für einen Ritt keine Zeit haben. Aber vielleicht für einen Spaziergang, wer weiß?«, sagte Isobel leichthin, aber innerlich frohlockend. Was war dieser Aaron Stutter doch für ein gerissener Kerl! Aber das gefiel ihr außerordentlich. Sie würden sich also morgen an Isobels letztem Tag auf Whitefell bei der Wiese am südlichen Hang treffen. Noch deutlicher hatte er es ja nicht sagen können. Ein schöner und verschwiegener Platz, außer Sichtweite des Herrenhauses im Schatten der alten Pappeln. Ein kleiner Spaziergang würde auch am Tag vor ihrer Abreise nach der langen Regenperiode kein Misstrauen erregen. Ein Schauer der Erregung lief ihr durch den Körper. Wie würde es sein, wenn Aaron Stutter sie endlich berühren würde und wie weit würde sie ihn gehen lassen? Nun, das würde sich finden! Auf jeden Fall bekam sie, was sie wollte, und Cathy stand daneben, stumm wie ein Fisch. Es war zum Lachen! »Dann sattle mir meinen Braunen, Aaron, und gib dir Mühe! Wer weiß, ob du je noch einmal Gelegenheit dazu bekommst!«
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Isobel war kaum vom Hof geritten, als Mr de Burgh mit hochrotem Gesicht den Stall betrat. Aaron, der am Stalltor stand und zugesehen hatte, wie Isobel mit einem triumphierenden Gesichtsausdruck und kerzengerader Haltung auf ihrem Wallach davongeritten war, kam ihm gerade recht. »Stutter, meinen Wallach, aber schnell! Ich muss sofort nach Salisbury. Ist er gut gefüttert und versorgt? Ich werde ihn ziemlich hernehmen müssen.« Aaron nickte. Er war über die ungewöhnliche Eile des Hausherrn ziemlich erstaunt. So hatte er ihn noch nie erlebt. Mr de Burgh schätzte sonst keine Hektik. Er beeilte sich, den Wunsch seines Arbeitgebers zu erfüllen. Dieser blieb, ungeduldig mit seiner Reitgerte auf seine
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