Die Druidengöttin
erkundigte sie sich und mußte sehr an sich halten, um nicht lauthals zu lachen.
»Gott sei gedankt, Horatio frißt wie das sprichwörtliche Schwein.«
Kichernd führte Keely ihren Bruder weiter und flüsterte ihm zu: »Horatio ist ein Schwein, das sie sich als Haustier hält.«
Rhys warf ihr einen Seitenblick zu. »Du machst Witze?«
Keely schüttelte den Kopf. »Lady Dawn hält sich eine Gans namens Anthony.«
»Stell mich ein paar unverheirateten Frauen vor«, forderte Rhys sie auf, »zum Beispiel diesen drei Schönheiten dort drüben, die uns nicht aus den Augen lassen.«
Keely folgte seinem Blick. Die Ladies Morgana, Sarah und Jane standen an der Seite und starrten sie an. Zweifelsohne fragten sie sich, wer wohl der gutaussehende Edelmann war.
Keely hatte nicht die geringste Absicht, auch nur in ihre Nähe zu gehen. Sollten sie ihn doch aus der Ferne anhimmeln. Wenn sie sie ihn Gegenwart ihres Bruders beleidigten, begaben sie sich in Lebensgefahr.
»Du solltest wirklich Lady Mary kennenlernen«, versuchte Keely ihn in die andere Richtung zu lotsen, weit weg von den drei bekannten Hexen. »Sie ist die üppige Blondine, die neben dem Italiener, Signor Fagioli, steht. Siehst du den langhaarigen Riesen, welcher der hübschen Blonden in den Ausschnitt linst?«
Keely wollte ihn zu den beiden führen, doch Rhys folgte ihr nur widerstrebend. »Ich würde viel lieber diese drei Grazien kennenlernen«, beharrte er.
»Glaub mir, Bruder, du willst sie nicht kennenlernen.«
Rhys grinste. »Dann sag mir doch, warum nicht.«
»Weil sie uns Waliser aus ganzem Herzen verachten«, erklärte sie ihm. »Besonders mich.«
»Warum?«
Keely blickte zu Boden und zuckte die Achseln.
»Sie sind eifersüchtig«, erwiderte Rhys und hob ihr Kinn. »Komm schon Schwester, ich möchte diesen italienischen Signor kennenlernen.«
»Keely!« rief eine vertraute weibliche Stimme.
Nur widerwillig drehte Keely sich um. Die Stimme gehörte ihrer Schwester.
»Bringe doch deinen gutaussehenden Freund herüber zu uns«, lud Morgana sie mit einem langen Seitenblick auf Rhys ein. »Weichst du mir aus, liebe Schwester?«
Keely blieb der Mund offenstehen, als sie als »liebe Schwester« bezeichnet wurde. Ein Eichenblatt hätte genügt, um sie umzuwerfen.
»Ich bin Keelys Halbschwester, Lady Morgana Talbot«, stellte sich die kecke Blonde selbst vor.
Rhys verschlang Morgana mit den Augen. Er musterte sie von Kopf bis Fuß, nichts entging ihm, doch am längsten blieb sein Blick an ihrem aufreizenden Dekolleté hängen.
»Wir haben ein gemeinsames Interesse«, bemerkte Rhys. »Ich bin Keelys Stiefbruder.«
Der feurige walisische Baron und die verwöhnte englische Schönheit hatten keine Augen für ihre gemeinsame Schwester. Seine warmen grauen Augen tauchten in ihre leidenschaftlichen blauen Augen, und für ein paar lange Sekunden versank die Welt um sie herum und es gab nur sie beide.
»Wir sollten uns um unserer Schwester willen besser kennenlernen«, sagte Morgana schließlich und senkte in gespielter Schüchternheit die Augen. »Möchtet Ihr gerne tanzen?«
»Leider blieb meine Erziehung in dieser Hinsicht mangelhaft, in der Tanzkunst wurde ich nicht unterrichtet«, gestand Rhys ohne die geringste Befangenheit. Lächelnd fügte er hinzu: »Vielleicht wäre ein einsamer Alkoven ohnehin besser geeignet, uns näher kennenzulernen?«
Morgana lächelte engelsgleich und verführerisch zugleich. »Ich denke, ich kenne einen geeigneten Ort.«
»Da bin ich mir sicher«, antwortete Rhys mit einem tiefen Augenaufschlag. An seine fassungslose Schwester gerichtet, meinte er: »Du entschuldigst uns bitte?«
Bevor Keely etwas darauf antworten konnte, war das ungleiche Paar bereits verschwunden. Verdutzt blickte Keely ihnen hinterher.
Woher nahm Rhys den Mut, einfach zuzugeben, daß er nicht tanzen konnte? fragte Keely sich. Sie wäre tausend Tode gestorben. Dann wurde es ihr klar: Rhys war kein Bastard wie sie, und er war ein Baron. Sie dagegen ...
»Guten Abend, Gräfin.«
Keely wandte sich um. Willis Smythe stand neben ihr. Er starrte ihr so ungehemmt in den Ausschnitt, daß sie sich splitterfasernackt fühlte.
»Guten Abend, Mylord«, erwiderte sie seinen Gruß und zwang sich zu einem Lächeln. Bei den heiligen Steinen, sie kam sich so unaufrichtig wie die anderen Höflinge vor. Doch wenn sie sich dazu zwingen konnte, mit einem Mann Umgang zu pflegen, den sie aus tiefstem Herzen verabscheute, dann konnte es nicht mehr schwer sein, mit
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