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Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Titel: Die englische Ketzerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Vantrease
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flüsternd fort. »Die Gräfin hat sich bereit erklärt, Madeline als Küchenmädchen in ihre Dienste zu nehmen, sollte mir irgendetwas zustoßen. Wenn sie so lange bei dir und Endor bleiben könnte, bis sie sich … an die Vorstellung gewöhnt hat. Könntest du dich um sie kümmern … anfangs? Sie wird sich einsam fühlen und …«
    »Ich werde mich um sie kümmern, Winifred. Du brauchst dir deshalb keine Sorgen zu machen.«
    Winifred ergriff Kates Hand. Die Haut der Kranken fühlte sich beängstigend heiß an.
    »Du warst immer so gut zu mir«, sagte sie. »Wenn ich dich noch um einen letzten Gefallen bitten dürfte … Mein Franzmann liegt auf dem Friedhof von St. Dunstan. Ich kenne den Priester dort. Er hat sich bereit erklärt … du musst ihn nur fragen.«
    Einen Augenblick lang war Kate nicht in der Lage zu antworten. St. Dunstan. Verzweifelt versuchte sie, ihre Gefühle mit dem Kloß, der plötzlich in ihrem Hals steckte, herunterzuschlucken. Sie hoffte inständig, dass das Kind nicht aufwachte.
    »Natürlich, alles soll so geschehen, wie du es willst. Aber das sagst du nur, weil du Fieber hast. Du wirst schon bald wieder gesund sein. Ich werde jetzt etwas holen, das dein Fieber senkt. Wenn Madeline aufwacht, sag ihr, dass ich gleich wieder da bin.«
    Winifred schloss die Augen und nickte.
    Kate kam nach nicht einmal zwanzig Minuten zurück. Der Tee war noch heiß. Das Kind schlief noch immer in den Armen seiner Mutter. Auch Winifred schlief. Aber es war ein Schlaf, aus dem sie nicht mehr erwachen sollte. Sie starb zwei Tage später.
    »Ihr müsst es doch langsam leid sein, mir ständig zu helfen«, sagte Kate. Es war ein grauer Wintermorgen. Sie und der Kapitän standen allein an Winifreds Grab.
    Der Hilfsgeistliche von St. Dunstan hatte einen Psalm gelesen und war gegangen. Kate konnte es nicht ertragen, dem Totengräber dabei zuzusehen, wie er Winifreds zerbrechlichen Körper mit Erde bedeckte. Die Kälte betäubte sie, und aus dem Grab zu ihren Füßen kroch die Einsamkeit zu ihr hinauf. Ihre Beine hätten wahrscheinlich nachgegeben, hätte der Arm des Kapitäns sie nicht gestützt, eine Stütze, für die sie in diesem Moment sehr dankbar war. Es war richtig gewesen, dass sie Madeline bei Endor gelassen hatte. So war die letzte Erinnerung, die das Kind an seine Mutter hatte, nicht dieses Grab, sondern das tröstliche Gefühl von Winifreds schlagendem Herzen, als die Kleine bei ihrer Mutter eingeschlafen war.
    »Ich bin Euch wirklich sehr dankbar, Kapitän. Ich weiß nicht, wie ich diese Wochen und Monate ohne Euch durchgestanden hätte. Aber ich weiß, dass das nicht ewig so weitergehen kann.« sagte sie. »Dies ist das letzte Mal, dass Eure Freundin auf Euch verzichten muss. Versprochen. Ich fürchte, ich bin Euch inzwischen zur Last geworden.«
    »Das ist nicht der Rede wert, Kate. Damit werde ich ohne Weiteres fertig.«
    »Eure Freundin sieht das sicher anders.«
    Nachdem Winifred gestorben war, hatte Kate, da sie nicht wusste, an wen sie sich hätte sonst wenden können, die Pension in Cheapside aufgesucht, wo Tom Lasser Unterkunft genommen hatte. Sie hatte inständig gebetet, dass sie ihn dort antreffen würde und er nicht gerade an seinem Schiff arbeitete, das noch immer in Woolwich lag. Als er die Tür öffnete, zu der sie der Pensionswirt geführt hatte, war sie mit ihrem Anliegen herausgeplatzt, was sie sogleich bereut hatte. Aus dem von Kerzen erhellten gemütlichen Wohnzimmer hatte eine Frauenstimme gerufen: »Wer auch immer es ist, Tom, schick ihn weg. Ich möchte dich heute Abend für mich allein haben.«
    »Mit meiner Freundin müsst Ihr Charlotte meinen? Sie ist eine Witwe aus Lübeck und hat zufällig gerade geschäftlich in London zu tun. Wir kennen uns schon sehr lange. Ihr Mann war Tuchhändler. Er war sehr viel älter als sie. Als er starb, hat er sie zu einer reichen Witwe gemacht, und sie ist noch so jung, dass sie das Leben genießen kann.«
    »Sie ist sehr schön«, sagte Kate und dachte an den rot geschminkten Schmollmund der blonden Frau, die Kate über die Schulter des Kapitäns hinweg fragend angesehen hatte, als er sein Wams anzog.
    »Ja, das ist sie wohl«, sagte er. »Aber sie tut auch sehr viel dafür.«
    Das Grab war inzwischen schon halb mit Erde gefüllt. Von dem Leichentuch war nichts mehr zu sehen. Kate versuchte nicht daran zu denken, dass Winifred jetzt das Gewicht von so viel Erde tragen musste. Aber diese Frau mit dem zarten Körper und dem Herzen einer Löwin,

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