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Die Entlarvung

Titel: Die Entlarvung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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nach diesem Getränk besser einschlafen zu können. Ben hatte sich nicht gemeldet. Jetzt, um Mitternacht, würde er bestimmt nicht mehr anrufen. Sie ging ins Bett – die Katze hatte sich am Fußende zusammengerollt – und lag noch lange wach. Wie? Wie sollte sie King überlisten …? Und dann, auf einmal, hatte sie eine Idee.
    Er hatte die Plattform verlassen und war ins Treppenhaus zurückgegangen. Draußen war es zu kalt geworden. Er sah auf seine Uhr. Zehn vor zwölf. Im ganzen Haus war es totenstill. Er lehnte sich über das Treppengeländer und lauschte angespannt. Nichts. Nichts rührte sich mehr. Zur Sicherheit blieb er noch eine Weile am obersten Treppenabsatz stehen, um abzuwarten, ob nicht doch noch jemand spät nach Hause kam. Aber alles blieb ruhig.
    Um fünfundzwanzig Minuten nach zwölf begab er sich zu der Glastür, schlich den schmalen Gang entlang, bis er vor Julias Apartmenttür stehenblieb. Er trug enge schwarze Lederhandschuhe. Eine Hand legte er sich vor den Mund, um seine Stimme zu dämpfen. Mit der anderen hämmerte er gegen die schwere Tür.
    »Feuer!« rief er. »Feuer! Das ganze Haus brennt! Alles raus!«
    Julia war gerade eingedöst, als sie durch das Klopfen an ihre Tür aufgeschreckt wurde. Undeutlich vernahm sie eine Stimme, die etwas rief. »Feuer … Feuer …«
    Feuer! Entsetzt sprang sie aus dem Bett. Und das im vierten Stock … O Gott … Sie dachte gerade noch daran, sich ihren Mantel überzuziehen, den sie vorher auf einen Stuhl geworfen hatte. Die Katze … Wo war die Katze? Sie konnte Pussy nicht zurücklassen. Ach da, immer noch zusammengerollt am Fußende ihres Bettes … Sie schnappte sich das Tier und rannte barfuß zu ihrer Wohnungstür. Außer sich vor Angst, zerrte sie ungeduldig an der Sicherheitskette. Wieso wollte sich nur der Haken nicht lösen? Mike vernahm das Rumoren auf der anderen Seite der Tür und machte sich bereit. Er erhob die rechte Hand, in der er eine dünne, äußerst scharfe Klinge hielt. Als Julia die Tür öffnete, setzte er zum Sprung an.
    Sie sah die düstere Gestalt, sah ihre gespannte Haltung und begriff sofort, daß sie angegriffen werden sollte. Sie stieß einen schrillen Angstschrei aus und schleuderte – instinktiv, ohne darüber nachzudenken – die Katze in Richtung Angreifer. Die fauchende, Zähne fletschende Pussy landete mitten auf seinem Gesicht. Ihre scharfen Krallen bohrten sich in seine Haut, zerfetzten und zerkratzten sein Gesicht. Erst nach langem, schmerzhaftem Ringen gelang es ihm, das Tier abzuschütteln. Das Messer fiel ihm aus der Hand, er taumelte. Im selben Moment schlug Julia mit lautem Knall die Tür zu.
    Zitternd kauerte sie am Boden. Sie stand dermaßen unter Schock, daß sie kaum atmen konnte. Sie hatte das Gleichgewicht verloren und war gefallen. Auf Knien robbte sie sich an die Tür heran und zog sich an der Klinke langsam hoch. Mit beiden Händen legte sie die Sicherheitskette vor. Ihre Zähne klapperten. Für einen Moment glaubte sie, sich übergeben zu müssen. Dort draußen war ein Mann, der sie umbringen wollte. Er wartete, vor ihrer Tür. Er konnte nicht hereinkommen. Er konnte nicht … Sie preßte ihr Ohr an die Tür. Nichts. Nicht das leiseste Geräusch war zu hören. Nur diese unheimliche Stille. Aber der Mann, der sie beinahe überlistet hätte, war immer noch dort draußen.
    Sie nahm die Schlüssel vom Flurtisch und steckte sie zitternd in die zwei Sicherheitsschlösser. Niemand würde diese Tür aufbrechen können, ohne dabei einen Vorschlaghammer zu benutzen. Schwankend tastete sie sich zum Wohnzimmer vor. Ihre Beine wollten ihr kaum gehorchen. Sie ließ sich auf das Sofa fallen und versuchte, sich zu beruhigen. Es gab gar keinen Brand. Das ganze Haus war mit Feuermeldern ausgestattet, die im Ernstfall sofort Alarm auslösten. Die Gefahr lauerte draußen vor ihrer Wohnungstür, in diesem engen, isolierten Gang … Die Polizei … Sie mußte die Polizei rufen. Sie hob den Telefonhörer ab und begann zu wählen.
    Er blutete. Sein zerkratztes, geschundenes Gesicht brannte wie Feuer. Er hatte keine Zeit zu verlieren. Der Anschlag war mißglückt, einen zweiten Versuch würde er nicht riskieren. Er hob sein Messer auf und lief, so schnell er konnte, zurück zu den Treppen. Im Eilschritt hastete er die Stufen hinunter, rannte durch die Eingangshalle und stürzte durch die Tür hinaus ins Freie.
    Er war bereits fort, als Julia ihre Türschlösser betätigte. Mit einem Taschentuch wischte er

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