Die fantastische Reise ins Koenigreich der sieben Tuerme
Nacht. Selbst die Luft kann man irgendwann nicht mehr atmen.«
Ergonthe zögerte kurz, bevor er fortfuhr. Ich beobachtete leicht belustigt seine Neffen, die gebannt an seinen Lippen hingen, als wäre er ein Märchenerzähler.
»Überall im Königreich werden die Fürsten und Stammesoberhäupter Truppen mobilisieren, ausrüsten und so schnell wie möglich auf den Weg nach Norden schicken. Unsere Bündnisarmee wird stark sein, aber nicht stark genug, um die Invasion aufzuhalten, zumindest nicht in den ersten Stunden. Ziel dieses Krieges ist für uns also nicht, den Feind davon abzuhalten, in unser Gebiet einzudringen, sondern allenfalls ihn zu behindern. Und zwar indem wir zahlreiche Gegenangriffe starten, die ihm keine Atempause lassen.«
»Entschuldige, Ergonthe«, mischte ich mich erneut ein, »aber wenn ich dich so höre, haben die Armeen der Verbündeten keine Chance, den Angreifer zurückzudrängen.«
»Richtig.«
»Trotzdem kannst du nicht sicher wissen, dass der Schändliche siegen wird. Ebenso wenig wie mein Tod feststand, obwohl ich genau das Gegenteil geglaubt hatte, nachdem ich ihn in der Schale des Schicksals gesehen hatte.«
»Das stimmt, aber Akys III denkt, dass wir den Schwarzen Gebieter nicht besiegen können. Ich habe nicht daran gezweifelt, bis mir die litithischen Weisen, die ich vorhin zu Rate gezogen habe, versichert haben, dass das sehr wohl möglich sei. Wie auch immer, wir müssen daran glauben, damit wir im Kampf nicht unseren Siegeswillen verlieren.«
Ich bemerkte, dass Ergonthe den Blick senkte, als wäre diese Hoffnung so verschwindend gering wie die, dass sich der Schändliche zum Guten bekehrte.
»Nachdem sich das Quecksilber in der Schale des Schicksals getrübt hat, ist Akys III der Geist des Großen Spähers erschienen«, fuhr Ergonthe fort. »Er hat Akys Folgendes verraten: ›Das, was den Schändlichen im Königreich der sieben Türme interessiert, wird ihn zwingen, sein finsteres Nest zu verlassen und sich aus seinem Territorium herauszuwagen. Man könnte nun meinen, dass dies der richtige Moment wäre, um zuzuschlagen. Aber Vorsicht! Der Schändliche ist immer dann am stärksten, wenn man ihn für schwach hält.‹«
Ein Schweigen trat ein, das den schrecklichen Ernst der Lage zum Ausdruck brachte. Auch ich fühlte mich schmerzlich berührt, obwohl ich eigentlich gar nicht betroffen war.
»Weiß man, wie dieser Schwarze Gebieter aussieht?«, fragte ich.
Ich erhielt keine Antwort. Ergonthe sprach weiter.
»Der großen Offensive werden immer brutalere Streif - züge vorausgehen. Auf diese Weise kann der Feind unsere Stärke, unseren Kampfgeist und unser Maß an Vorbereitung abschätzen. Die litithischen Ritter erhalten die Aufgabe, zusammen mit den Assash-Kriegern aus dem Süden und vielleicht auch mit den Bogenschützenelfen aus dem Smaragdwald diese Vorhuten aufzuspüren und zu vernichten …«
Mir fiel die Warnung in meinem digitalen Reiseführer vor dem Volk der Assash und seinen Stämmen kriegslustiger
Rüpel ein, die unseren Wikingern ähnlich waren. Über die Elfen aus dem Smaragdwald hatte ich allerdings noch nie etwas gelesen, daher weckten sie meine Neugierde. Doch dies war nicht der richtige Moment, um mein touristisches Interesse vorzubringen.
Fregainthe richtete das Wort an mich.
»Ich kann mich während deines Aufenthalts nicht um dich kümmern, Thédric, weil ich jeden Tag mit meinem Bruder auf Patrouille gehen werde. Aber einer unserer Cousins wird die Aufgabe übernehmen, dich ins Kämpfen einzuführen, so wie du es dir wünschst.«
Ich dankte ihm zurückhaltend, obwohl ich ihm vor Freude am liebsten um den Hals gefallen wäre. Der Rest des Abends verlief in ganz anderer Stimmung, sicher weil uns der Sasthinte ein wenig zu Kopf gestiegen war. Die beiden Jungen, die natürlich nichts getrunken hatten, wurden aufgefordert, ins Bett zu gehen, was sie ohne Murren taten. Nur eine Bitte hatten sie: dass ich ihnen am nächsten Tag ein wenig von meiner »kostbaren« Zeit schenken und von den Equineds meiner Heimat erzählen solle. Natürlich versprach ich es ihnen und brach dabei in albernes Gelächter aus. Das Gebräu, das ich ohne Maß hinuntergestürzt hatte, machte nicht so betrunken, wie der Alkohol in unserer Welt, wirkte aber dennoch spürbar auf die Sinne. Die nächsten Stunden erlebte ich daher undeutlich und wie im Traum. Ich hörte noch Elgainthes wohlklingende Stimme, die ein Klagelied sang und dazu ein Saiteninstrument spielte, das entfernt der
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