Die Entlarvung
mir am selben Abend noch deine Akte über King vorbeigebracht. Du meinst, es könnte Felix sein … der uns verraten hat?«
»Es gibt nur einen Weg, um das herauszufinden. Wir müssen ihn fragen. Ich kann das übernehmen, wenn es dir unangenehm ist. Aber wir müssen wissen, ob er die undichte Stelle ist.«
»Wir?« fragte Julia vorsichtig.
»Du liebe Güte, ja – wir.« Er knallte seine Brille auf den Tisch. »Wie soll ich sonst auf dich aufpassen?«
Der Kellner sah, wie die hübsche Rothaarige sich vorbeugte und Mr. Harris auf den Mund küßte. Er konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Mr. Harris war noch nie in Begleitung einer Dame bei Mario's erschienen. Und daß er sich jetzt in aller Öffentlichkeit küssen ließ, hätte Rudi ihm nie zugetraut. Er konnte es kaum erwarten, seinen Kollegen unten von der Episode zu berichten.
»Pussy ist glücklich«, murmelte Julia. Die Katze hatte sich zwischen ihnen auf dem Bett zusammengerollt. Julia strich ihr über das weiche Fell, woraufhin das Tier vor Wohlbehagen zu schnurren begann.
»Ich auch«, sagte Ben.
Nach dem Essen hatte er sie zu ihrer Wohnung gefahren. Er hatte ihr gerade erlaubt, sich dort so lange aufzuhalten, bis sie ein paar Sachen zusammengepackt hätte. Morgen würde er einen Fachmann vorbeischicken, der die Telefone überprüfen sollte. Sie hatte sich wieder an die mysteriösen Lieferanten erinnert, die ihr angeblich Blumen hatten bringen wollen. Ihr war der Vorfall nicht weiter bedeutsam erschienen, Ben aber hielt es für möglich, daß jene ›Lieferanten‹ für King in Julias Wohnung eingedrungen waren und die Telefone manipuliert hatten. Ihm wurde heiß und kalt bei der Vorstellung, wie lange Julia, falls dies zutraf, schon überwacht wurde.
Sie liebten sich in dieser Nacht auf seltsam intensive Weise. Es hatte einen Augenblick gegeben, in dem ihr Verhältnis beinahe auseinandergebrochen wäre. Beide hatten dies gespürt. Julia hatte sich in ihrem Stolz und ihrer Unabhängigkeit verletzt gefühlt; für Ben war es eine bittere Pille, Western gegenüber klein beigeben zu müssen. Aber erstaunlicherweise waren sie an den Klippen vorbeigesegelt. Sie hatten einen Kompromiß gefunden. Ben würde weiter mit ihr arbeiten. Sie hatte sich im Gegenzug bereit erklärt, bei ihm einzuziehen, damit er sie besser beschützen konnte. Sie waren erneut ein Team; aber die Krise hatte sie noch stärker zusammenwachsen lassen. Ihre Liebe war tiefer, ernster geworden. Und was sie in dieser Nacht füreinander empfanden, war mehr als nur oberflächliche Ekstase. Sie spürten dies ohne Worte und hielten einander bis zum frühen Morgen in den Armen.
Gemeinsam mit Julia suchte Ben am nächsten Tag William Western auf. Als dieser die beiden eintreten sah, war er für einen Augenblick verunsichert. Kam hier die zweifache Kündigung? Hatte er sein Spielchen verloren? Nein, er glaubte nicht.
Daher platzte er gleich los, bevor die beiden auch nur den Mund aufmachen konnten. Man durfte sich nie die Initiative aus der Hand nehmen lassen.
»Die zweifache Kündigung? Nein, natürlich nicht. Sagen Sie mir, weshalb Sie hier sind. Ich habe viel zu tun heute morgen, aber für meine zwei Starreporter finde ich immer ein wenig Zeit.«
Wie immer beantwortet er sich seine Fragen selbst und läßt andere nicht zu Wort kommen, dachte Ben. Ruhig entgegnete er: »Wir kündigen nicht, Lord Western. Julia möchte den Fall weiter bearbeiten, und ich kann sie nicht im Stich lassen. Ganz wie Sie vorhergesagt haben.« Er starrte Western böse an.
Western lächelte herablassend. »Ist das alles? Gut, sehr schön. Ich werde King dann ein wenig auf die falsche Fährte locken. Denken Sie doch einmal darüber nach, wem wir ein paar schlaflose Nächte bereiten könnten, Julia. Am besten nehmen wir einen Politiker – das könnte ganz lustig werden.« Abrupt nahm seine Stimme einen scharfen Tonfall an. »Und kümmern Sie sich um Ihr Sicherheitsproblem, damit Sie endlich mit Ihrem Job vorankommen. Ich will Ergebnisse sehen, und zwar schnell. Sie finden doch selbst hinaus. Und sagen Sie Miss Gilbey, daß ich sie brauche.« Damit waren sie entlassen.
Draußen blieb Julia stehen und wandte sich zu Ben. Die Sekretärin rauschte mit einem überlegenen Lächeln an ihnen vorbei.
»Ich hasse ihn genausosehr wie du«, sagte Julia. »Denk daran, wir machen das nicht für ihn. Danke, daß du so tapfer warst.«
»Tapfer? Was ist so tapfer daran, wenn man klein beigibt?«
»Alles«, erwiderte Julia
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