Die falsche Frau
zurück auf den Stuhl fallen.
»Bullenschwein«, murmelte er. »Mit ORTIS habe ich nie was zu tun gehabt. Das ist doch völlig aus der Luft gegriffen.«
Sarah Rosen nahm einen Füllfederhalter aus ihrer Tasche und kratzte damit in einem Notizheft herum. Zwischendurch hob sie den Kopf.
»Lassen Sie sich nicht provozieren, Herr Satek. Sagen Sie mir, wer Katzan ist. Können Sie genauer beschreiben, in welcher Beziehung Sie zu ihm stehen?«
»Wir waren zusammen in der Legion, und wir sind … wir kennen uns schon ewig«, erklärte François.
»Eine echte Männerfreundschaft also?«, fragte sie weiter.
»Wenn Sie darunter dasselbe verstehen wie ich«, sagte er und verschränkte die Arme vor seiner Brust, als müsse er sich vor weiteren Fragen schützen. »Was geht hier eigentlich ab?«
»Beruhigen Sie sich«, sagte Semir und warf Schmidt einen drohenden Blick zu. Dann wandte er sich an François. »Hatten Sie eigentlich einen Decknamen bei der Legion?«
Wieso wollte er das wissen?
»Mein Deckname war Charles Lecour«, antwortete François.
»Lecour«, wiederholte Semir in Richtung Schmidt. »Savate-Kämpfer. Der erste in der Geschichte der Faustkämpfe. Wussten Sie, dass Legionäre die besten Savate-Kämpfer sind?«
Schmidt gab ein verächtliches Grunzen von sich. »Was Sie nicht sagen!«
Aydin und Schmidt waren sich anscheinend nicht ganz grün.
Dann wurde es still.
François versuchte in Sarahs Gesicht zu lesen. Er brauchte einen Anhaltspunkt. Das Wort Männerfreundschaft war ihm deutlich im Ohr geblieben. So wie es Sarah Rosen ausgesprochen hatte, lag Zweifel, fast Ironie in ihrer Stimme. Er kannte sie. Er wusste doch, dass sie an was herumdokterte, konnte sich aber keinen Reim darauf machen.
»Tja, da hat sich wohl jemand eine ganz eigene Version der Geschichte zurecht gelegt«, sagte Sarah, lauter als sonst.
Eine Weile herrschte betretenes Schweigen.
»Aber erzählen Sie uns doch mehr über die Legion, Herr Satek.«
François hatte keine Ahnung, worauf sie hinauswollte.
Das alte schwarze Telefon läutete. Die Bullen schickten ihn nach draußen und wollten sich beraten.
24
S ARAH DACHTE ÜBER S CHMIDT NACH . Schmidt war ihr nicht geheuer. Ob er ihr anmerkte, dass sie ihm nicht über den Weg traute? Sein Ton war schneidend gewesen, und doch lag in seinem Gesicht so ein stumpfer Ausdruck, den sie nicht zu deuten wusste. Er hatte es auf François abgesehen und war regelrecht fixiert darauf, ihm Mord und Dealerei anzuhängen.
»Wir haben die Blutflecken auf den Joggingsachen prüfen lassen«, sagte Karlich. »Das Blut stammt aber nicht von Irene Orlinger. Wir vermuten vom Täter. Dasselbe gilt für die Haare auf der Kleidung. Der genetische Fingerabdruck stimmt übrigens nicht mit dem von François Satek überein.«
»Aber dafür handelt es sich um sein Sperma, das in der Vagina der Toten gefunden wurde«, entgegnete Schmidt. »Also bitte!«
Schon wieder dieser scharfe Ton.
Das Telefon läutete immer noch.
»Wollen Sie nicht rangehen?«, fragte Karlich.
Schmidt hob ab und drückte dann mit dem Kuli einen weißen Knopf den Knopf.
»Wir rufen in fünf Minuten zurück«, sagte er, »hinterlassen Sie Namen und Rufnummer, ich stell Sie jetzt ins Sekretariat.« Dann legte er auf.
Sarah hätte sich am liebsten weggewünscht. Sie dachte an François. Seine Augen hatten so leer gewirkt. Er hatte sich nicht mal die Mühe gemacht, sie zu begrüßen, sondern sich einfach hingesetzt und sie ignoriert. Oder war ihr das nur so vorgekommen? Seine lässigen Bewegungen, seine Nervosität, diese aufbrausende Art, dann wieder die Verzweiflung, die in seinem Ton lag, das alles hatte sie aufgeregt. Warum? Unmöglich! Wahrscheinlich war sie seit François geradezu fixiert auf Unmögliches.
»Ich bin immer noch der Meinung«, hörte sie sich vorsichtig formulieren. »Ich bin immer noch der Meinung, dass der Täter dem Opfer sehr nahe gestanden haben muss.«
»Dann kann es Dimitri Kovac wohl kaum gewesen sein«, sagte Aydin überraschend freundlich.
Sarah überlegte.
»Was wissen wir eigentlich über die Beziehung der beiden? War er ihr Zuhälter?«
»Nach den Zeugenaussagen«, erklärte Semir, »haben sich Irene und Dimitri gar nicht gekannt und wurden auch nie zusammen gesehen. Bei dem Streit ging es doch wohl um Geld!«
»Entweder gibt es hier noch ein Geheimnis zu lüften, oder Dimitri Kovac hat im Auftrag der Mafia gehandelt«, sagte Sarah.
»Vielleicht sollte auch eine falsche Fährte gelegt werden? Die
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