Die einzige Wahrheit
nahm sie all ihren Mut zusammen und blickte auf. »Es tut mir leid.«
Langsam hob Adam den Kopf. Sein Mund, sein schöner Mund, zuckte leicht. Er hob ihre Hand hoch und küßte sie auf die Handfläche, ein Andenken, das sie festhalten und als Souvenir in die Tasche stecken konnte. »Es muß dir nicht leid tun«, sagte er, und dann schloß er sie wieder in seine Arme.
Ellie stürmte in das Schlafzimmer, das sie mit Katie teilte, und knallte die Tür hinter sich zu.
»Ist sie weg?«
Die Frage irritierte Ellie. »Wer?«
»Die Polizistin. Die Frau, die vorhin mit dem Auto gekommen ist.«
Himmel, sie hatte ganz vergessen, daß Lizzie Munro sich auf der Farm herumtrieb. »Soweit ich weiß, vernimmt sie gerade die gottverdammten Kühe«, zischte Ellie. »Hoch mit dir. Wir beide, Katie Fisher, werden uns jetzt mal unterhalten.«
Verschreckt setzte sich Katie, die auf dem Bett lag, auf. »Was – was ist denn los?«
»Ich kann dir sagen, was los ist: Die Frau, die für die Staatsanwaltschaft ermittelt, ist unten und bekommt gerade kostbare Fakten geliefert, und zwar von deinen Freunden und Verwandten. Ich dagegen bin seit einer geschlagenen Woche hier und kriege nicht eine einzige ehrliche Antwort von dir.« Katie öffnete den Mund, aber Ellie hob die Hand. »Nein. Komm mir jetzt bloß nicht wieder damit, du hättest mir schon die Wahrheit erzählt. Dieses Baby, das du nie bekommen hast?
Dein Freund Samuel hat mir gerade erzählt, daß du nicht mit ihm geschlafen hast.«
Katies Augen weiteten sich, so daß ein weißer Ring um die blaue Iris herum sichtbar wurde. »Natürlich nicht. So etwas würde ich nicht tun, bevor wir unser Ehegelübde abgelegt haben.«
»Selbstverständlich nicht«, entgegnete Ellie sarkastisch. »Jetzt haben wir es also mit einer Jungfrauengeburt zu tun.«
»Ich hab kein –«
»Du hast kein Kind bekommen! Du hast keinen Sex gehabt!« Ellies bebende Stimme wurde lauter. »Herrgott, Katie, wie soll ich dich denn verteidigen?« Sie stand direkt vor Katie, und ihr Zorn umgab das Mädchen wie eine heiße Wolke. »Da draußen läuft ein junger Mann rum, der völlig am Boden zerstört ist, weil er nicht dein ein und alles ist. Du ziehst den Kopf ein und sagst brav ja, ja zum Bischof, der dir unterstellt, daß du möglicherweise Geschlechtsverkehr hattest. Aber, verdammt noch mal, bei mir bist du wie ein Block Zement und nicht bereit, mir auch nur die geringste Kleinigkeit zu liefern, mit der ich etwas anfangen könnte!«
Katie wich vor Ellies geballter Wut zurück. Sie wandte sich ab. »Ich liebe Samuel, wirklich.«
»Und wen noch, Katie? Wen noch? «
»Ich weiß nicht.« Jetzt weinte sie. Ihre Hände bedeckten ihr Gesicht; die Kapp löste sich und fiel zu Boden. »Ich weiß nicht. Ich weiß nicht, wer es war!«
»Wir reden hier von einem Sexualpartner, zum Donnerwetter – nicht davon, was du letzte Woche gefrühstückt hast. So was vergißt man normalerweise nicht!«
Katie rollte sich schluchzend auf dem Bett zusammen. »Was verschweigst du mir?« fragte Ellie. »Warst du betrunken?«
»Nein.«
»Warst du high?«
»Nein!« Katie vergrub das Gesicht im Kissen. »Ich weiß nicht mehr, wer mich angefaßt hat!«
Katies Wimmern beengte Ellies Brust, preßte sie so fest zusammen, daß sie kaum noch die Kraft zum Atmen hatte. Mit einem Seufzer kapitulierte sie, setzte sich auf die Matratze und zog das Mädchen an sich, strich ihr über den Kopf, tröstete sie.
In ihren Armen fühlte sich Katie wie ein Kind an. Ein übergroßes Kind, das beim Ballspielen eine Vase umgestoßen hatte und nicht begriff, warum alle Welt so ein Aufhebens darum machte. Ein großes Kind, aber trotzdem eines, das hilflos war und bedürftig und sich verzweifelt nach Vergebung sehnte.
Ein entsetzlicher Verdacht regte sich in Ellie, füllte ihr Herz, ihre Lunge und ihren Kopf mit mächtigem und jähem Zorn. Sie zwang ihn nieder, beruhigte sich, bevor sie Katies Kinn leicht anhob. »Bist du vergewaltigt worden?«
Katie starrte sie aus verquollenen Augen an, die sich langsam schlossen. »Ich weiß es nicht mehr«, flüsterte sie.
Und zum erstenmal, seit sie Katie kennengelernt hatte, glaubte Ellie ihr aufs Wort.
»O nein.« Lizzie hob ihren Schuh an und starrte auf den Mist, der an der Sohle pappte. Sie wurde einfach zu schlecht bezahlt für ihren Job, und wenn es nach ihr ginge, sollte Aaron Fisher doch bleiben, wo der Pfeffer wächst. Sie hob den Kopf, stieß einen Seufzer aus und stapfte weiter über das Feld. Als
Weitere Kostenlose Bücher