Die Erben der Nacht - Pyras
Christina, doch zum ersten Mal hörten sie Marie Luise ihr widersprechen.
»Ich freue mich, die fremden Tiere zu sehen«, sagte sie schüchtern, verstummte aber unter dem verächtlichen Blick ihres Vetters Karl Philipp.
Alisa und Malcolm folgten ihnen in einigem Abstand. Alisa zermarterte sich den Kopf, worüber sie reden könnten, da die rote Maske offensichtlich nicht dazugehörte. Dabei hätte sie da einiges brennend interessiert! Das Schweigen dehnte sich zwischen ihnen aus, und dieses Mal unternahm Malcolm nichts, um die zunehmend peinliche Stille zu durchbrechen. Nein, er bemerkte sie offensichtlich nicht einmal. Schien Alisa an seiner Seite gar nicht wahrzunehmen! Seltsamerweise kränkte es sie nicht. Sie war nur neugierig, warum er sich so verhielt.
Alisa begann, sich zu langweilen. So konzentrierte sie sich auf die Dinge, die sie bis jetzt von den Pyras gelernt hatten, und versuchte, eine genaue Vorstellung davon zu bekommen, wie ihr Weg verlief und wo sie sich im Bezug zu der großen Halle befanden. Doch es war gar nicht so einfach, den Überblick über Höhen, Winkel und Entfernungen zu behalten. Was für ein Vorteil, wenn einem das erst einmal in Fleisch und Blut übergegangen war und man es - wie mit den Ratten - einfach nebenher erfasste und damit den größten Teil der Gedanken weiterhin frei für andere Dinge halten konnte!
»Dort vorne links um die Ecke ist der Ausstieg in den Park«, hörte sie die Stimme ihres Bruders. Das nahm Alisa zum Anlass, sich von Malcolm zu verabschieden, der es vermutlich gar nicht bemerkte, und sich Luciano und Ivy anzuschließen.
»Wir müssen in der Nähe von Seigneur Lucien und Sébastien bleiben«, sagte Alisa leise, »damit wir mitbekommen, wenn sie eine Spur finden.«
Die anderen waren damit einverstanden und hielten sich so unauffällig
wie möglich vor den Gehegen auf, von denen aus sie die Pyras im Auge behalten konnten.
»Jetzt versuchen sie, da drüben eine Tür zu öffnen. Sie ist abgeschlossen, aber Sébastien scheint einen Schlüssel zu haben - nein, ich glaube, er benutzt seinen Dietrich«, verkündete Alisa leise, die - im Gegensatz zu Luciano - den Tieren hinter den Gittern nicht einen Blick schenkte. Der Nosferas dagegen war hin- und hergerissen, ob er sich nicht lieber auch noch all die anderen Exoten im Zoo ansehen und die Beschattung der Pyras Alisa und Franz Leopold überlassen sollte. Denn der Dracas zeigte ein ebenso großes Interesse an der Suche wie die Vamalia. Was Ivy wirklich wollte, konnte man sich nie sicher sein. Luciano stellte sich neben sie.
»Hast du schon einmal ein so prächtiges Exemplar von einem Tiger gesehen?«, fragte er Ivy.
Sie lächelte ihn an und schüttelte den Kopf. »Nein, ich muss zugeben, ich bin beeindruckt - und Seymour auch. Sieh dir nur sein gesträubtes Fell an.«
»Sollen wir uns weiter dort drüben umsehen? Dort scheint es noch viele andere faszinierende Geschöpfe zu geben …« Luciano bemerkte Alisas ungläubigen Blick, während Franz Leopolds Lippen sich zu einem höhnischen Lächeln kräuselten. Gleich würde er wieder eine seiner ätzenden Bemerkungen loslassen. Darum fügte Luciano hastig hinzu: »Das müsste als Tarnung genügen, während wir dort drüben nach Spuren suchen, die die Pyras vielleicht übersehen haben.«
Ivy durchschaute die Finte sicherlich, doch sie ließ sich nichts anmerken. »Eine sehr gute Idee. Was hilft es, wenn wir alle hier herumstehen und zu Lucien und seinen Getreuen hinüberstarren. Verteilen wir uns. Alisa und Franz Leopold bleiben hier, Luciano, Seymour und ich schauen uns auf der anderen Seite des Zoos um und tun so, als würden wir uns für die fantastischen Tiere interessieren.« Sie zwinkerte Luciano zu und ging dann mit ihm davon. Alisa und Franz Leopold sahen ihnen nach.
»Habe ich das gerade wirklich erleben müssen?«, fragte Franz Leopold und zog angewidert die Lippe hoch. »Er versucht, uns zu belügen, um seine kindlichen Wünsche zu verbergen!«
»Na, bei deiner Reaktion ist das durchaus verständlich«, gab Alisa zu bedenken.
»Verständlich? Ein Bedürfnis, sich Tiere anzusehen, das größer ist als das Drängen, das Geheimnis um die Entführung eines Vampirs zu lüften?«
Alisa schüttelte vehement den Kopf. »Nein, das allerdings nicht. Ich kann mir nichts vorstellen, was mich jetzt von dieser Fährte ablenken würde. - Oder kaum etwas«, fügte sie langsam hinzu, während sich ihr Blick auf Malcolm heftete, der zwischen den Papageienvolieren
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