Die Elfen 01 - Vor der Elfendämmerung
darin trug.
»Dwalin! Dwaaalin!«
»Langes Leben, langer Bart, Schrecken seiner Feinde!«, stieß Miolnir hinter ihm zu Tsimmis größtem Erstaunen mit etwas exaltierter Stimme hervor.
Uther, sprachlos und unfähig zu begreifen, was da vorging, blickte sich Hilfe suchend nach seinen Gefährten um. Er zuckte zusammen als er sah, dass Till bereits seinen Bogen gespannt und einen Pfeil aufgelegt hatte. Die Königin selbst wirkte, als sei sie kurz davor, ihren langen Elfendolch zu ziehen, aber es waren vor allem ihre Miene und der Ausdruck wilder Herausforderung, der in jenem Moment darin zu lesen war, die den Ritter erstarren ließen.
»Verehrter Uther!«
Der junge Recke trat auf Prinz Rogor zu.
»Bei meiner Treu! Ich bin es, dem hier Unrecht geschehen ist!«, sagte der Zwerg. »Du, Gefährte, bist vom Großen Rat mit einem einzigen Auftrag ausgeschickt worden: den meuchlerischen Elf zu bestrafen. Also musst du mir helfen, und auch du, Frehir ... Denn wenn wir die Manen meines Onkels nicht rächen, werde ich keine andere Wahl haben, als den Ingrimm der Zwerge auf das Volk der Mörder zu lenken!«
Da Frehir ihn mit seinem üblichen Gesichtsausdruck anstarrte (das heißt, er schien kein Wort von der Schmährede des Zwerges verstanden zu haben), schlug Rogor mit seiner riesigen Axt auf den Boden.
»Krieg!«
Hinter ihm schwang Miolnir stolz seinen eigenen Axtstiel hoch. Seine Augen glitzerten vor Erregung.
»Krieg! Krieg!«
»Der Elf Gael muss bestraft werden, und das wird geschehen, mit oder ohne euch! Die Schande wird vom Blut weggewaschen werden! Das ist nicht mehr als Gerechtigkeit! So lautete die Entscheidung des Rats! Wir müssen zum Dorf dieser Hunde marschieren und sie zwingen, ihn uns auszuliefern!«
Bei dieser Beleidigung zog sich Tsimmi der Magen zusammen, und er wandte sich von neuem der Königin zu, um zu versuchen, Rogors Worte etwas abzumildern, aber als er das Gesicht der Elfe sah, wurde er starr vor Schreck. Erinnerungen an die beängstigenden und wundersamen Legenden, die man ihm früher an langen Abenden erzählt hatte, schossen ihm durch den Kopf. Die Drachen-Feen mit den alles verbrennenden Augen, die bleichen Vampire, kalten Gespenster, die tödlichen Flüche, die silbernen Pfeile. In diesem Augenblick schien die Königin einem dieser entsetzlichen Märchen entsprungen. Nachtalb und eiskalte Schlange, die sich ins Zimmer schleicht und die armen Zwergenkinder in der Wiege verschlingt oder einen mit ihren blauen Fingern packt und einem das Herz ausreißt, wenn man allein in den Wald geht ...
Wie zwei Raubkatzen, die gelben Augen auf die Gruppe der Zwerge gerichtet, bewegten Lliane und der Fährtenleser sich mit gleitenden, kaum wahrnehmbaren Schritten auf sie zu. Ihr Gesicht war zu einer bestialischen Grimasse verzerrt, die Lippen über die Zähne hochgezogen wie bei den Vampiren aus dei Legende, deren feenhafte Schönheit sich auch mit einem Schlag in tödliche Hässlichkeit verwandelt.
Uther und Frehir wandten ihnen den Rücken zu und versuchten verzweifelt, mit Rogor zu verhandeln. Ihre Worte wurden von Miolnir überschrien, der leichtfertig und angeberisch aus voller Kehle das alte Kriegslied der Zwerge unter dem Schwarzen Berg sang:
Om, Om, Ghâzar-Run,
Gold und Eisen,
Trommel rolle Stürme Wind Tod und Krieg Trommel rolle Ghâzar-Run
Lächerlicher Radau.
Entsetzt wich Tsimmi zurück, allerdings zu hastig, so dass er auf die torfige Erde stürzte. Die Königin kam ganz nah an ihm vorbei, sie bewegte sich vorwärts, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen, so, als existiere er überhaupt nicht. Ihre Augen richteten sich auf die Gruppe der Krieger. Durch die kriechenden Bodennebel und das hohe Gras, das ihre Füße verbarg, wirkte es, als schwebe sie, bleich und schweigsam, über den Boden. Ein Geist... Der Blick des Zwergs wurde magisch von der silbernen Klinge Orcomhielas angezogen, des langen Dolches mit der doppelten Schneide, den die Elfe dicht über dem Boden vor sich hielt. Er tastete nach einer Waffe an seinem Gürtel - sein Streithammer war außer Reichweite, er lag auf dem Gepäck. Dann brüllte Miolnir los und streckte den Finger in Richtung der Elfen aus, und alle drehten sich im selben Augenblick um, als Till seinen Pfeil abschoss. Tsimmi konnte gerade noch sehen, wie Uther und Frehir auf den Fährtenleser losstürzten. Dann hörte er Miolnir aufschreien, als der Pfeil seine Hand durchbohrte, die Königin stürmte zum Angriff vor, und der Meister der Steine
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