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Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Borodale
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wach gehalten, und jetzt hat er verschlafen. Wenn ich zurückkomme, werde ich ihm berichten, was ich gesehen habe.
    Von dem Haus aus entdecke ich voll Entsetzen, dass der Walnussbaum umgestürzt ist. Seine Wurzeln ragen steif ins Nichts, und ein Loch wurde ins Pflaster gerissen. Ich starre auf die grünen Blätter und die fast reifen Walnüsse auf dem Boden.
    Die Straße ist mit zerbrochenen Dachziegeln, Glasscherben und Mauerbrocken übersät. Überall liegen Blätter, Schmutz und Stroh verstreut. Die Luft ist unbewegt und staubig, und das Licht hat einen gelblichen Schimmer, als würde dichter Schnee vom Himmel fallen. Ich gerate ins Straucheln, als ich mich Richtung Fluss aufmache. Meine Schritte knirschen auf den Scherben und den Bruchstücken auf der Straße. Es sind keine Wagen unterwegs, und die Menschen, denen ich begegne, sehen so benommen und aufgewühlt aus, als wäre ein Krieg ausgebrochen.

DAS LICHT
DES LEBENS

36

    Bei meiner Rückkehr pflückt ein Mädchen die grünen Walnüsse von den Ästen des umgestürzten Baumes vor dem Haus und legt sie auf einem Stück schmutzigen Kattun, das sie auf dem Boden ausgebreitet hat, auf einen kleinen Haufen. Als ich näher komme, zeigt sie auf das Haus.
    »Da drin haben sie geschrien«, piepst sie scheu, als wollte ich sie gleich vertreiben. Ihre Augen sind groß vor Hunger.
    »Geschrien?«, sage ich, und mir ist sofort klar, dass etwas Schlimmes passiert sein muss.
    Als ich an die Tür klopfe, öffnet Mary Spurren sie sofort, als hätte sie im Flur auf meine Rückkehr gewartet. Im Haus hängt ein ungewohnter Geruch, als wäre ein Fremder da. Mary Spurrens großes Gesicht ist gerötet, ihre Lippen bewegen sich lautlos, und ihr langer Hals krümmt sich zwischen den hochgezogenen Schultern. Sie hält ein Tuch in den Händen und windet es unentwegt hin und her.
    »Was ist? Was ist los? Was ist geschehen?« Ich muss sie mit Fragen bedrängen, um sie zum Reden zu bringen.
    »Fort«, stößt sie mit Mühe hervor. »Er ist fortgegangen, was für ein Unglück für uns alle.«
    »Wer?«, frage ich.
    Ihre Stimme klingt so fremd und schrill, als käme sie aus einer anderen Ecke des Raumes. Sie schluckt. »Was hab ich mir nur dabei gedacht, das Schicksal so herauszufordern? Ich wollte bloß fragen, ob er etwas essen möchte, weil es schon so spät war und Mrs. Blight das Frühstück abgeräumt haben wollte, damit sie den Teig auf dem Tisch ausrollen konnte. Es kam keine Antwort, als ich an die Tür von seiner Kammer geklopft hab, also bin ich reingegangen.«
    »Fort? Meinst du Mr. Blacklock? Um diese Tageszeit? Aber wir müssen die Bestellung fertig machen. Hat er gesagt, wann er …«
    »Nein!«, keucht Mary Spurren.
    »Hat er nicht nach mir gefragt? Ich war doch nicht besonders lange draußen, ich …«
    »Er ist fortgegangen! Er ist weg!«, fällt sie mir ins Wort, und ihre Augen sind zu groß und glitzern wie Gelee.
    Ich starre sie an. Ein dünner Riss aus Furcht öffnet sich in mir.
    »Wohin?«, flüstere ich, aber ich weiß es schon, noch bevor sie etwas gesagt hat.
    »Mr. Blacklock – er ist tot!«
    Mir schwindelt.
    Ich betrachte seinen Hut, der dort auf der Kommode liegt. Ohne seinen Hut geht er nicht aus.
    »Ist es seine Brust? Sein Husten?«, frage ich. Sie sieht mich dümmlich an.
    »Mary!«, dränge ich sie. »Hustet er?« Ich würde sie am liebsten schütteln, weil sie so langsam ist. »Ist er hier? In seiner Schlafkammer? Wir müssen den Arzt rufen. Sofort!« Ich drehe mich um und laufe die Treppe hinauf.
    Mary Spurrens Stimme hinter mir brabbelt immer weiter. »Nicht der Husten, nein, nein, das war es nicht, obwohl er nach Luft geschnappt hat und ich das selbst auch einen Moment lang dachte, als ich ins Zimmer kam. Er hat mich nicht erkannt, als ich zu ihm gegangen bin, er stand ganz gebeugt neben dem Bett. Irgendwas stimmte nicht, er hat sich an die Brust und an den linken Arm gegriffen. Dann hat er sich seitlich zusammengekrümmt und ist erstickt, das ist er.« Sie zupft an meinem Ärmel und versucht, es mir zu zeigen. Ihr Kleid ist an der Seite nass, als hätte sie Wasser verschüttet. Sie zieht kräftiger an meinem Arm.
    »Lass mich los, Mary! Lass mich zu ihm!« Warum steht sie hier herum?
    »Ich hab nach Joe Thomazin gerufen, und wir haben ihn gemeinsam auf sein Bett gehoben, so gut es ging. Aber ich wusste schon vorher, dass er fortgegangen war. Er hat nicht geatmet, und an seinen Handgelenken oder an seinem Hals war kein Puls mehr zu spüren. Ich

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