Die Eiserne See - Brook, M: Eiserne See
»Es muss sein«, sagte sie.
»Warum? Was könnte ich dir oder deiner Familie antun?« Seine dunklen Brauen senkten sich über seinen suchenden Blick. »Ich werde euch beschützen. Und eine Verbindung mit mir kann eurem Status nur zuträglich sein – politisch, gesellschaftlich, finanziell.«
Das Herz tat ihr weh. »Nein. Ich werde es nicht tun.«
Er setzte sie ruckartig ab und wandte sich ab, um aus dem Galeriefenster zu schauen. »Warum willst du es nicht versuchen?«
»Du ziehst stets die Aufmerksamkeit der Nachrichtenblätter und der Öffentlichkeit auf dich. Wenn ich mit dir zusammen bin, werde ich das auch tun, und das wird uns ruinieren.«
»Das hast du bereits gesagt. Wieso glaubst du das eigentlich?«
»Weil ich es bereits erlebt habe.« Sie wollte es ihm eigentlich nicht zeigen. Trotzdem beugte sie sich über ihren Koffer und fischte das Flugblatt heraus.
Er runzelte die Stirn, als sie es ihm reichte. »Was ist das für ein Unsinn?«
»Das bin ich.«
»Das ist ganz großer Mist !«
Sein Blick schoss zu ihrem, brannte vor plötzlicher Wut. Tränen standen in ihren Augen. Sie wandte sich ab, bevor sie ihr über die Wangen liefen.
Sie hatte sich alle möglichen Reaktionen ausgemalt, hatte sie alle vor sich gesehen, von Gelächter über Entsetzen bis hin zu gleichgültigem Schulterzucken. Doch mit Wut versuchte man nicht, verletzte Gefühle zu lindern oder zu relativieren, als wäre sie lediglich das Opfer eines gedankenlosen Scherzes gewesen. Seine Wut verriet ihr, dass man ihr Unrecht zugefügt hatte.
Und sie liebte ihn dafür.
Doch sagte seine Wut auch, dass jemand dafür bezahlen musste … und dass er nicht verstand, dass es niemanden gab. Er glaubte, dass dieses Vergehen mit einem Fingerschnippen seiner eisernen Hand geahndet werden könnte. Deshalb würde er nicht verstehen, dass sie vor so etwas nicht geschützt werden konnte – oder warum sie nicht mit ihm zusammen bleiben konnte, wenn sie wieder in London waren, so sehr sie es auch wollte.
Seine Stimme hinter ihr klang leise und gefährlich. »Wer hat das getan?«
Mina hob die Hände. »Wahrscheinlich eine der Damen vom Liga-Treffen. Nicht dass sie das hier beabsichtigt hätte. Aber wahrscheinlich hat sie ihrem Mann oder Bruder gegenüber erwähnt, dass du mit mir zu uns nach Hause gekommen bist, und dann hat der es einem anderen Mann gegenüber in einem Pub erwähnt, und am nächsten Morgen wurden dann diese Flugblätter auf den Straßen verteilt.«
»Wer hat sie verteilt?«
»Straßenkinder. Willst du wissen, wer es gezeichnet hat? Ich weiß es nicht. Willst du wissen, wer diese Zeichnung in Auftrag gegeben hat? Ich weiß es nicht. Willst du den Namen des Mannes mit der Druckerpresse wissen? Den habe ich auch nicht. Würdest du die Druckerei niederbrennen? Jeden fertigmachen, der irgendwie seine Finger im Spiel hat?«
»Ich würde eine Menge mehr als das tun.«
Sie glaubte ihm. Aber er verstand noch immer nicht. »Und die Nachrichtenblätter ebenfalls?«
Wilder Zorn zeigte sich erneut auf seinem Gesicht. »Das war in den Nachrichtenblättern?«
»Nicht das. Aber es hat noch eine Karikatur gegeben. Es wäre bald jeden Tag eine drin.«
»Nein. Wäre es nicht.«
»Wie willst du sie zwingen, damit aufzuhören? Willst du kontrollieren, was sie schreiben und worüber sie berichten? Wenn du das tust, wird die Macht, die du über sie hast, verschwinden, gemeinsam mit der Wirkungskraft deines Namens. Denn wenn du sie zwingst und zensierst, bist du nicht besser als die Horde.«
Er konnte dem offensichtlich nicht widersprechen. Also versuchte er es auf andere Weise. »Wenn es Unsinn ist, warum kümmert es dich dann? Über mich wird andauernd irgendwelcher Unsinn geschrieben.«
»Für dich ist es eben einfach, dich nicht darum zu scheren! Meine Freunde werden empört sein. Aber das kann meinen Job nicht retten. Das kann auch meine Familie nicht schützen. Leute, die uns kennen, werden als erste dagegen aufbegehren, doch dann gibt es nur noch Scham. Und am Ende wollen sie nichts mehr mit uns zu tun haben. Nicht mit jemandem, der das hier ist.«
Mit einer wegwerfenden Geste wies sie auf das Flugblatt. Er zerknüllte es in der Faust, und sein Gesicht verdunkelte sich.
»Das bist du nicht. Sag niemals , dass du das bist.«
»Ich weiß! Aber es wird sonst niemand tun. Das ist es, was sie sehen werden, wenn sie mir begegnen. Sie werden glauben, sie kennten mich bereits. Und alles, was sie kennen, ist dieses abscheuliche … Ding.«
Er
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