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Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Titel: Die englische Ketzerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Vantrease
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hätte.
    »Constable Kingston, ich nehme an, dass Ihr eine hinreichende Erklärung für diese Demütigung eines Dieners der heiligen Mutter Kirche habt.«
    »Ihr habt Euch hier als Diener des Königs zu verantworten, Eurer Eminenz. Ihr werdet unser Gast sein, bis Euer … bis der König sich entschieden hat, ob Ihr des Prämuniere schuldig seid oder nicht – das heißt, ob Ihr dem Papst mehr als Eurem König gedient habt.«
    »Das wird nicht lange dauern«, antwortete ihm Wolsey. »Denn ich habe dem König immer treu gedient.« Ein stechender Schmerz in seinem Magen erinnerte ihn jedoch an die Briefe, die er an Carpeggio geschrieben hatte. Wie dumm von ihm, seine Gedanken schriftlich zu äußern – und noch dazu ein Bündnis zwischen Frankreich und dem Heiligen Stuhl vorzuschlagen! Welcher Dämon hatte ihn da nur geritten! Aber er kannte den Namen dieses Dämons. Er hieß Ehrgeiz. Er hatte angenommen, inzwischen längst in Rom zu sein, weit außerhalb der Reichweite von Heinrichs Zorn.
    »Das mag sein«, sagte der Constable, »aber bis dahin werdet Ihr unser Gast sein, wie lange es auch dauern mag. Ich sehe, dass Ihr zwei Diener mitgebracht habt. Die Vorschriften erlauben Euch jedoch nur …«, er blätterte in den Unterlagen auf seinem Schreibtisch, »einen Diener. Da in meiner Gebührentabelle kein Kardinal aufgeführt ist, würde ich sagen, dass Ihr im Rang mindestens einem Herzog gleichsteht, daher habt Ihr für Eure Verpflegung zwanzig Pfund pro Jahr zu entrichten. So lange werdet Ihr natürlich nicht unser Gast sein, da bin ich mir sicher. Anklagen dieser Art werden in aller Regel sehr zügig behandelt. Sagen wir also zehn Schilling pro Woche für Eure Verpflegung.«
    »So viel?« Der Schmerz schnitt wie eine Sense durch seinen Leib. »Darf ich mich hinsetzen? Mir ist nicht wohl.«
    Der Constable schob ihm mit dem Fuß einen Stuhl hin.
    Wolsey nahm schwerfällig darauf Platz und fügte, als er nach dem Schmerzanfall wieder Luft bekam, hinzu: »Im Gegensatz zu mir werdet Ihr für Eure Dienste für die Krone gut bezahlt. Ich gehe davon aus, dass Euch bekannt ist, dass ich arm wie ein Bettler bin. Ich bin ein Diener des Herrn. Ich verfüge über keinerlei persönlichen Besitz. All meine weltlichen Einnahmen, Pachtgelder … Lehen wurden mir genommen.«
    Der Constable beugte sich lächelnd nach vorn, um den prächtigen Hermelinbesatz an dem roten Pluviale des Kardinals zu befühlen.
    »Selbst die Kleidung, die ich auf dem Leib trage, gehört dem Heiligen Vater, der, wie ich hinzufügen möchte, nicht erfreut darüber sein wird, wie man seinen Diener hier behandelt.« Er machte eine Kunstpause und senkte die Stimme zu einem Flüstern – so wie er das stets tat, wenn er die nächste Frage stellte. »Denkt Ihr denn nicht an Euer Seelenheil, Sir Kingston?« Der Constable schien jedoch keineswegs beunruhigt zu sein. Es war ein Zeichen der Zeit. Ein untrügliches Zeichen von Luthers verderblichem Einfluss, dass eine solche Drohung die Herzen jener, die sie hörten, nicht mehr vor Angst erstarren ließ. Papst Clemens selbst wurde vom Kaiser des Heiligen Römischen Reichs gefangen gehalten.
    »In diesem Fall, Kardinal«, sagte der Constable, ohne von seinen Unterlagen aufzublicken, »schickt Ihr Euren Diener besser nach York zurück. Die Armenspeise, die wir hier servieren, wird ihm nämlich nicht schmecken. Genauso wenig wie Euch, vermute ich jedenfalls.« Jetzt sah er auf und lächelte, als er mit einer Spur Sarkasmus in der Stimme sagte: »Obwohl ich natürlich für den armen Diener des Herrn mein Bestes tun werde.«
    »Ich habe in letzter Zeit ohnehin keinen großen Appetit. Wo werde ich untergebracht?«
    »Nun, wir hatten eigentlich vor, Euch im Bell Tower einzuquartieren. Aber der ist den besser zahlenden Gästen vorbehalten. Nun seht mich nicht so erschrocken an, Euer Eminenz. Einen so berühmten Mann wie Euch wird man schon nicht in den Kerker werfen. Obwohl ich leider sagen muss, dass Euch der Beauchamp Tower nicht das bieten kann, was Ihr von Hampton Court oder von York her gewöhnt seid.«
    Aber erst, als ihn der mürrische Wärter, der doch tatsächlich in seiner Anwesenheit auf den Boden gespuckt hatte, in ein fensterloses Gemach führte, begann dem Kardinal das ganze Ausmaß seiner Lage bewusst zu werden. Er hielt sich seine Duftkugel vor die Nase und atmete tief ein. Selbst im Fleischerladen seines Vaters in Smithfield roch es angenehmer als in diesem Höllenloch, aber er beklagte sich nicht. Diese

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