Die dunkle Villa: Ein Fall für Alexander Gerlach (Alexander Gerlach-Reihe) (German Edition)
roch nach modrigem Laub und feuchtem Kompost. Irgendwo in meinem Rücken lachte ein unsichtbarer Mann schallend. Ein schweres Motorrad wurde probeweise angelassen und gleich wieder ausgemacht.
In dem großen Haus regte sich noch immer nichts. Nur aus einem der Kamine schien ein wenig heller Rauch aufzusteigen. Aber der konnte von der Heizung stammen, die vermutlich auch arbeitete, wenn niemand zu Hause war. Aber vermutlich war Frau von Brühl daheim und legte einfach keinen Wert auf unangemeldeten Besuch zu früher Stunde. Oder sie war durch ihren ehemaligen Mann vorgewarnt und stellte sich tot, was ich für die wahrscheinlichste Variante hielt. Auch meine Hoffnung, sie beschäftige vielleicht Personal, das ich ein wenig mit Fragen löchern könnte, schien sich nicht zu erfüllen.
Als auch auf mein drittes Läuten keine Reaktion erfolgte und mir allmählich kalt wurde, schwang ich mich wieder aufs Rad und strampelte nach Hause zurück.
Kurz vor der Neckarbrücke trillerte das Handy in meiner Manteltasche. Ich fuhr brav an den Straßenrand, hielt, nahm es ans Ohr. Auch Telefonieren auf dem Rad ist nämlich verboten. Bis vor zwei Wochen hatte ich mich allerdings nicht groß darum geschert.
Es war Sven Balke. »Das Auto neben den Bahngleisen ist wahrscheinlich wirklich ein Volvo gewesen«, eröffnete er mir aufgeräumt. »Ein Zeuge hat gestern Mittag beim Hockenheimer Revier Anzeige erstattet. Ihm ist in der Nacht um kurz nach zwei ein dunkler V70 Kombi in die Quere gekommen. Ist mit einem Affentempo auf die B 36 eingebogen und hat ihn um ein Haar gerammt. Und zwar keine fünfhundert Meter von der Stelle, wo sie Hergarden auf die Gleise geschmissen haben. Der Volvo ist trotz Schneetreiben und glatter Straßen angeblich wie ein Verrückter gefahren.«
»Wie verlässlich ist dieser Zeuge?«
»Schwer zu sagen. Aber die Uhrzeit passt perfekt. Ich habe noch mal mit den Leuten von der Bahn telefoniert. Auf dem Gleis ist um ein Uhr fünfzig ein Güterzug durch, und da hat die Leiche noch nicht auf den Schienen gelegen. Der nächste, der, der Hergarden dann erwischt hat, war um zwei Uhr sieben.«
»Hat er sich das Kennzeichen gemerkt?«
»Das wäre natürlich cool.« Balke lachte aufgekratzt. Offenbar hatte nun auch ihn das Jagdfieber gepackt. »Aber es hat ja leider wie blöd geschneit. Die Sicht war hundsmiserabel.«
Ich brauchte unbedingt das Video von Theresas Smartphone, überlegte ich, als ich weiterradelte. Das Gerät steckte vermutlich in ihrer Handtasche, und die lag irgendwo in meinem Schlafzimmer am Fußboden. Als ich den Bismarckplatz erreichte, hielt ich erneut an und wählte Hennings Nummer. Erfreulicherweise war mein Halbsohn schon wach und klar im Kopf.
»Logo kann ich das machen, Alexander.« Mein Vorname ging ihm noch ein wenig holprig über die Lippen. »Aber ich lieg noch in der Kiste. Müsste erst duschen. Ein paar Kabel zusammensuchen …«
»Duschen kannst du später bei uns.«
»Sooo wichtig ist es?«
Theresa war wach, als ich nach Hause kam, saß mit nackten Füßen und gut gelaunt in der Küche vor einer Müslischüssel voller Milchkaffee. Bekleidet war sie im Wesentlichen mit dem Hemd, das ich gestern getragen hatte.
Sie strahlte mich an. »Wie war Ihre Nacht, Herr Kriminaloberrat?«
»Selten war eine Nacht schöner, Frau Bestsellerautorin.«
Und selten hatte ich sie glücklicher gesehen. Ich beugte mich zu ihr hinunter und küsste sie auf den vollen, heute noch ungeschminkten Mund. Sie roch noch ein wenig nach Bett und Liebe. Ihr Kuss war eindeutig. Ich löste mich lachend von ihr.
»Erst mal haben wir jetzt Wichtigeres zu tun, Gnädigste.«
»Was gibt es Wichtigeres als die Liebe?«, schmollte sie mit gekonntem Kulleraugenblick.
»Ich brauche dein Handy.«
29
Um halb elf saßen wir zu dritt in der Küche um Hennings großen Laptop herum. Theresa trug inzwischen meinen Morgenmantel und meine Hausschuhe. Henning murmelte Computerchinesisch, probierte mit flinken Fingern drei verschiedene Datenkabel aus, musste noch rasch eine Software herunterladen, bevor sein Computer sich bequemte, mit Theresas neuem Samsung-Handy in Kontakt zu treten. Dann ging plötzlich alles sehr schnell.
»Drei, zwei, eins, meins«, sagte mein Halbsohn befriedigt und startete das Video.
»Es geht um einen Volvo Kombi«, erinnerte ich ihn.
»Das hast du jetzt schon drei Mal gesagt, Alexander«, erwiderte Henning heiter. Dieses Mal war das »Alexander« schon ganz flüssig gekommen.
Eine Weile
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