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Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Titel: Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry , K. Schatzhauser
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eingebildete Schuld gewesen war.
    Sie suchte Zoe auf, um pflichtgemäß das Ergebnis zu berichten, musste aber diesmal nahezu eine halbe Stunde warten, bis sie vorgelassen wurde. Als sie Zoes Gesicht sah, war ihr sogleich klar, dass diese über Euphrosynes Genesung bereits im Bilde war. Höchstwahrscheinlich wusste sie sogar, wie viel die junge Frau Anna bezahlt hatte, doch
konnte diese es sich nicht leisten, ihren Ärger darüber zu zeigen. Sie dankte Zoe erneut für die Vermittlung der neuen Patientin.
    » Was haltet Ihr von ihr?«, fragte Zoe beiläufig. Sie trug Dunkelblau und Gold, und wieder war die Wirkung im Zusammenspiel mit der Farbe ihrer Haare und Augen verblüffend. Mitunter bereitete es Anna geradezu körperliche Schmerzen, sich nicht als Frau kleiden und ihr Haar schmücken zu können, was ihr eine Möglichkeit gegeben hätte, Zoe von Gleich zu Gleich gegenüberzutreten. Sie zwang sich, an Ioustinianos zu denken, der irgendwo in der öden Wüste Judäas schmachtete und möglicherweise in Sackleinen gekleidet ging. Ihn von dort zu retten war der Grund, warum sie sich als Eunuch ausgab. Ob er wohl annahm, sie habe ihn vergessen?
    Ungeduldig wartete Zoe. »Ist Eure Meinung über Euphrosyne so ungünstig, dass Ihr mir keine ehrliche Antwort geben könnt? Die seid Ihr mir schuldig, Anastasios.«
    »Sie ist leichtgläubig«, gab Anna zurück. »Eine reizende junge Frau, offen und aufrichtig, aber leicht zu überreden. Gefügig. Sie hat zu viel Angst, um nicht zu gehorchen.«
    Zoes goldene Augen weiteten sich. »Ihr könnt also auch beißen!«, sagte sie. »Seht Euch vor, dass Ihr damit nicht an den Falschen geratet.«
    Anna brach der Schweiß aus, aber sie wandte den Blick nicht ab. Ihr war klar, dass sie sich Zoe gegenüber nie schwach zeigen durfte. »Ihr wolltet die Wahrheit hören. Hätte ich sie Euch verheimlichen sollen?«
    »Auf keinen Fall«, gab Zoe zurück. »Sofern Ihr aber lügt, solltet Ihr das so tun, dass ich es nicht merke.«
    Anna lächelte. »Ich bezweifle, dass ich dazu imstande wäre.«

    »Es freut mich zu sehen, dass Ihr so klug seid«, gab Zoe scheinbar sanft zurück. »Ihr könntet noch etwas anderes für mich tun. Sollte Euch ein Kaufmann namens Kosmas Kantakouzenos nach Eurer Ansicht über Euphrosynes Charakter fragen, was durchaus möglich ist, würdet Ihr ihm gegenüber dann ebenso offen sein? Sagt ihm, dass sie aufrichtig, unschuldig und fügsam ist.«
    »Selbstverständlich«, gab Anna zurück. »Ich wäre Euch übrigens dankbar, wenn Ihr mir ein wenig mehr über Bessarion Komnenos sagen könntet.« Dieser Vorstoß war kühn, zumal sie keine Zeit gehabt hatte, sich eine Erklärung für ihr Interesse zurechtzulegen. Andererseits hatte Zoe keinen Grund für ihren Wunsch genannt, Euphrosyne an Kosmas zu empfehlen.
    Zoe trat zum Fenster und sah auf das Meer von Dächern hinaus. »Vermutlich meint Ihr seinen Tod«, sagte sie knapp. »Sein Leben war belanglos. Er hat zwar meine Tochter geheiratet, war aber ein ausgesprochener Langweiler. Unaufrichtig und kalt.«
    »Und deswegen hat man ihn umgebracht?«, fragte Anna ungläubig.
    Zoe wandte sich langsam um und ließ ihre Augen von Annas bartlosem Frauengesicht, mit dem sie ein Eunuch zu sein vortäuschte und das ohne Schmuck und weibliche Lockenpracht auskommen musste, bis hinab zu den Füßen schweifen. Sie wanderten über ihren Körper, die Brust, die sie eingebunden, die Taillenpartie, die sie ausgepolstert hatte, um ihre natürlichen Rundungen zu verbergen. Anna wusste genau, wie sie aussah. Sie hatte sich mit ihrem Äußeren große Mühe gegeben, doch in Augenblicken wie diesem, wenn sie sich in Gegenwart einer schönen Frau befand, war ihr die Maskerade verhasst. Ihr Haar, das nur
knapp bis zu den Schultern reichte, stand ihr gut zu Gesicht. Es war weniger steif als die kunstvoll aufgetürmte Haartracht anderer Frauen, aber sie vermisste die Kämme und den Schmuck, mit denen sie sich früher geschmückt hatte. Noch mehr fehlte ihr die Tönung ihrer Brauen, der Puder, mit dem sie ungleichmäßige Hautpartien abgedeckt hatte, und die Farbe, die ihre blassen Lippen leuchtender erscheinen ließ.
    Im Nebenzimmer hörte man deutlich die Schritte eines Dienstboten.
    Anna rief sich bewusst das Entsetzen ins Gedächtnis, das Zoe angesichts ihrer Brandwunden empfunden hatte, den unverhüllten Schmerz, den sie gezeigt hatte. Diese Qualen hatten sie zu einem Menschen gemacht, der auf Hilfe angewiesen war.
    Zoe merkte die Veränderung, die

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