Die Eiserne See - Brook, M: Eiserne See
das vielleicht mal einen Mann dargestellt hatte. Sie riss den Mund auf, als sie ihn sah.
Die Inspektorin lächelte mit spöttisch verzogenen Lippen. »Sally, darf ich dir den Grund dafür vorstellen, weshalb du den ganzen Tag damit zugebracht hast, Blut aus meinem Kleid zu waschen?«
»Es war mir ein Vergnügen, Inspektor. Mylady.« Sie nickte, wobei sie Rhys anstarrte, doch wagte sie es nicht, ihn anzusprechen. »Es war gar nichts.«
Gar nichts . Blödsinn . Wenn Rhys ein Schiff betrat, konnte er sofort anhand des Zustands des Schiffes und der Sauberkeit erkennen, ob die Mannschaft unterbesetzt oder nur faul war. In einem Haus war es nicht anders – und dieses Haus war stark unterbesetzt. Doch alles war ordentlich; es waren nur nicht genug Leute dafür da. Den täglichen Pflichten dieser Frau ein blutbeflecktes Kleid hinzuzufügen, war nicht »gar nichts«. Es war eine Last und hatte sich wahrscheinlich auch so angefühlt.
Rhys blickte auf die Jacke der Inspektorin, die blutgetränkt war. »Ich fürchte, du hast heute Abend noch mehr zu tun, Sally. Es war mein Fehler, dass ich nicht vor der Inspektorin bei dem Jungen war.«
»Ich kann es gar nicht erwarten, Euer Hoheit«, sagte das Mädchen mit belegter Stimme. »Doch ich sehe nicht, was Euer Fehler gewesen sein sollte, Sir. Sie ist wahnsinnig schnell. Zu schnell manchmal.«
»Ja, das ist sie.« Sie war ihm bereits zweimal zuvorgekommen.
Die Inspektorin blickte ihn an. Er sah die Dankbarkeit in ihrem Ausdruck, bevor sie weiter den Flur entlangging. Kluge Frau. Sie konnte dem Dienstmädchen nicht mehr Hilfe anbieten, doch sie konnte ihr die Anerkennung des Eisernen Herzogs geben.
Obwohl sie ihn am Morgen gedrängt hatte, an der Versammlung ihrer Mutter teilzunehmen, schien sie nun zu zögern. Nur widerstrebend öffnete sie die Tür zum Salon, straffte die Schultern und atmete tief ein.
Die Unterhaltung wurde leiser, als sie den Raum betrat, und erstarb, als er ihr folgte.
Sieben Frauen blickten ihn an. Bilder tauchten in seinem Kopf auf, Erinnerungen an andere Frauen, die ihn angeschaut hatten, manche mit Erregung und Begierde, andere amüsiert und mit Verachtung, doch alle wollten sie ihn anfassen. Er verdrängte diese Bilder. Diese Frauen waren nicht da. Die Damen im Salon waren neugierig und aufgeregt, doch keine versuchte, sich ihm zu nähern.
Bis auf eine. Eine weißhaarige Frau mit dunkler Brille eilte durch den Raum – doch nicht auf ihn, Rhys, zu, wie er feststellte. Erschrocken nahm sie die Inspektorin in Augenschein und versicherte sich, dass das Blut auf ihrer Jacke nicht ihr eigenes war.
»Du liebe Güte, Mina. Geht es dir gut?«
Mina . Triumph blitzte kurz in seinen Augen auf. Ja, das passte zu ihr. Und er würde sie so nennen – aber nicht hier. Nicht jetzt.
Sie antwortete der weißhaarigen Frau nicht sofort. Zögernd schaute sie zu den anderen und sagte dann einfach: »Es geht mir gut, Mutter. Es ist nur auf meinen Sachen.«
Die Frau war also ihre Mutter, Lady Rockingham, doch Mina würde die Neuigkeiten über ihren Bruder nicht hier vermelden, stellte er fest. Nicht bevor die anderen Damen gegangen waren. Mit ein wenig Glück würde das nicht mehr lange dauern.
Die Gräfin trat zurück und blickte zu einer schwangeren Frau, die auf der Kante eines blauen Stuhls saß. »Felicity, Liebes, gehst du mit ihr nach oben?«
Mina schien protestieren zu wollen. Doch als ihre Mutter sie ansah, schloss sie eilig den Mund. »Ja, Mutter.«
Die schwangere Frau, Felicity, schlängelte sich zwischen den Möbeln hindurch, ohne den Blick von ihm abzuwenden. Als sie die beiden erreichte, warf sie Mina einen strengen Blick zu, bevor sie auf die Gräfin und dann auf Rhys zeigte. Als Mina die Stirn runzelte, beugte sich Felicity vor, um der Inspektorin etwas ins Ohr zu flüstern.
Daraufhin hob Mina die Augenbrauen und errötete. Verlegen nahm sie ihre Mutter bei der Hand und zog sie zu Rhys. »Euer Hoheit, darf ich Euch meiner Mutter vorstellen, der Gräfin von Rockingham?«
Er hasste diese Förmlichkeiten. Anscheinend ging es Mina genauso, wenn sie vergessen hatte, sie einander vorzustellen – und selbst jetzt noch wand sie sich ein wenig, weil sie anscheinend etwas falsch gemacht hatte. Rhys hätte ihr sagen können, dass er sich an die korrekte Erwiderung sowieso nicht erinnerte – die von Scarsdale schien stets lang und überschwänglich zu sein und war es nicht wert, sie sich zu merken – , doch seine Verbeugung und sein »Sehr erfreut,
Weitere Kostenlose Bücher